Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)
Veränderung unserer Lebensform zu ignorieren, aber manche brauchen ein bisschen Hilfe dabei. Denken Sie mal darüber nach – auch ich habe schon einiges an Outfits gesehen, die ich liebend gerne selbst angebellt hätte.
W ENN S IE I HREN H UND ZU SICH RUFEN
Vor ein paar Jahren sollten mein Border Collie Luke und ich im saftig grünen Gras der Hügellandschaft von Wisconsin lernen, wie man als Team zusammenarbeitet, um eine kleine Schafherde in zwei Gruppen aufzuteilen. Diese »Shed« genannte Übung ist der doppelte Rittberger des Schafehütens. Sie erfordert sekundengenaues Timing und ein Maß von Kontrolle und Können bei Hund und Mensch, wie man es von olympischen Eiskunstläufern kennt. Während sich die Schafherde zwischen Hund und Mensch befindet, ruft der Mensch den Hund zu sich, damit er dabei einige Schafe von den anderen trennt und befiehlt ihm dann, sich auf eine Schafgruppe zu konzentrieren und sie von den anderen wegzutreiben. Luke, ebenso sehr Anfänger wie ich, trieb trotz meines klaren Armsignals immer wieder die falsche Schafgruppe, bis ein erfahrener Schafhüter die Sache mit einer einfachen Beobachtung aufklärte: »Passen Sie auf, dass Ihre Füße und Ihr Gesicht in Richtung der Schafe zeigen, die Ihr Hund treiben soll.« Voilà. Problem gelöst. Zeigewütiger Primate, der ich bin, hatte ich immer nur mit meiner Hand auf die Schafe gezeigt, die Luke wegtreiben sollte. Vermutlich drehte ich dabei meinen Kopf und schaute in Richtung Luke, in dem sinnlosen Versuch, damit sein Tun beeinflussen zu wollen. Luke schaute inzwischen, in welche Richtung mein Gesicht und meine Füße zeigten, und es war immer die der falschen Schafgruppe. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, auf meine Füße und mein Gesicht zu achten und war stattdessen völlig damit beschäftigt, fleißig auf die Schafe zu zeigen, die Luke treiben sollte. Aber Luke ist kein Primate, sondern ein Hund, und wie alle Hunde neigt er dazu, in die Richtung zu gehen, in die ich blicke, und nicht in die, in die ich zeige (haben Sie je einen Hund gesehen, der sein Bein hebt und mit der Pfote irgendwo hin zeigt?).
Diese ethologische Beobachtung führt zu einem einfachen Tipp, der Ihren Hund dazu bringt, auf Ihren Ruf hin zu kommen. Die beste Methode, einen Hund zum Kommen zu bewegen, ist, sich von ihm weg zu drehen und in die andere Richtung zu gehen (was vom Standpunkt des Hundes aus »zu Ihnen« heißt). Für uns ist das so unnatürlich, dass ich meine Kunden manchmal am Ärmel packen und sie von ihrem Hund wegziehen muss, damit sie sich nicht nach vorn bewegen. Hunde möchten dahin gehen, wohin Sie gehen, und das ist für einen Hund die Richtung, in die Ihr Gesicht und Ihre Füße weisen. Wir Primaten wollen aber unserem Hund gegenüberstehen und zu ihm sprechen. Schauen Sie sich einmal an, wie wir uns bewegen, um die Distanz zwischen uns und anderen Primaten zu verringern – wir gehen geradewegs auf sie zu. Aber das kann für einen Hund ein hinderndes Signal sein. Für ihn kann das aussehen, wie ein den Verkehr stoppender Polizist, auf den man sich geradewegs zu bewegt. Wenn Sie also »Hier!« rufen und auf den Hund zugehen, sagt Ihre Stimme »Komm zu mir«, aber Ihr Körper »Bleib da!«. Außerdem – wenn Sie auf Ihren Hund zugehen, warum sollte er dann nicht höflich stehen bleiben und auf Sie warten? Selbst die sachteste »Annäherung« kann einen tiefgreifenden Einfluss auf den Hund haben. Ein sensibler Hund bleibt schon stehen, wenn Sie nur Ihren Körper ein wenig nach vorn lehnen.
Die beste mir bekannte Methode, einen Hund visuell zu »rufen« ist, sich wie ein Hund in einer Spielaufforderung zu bücken, sich vom Hund weg zu drehen und in die Hände zu klatschen. Ihre Version der hündischen Spielaufforderung kommt in der Hundesprache dem Signal am nächsten, dass den Hund zum Kommen bewegt. Und letzten Endes haben Hunde unter sich auch kein Signal für »Komm sofort auf der Stelle hierher«. Wenn Sie Haushunde und Wölfe betrachten, so ist nirgendwo in der Literatur etwas beschrieben, das »Komm sofort« bedeutet. Ich rate den Menschen immer, das wie eine Art Zirkuskunststück zu betrachten und nicht wie etwas, das man automatisch von einem Hund erwarten kann. Gute Hunde kommen nicht angetrabt, wenn Sie »Komm« mit Ihrer Stimme und »Stopp« mit Ihrem Körper sagen. Außerdem haben Menschen ja auch kein »Komm«-Signal. Oder lassen Sie sofort Ihre Zeitung fallen und springen aus dem Sessel auf, wenn Ihre Frau Sie ruft? Haben Sie
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