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Das andere Kind

Titel: Das andere Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das andere Kind
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sein!«, sagte
    Colin erschrocken.
    Er wollte hinaus auf den Gang, aber Valerie hielt ihn zurück. „Mr. Brankley, wer hielt sich auf
    der Farm auf, als Sie und Ihre Frau heute abreisten?«
    „Chad«, sagte Colin. „Und Gwen. Und Dave Tanner.« Valerie zog scharf die Luft durch die Zähne.
    „Tanner?« „Er hatte hier auf Gwen gewartet. Er wollte ihr sagen, dass er die Beziehung beendet.
    Ich fand das vernünftig. Aber es war der Grund, weshalb Jennifer umkehren wollte, kaum dass wir
    in Leeds angekommen waren. Sie geriet fast in Panik, als ich ihr von Tanners Vorhaben erzählte.
    Ich dachte zuerst, sie macht sich Sorgen um Gwen. Dass diese die Trennung nicht verkraften
    könnte. Aber dann sagte sie, sie mache sich Sorgen um Dave Tanner, und das habe ich überhaupt
    nicht verstanden.«
    „Hat sie das näher ausgeführt?«
    „ Nein. Ich habe gefragt, aber sie sagte, sie wolle mir das später
    erklären. Sie war so nervös, wie ich sie noch fast nie erlebt habe. Dann kamen wir hier an,
    fanden Chad tot oder, wie wir zunächst hofften, schwer verletzt - am Boden liegen, wir sahen
    Leslie Cramers Auto ... Wir schauten in alle Räume, aber niemand war zu finden, und dann kamen
    Sie . .. « Er sah sich hilflos um. „Wo ist Jennifer?«
    „Wo ist Leslie?«, fragte Stephen. „Vielleicht
    ist Jennifer draußen und stöbert in den Scheunen herum«, sagte Valerie. Sie bemühte sich, Ruhe auszu strahlen, aber sie empfand die
    Situation als albtraumhaft. Ein Mörder lief hier herum, seine Identität war unklar, ein Mann
    lag tot am Boden, ein weiterer Mann und drei Frauen waren verschwunden, es war Nacht, die Lage
    weder buchstäblich noch im übertragenen Sinne zu überblicken. Sie betete, dass endlich die
    Verstärkung eintreffen möge, und dass es ihr bis dahin gelang, die bei den verstörten Männer
    ruhig zu halten, die sich größte Sorgen machten und, wie sie ihnen ansah, am liebsten
    losgestürzt wären, ihre Frauen zu suchen. Es war eine Horrorvorstellung für Valerie, die beiden
    könnten nun auch noch in der Dunkelheit verschwinden.
    »Eben war Jennifer noch hier«, wiederholte Colin noch einmal.
    »Sie bleiben bei Chad«, erneuerte Valerie ihren Befehl, den sie bereits zehn Minuten zuvor
    ausgegeben hatte, und sie bemühte sich, eine Klarheit und Entschlossenheit in ihre Stimme zu
    legen, die die Männer zumindest eine Weile gefügig halten würde. »Ich sehe mich draußen
    um.«
    »Wann treffen Ihre Leute ein?«, wollte Stephen wissen. »Jeden Augenblick«, versicherte
    Valerie.
    Sie wusste, dass es vernünftiger gewesen wäre zu warten, überdies hätte sie sich damit an die
    Vorschrift gehalten. Es war hochriskant, allein dort draußen herumzuschleichen. Aber sie
    wusste, dass sie Colin und Stephen nicht würde ruhig halten können, wenn sie sich jetzt alle zu
    dem toten Chad ins Zimmer setzten und warteten. Die beiden Männer würden jeden Moment die
    Nerven verlieren und dann auf eigene Faust losziehen.
    »Ich bin gleich zurück«, sagte sie. Jennifer rannte durch die Nacht. Sie war so oft schon am
    späten Abend oder auch in frühen, schwarzen Morgenstunden mit Cal und Wotan spazieren gegangen,
    dass ihre Augen ziemlich gut im Dunkeln funktionierten. Dennoch ahnte sie ihren Weg mehr, als
    dass sie ihn hätte erkennen können. Der wolkenverhangene Himmel, der weder Mond noch Sterne
    hervorblitzen ließ, machte es ihr nicht leichter. Hier draußen auf dem freien Feld kam sie
    dennoch recht gut voran. Kritisch würde es jenseits der Hängebrücke werden. Der Abstieg in die
    Schlucht wäre unter diesen Verhältnissen ohne Taschenlampe der reine Wahnsinn, aber sie
    beschloss, darüber jetzt noch nicht nachzudenken. Wenn sie dort war, würde sie entscheiden, wie
    sie am besten vorginge.
    Ihr Herz pumpte, ihre Lunge stach. Sie war fit, ein solches Tempo, noch dazu streckenweise
    bergauf, jedoch nicht gewohnt. Seltsamerweise zweifelte sie nicht daran, dass sie das richtige
    Ziel ansteuerte. Sie kannte Gwen. Gwen hatte es immer in die Bucht hinuntergezogen.
    Gwendolyn Beckett.
    Sie fühlte die Schuld, ihre Schuld wie einen Mühlstein, der auf ihrem Gemüt
    lastete und sie hätte in Tränen ausbrechen lassen, wenn sie sich Tränen gerade hätte leisten
    können. Wenn sich herausstellte, dass es Gwen war, die diese blutige Spur hinter sich herzog,
    Gwen, die Fiona erschlagen und ihren Vater erschossen hatte, die etwas damit zu tun hatte, dass
    von Dave Tanner nichts zu sehen war auf der Farm, und dass auch Leslie,

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