Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das andere Ufer der Nacht

Das andere Ufer der Nacht

Titel: Das andere Ufer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Bill hin und wieder etwas sagen wollte, dann schüttelte er jedesmal den Kopf, auch ein Flüstern war nicht gut.
    »Es reicht!« Die Stimme der jungen Spanierin klang scharf. Darin lag nichts mehr von der Sanftheit, wie sie noch bei der ersten Begegnung in Santera zu spüren gewesen war.
    Die beiden richteten sich auf.
    Viviana streckte ihren rechten Arm aus. Dabei stach ihr Zeigefinger aus einem Schattenkreis hervor und deutete auf Suko. »Diesmal fährst du!« bestimmte sie.
    Suko nickte, bückte sich, packte die Griffe und hob die Karre an. Bill musste zurückbleiben. Hinter ihm gingen Juan und Esteban, die ihn bedrohten, während sich Ramon und Zicco des Chinesen angenommen hatten.
    Und so drang diese makabre Prozession tiefer in das unterirdische Gewölbe ein, um dem Rauschen des Flusses nachzugehen, das sehr schwach ihre Ohren erreichte.
    Im Laufe der Zeit hatte sich auf dem Boden der Gänge Geröll angesammelt. Es war nicht einfach, die Schubkarre an den größeren Steinen vorbeizuschieben. Jedes Ausweichen kostete Zeit. Die Männer hatten die Fackeln mitgenommen. Sie trugen sie in den linken Händen, während sie ihre Gewehre wie Profis in den rechten Armbeugen hielten und dabei die Finger nicht von den Abzügen nahmen. So waren sie bereit, sofort zu schießen, wenn einer der beiden eine in ihren Augen verdächtige Bewegung machte.
    Irgendwann verengte sich der Gang. Die Dunkelheit kam Bill Conolly dichter vor. Nur ihre Schritte waren zu hören. Das Licht der Fackeln brachte ein gespenstisches Flair, und vor ihnen, noch ziemlich weit entfernt, rauschte der Fluss.
    Später änderte sich der Klang der Geräusche. Da hatten sie den Gang hinter sich gelassen und mussten sich in einer sehr weiträumigen Felshöhle befinden, die von den vier Fackeln nicht ausgeleuchtet werden konnte, denn ihr Schein verlor sich in der Dunkelheit. Manchmal veränderte auch Viviana ihre Schrittfolge und hielt sich dabei dicht an Bills Seite. Oft warf sie ihm dabei lauernde Blicke zu, die Bill kaum erwiderte. Er achtete auf seine Umgebung und stellte auch fest, dass sich das Rauschen verstärkt hatte. Mit jedem Schritt, den sie hinter sich ließen, nahm es zu.
    In den nächsten Minuten würden sie den unterirdischen Fluss erreichen!
    Und dort würden sie auch die Barke sehen. Ein aus Knochen gebautes Schiff. Als Bill daran dachte, stieg die Spannung in ihm hoch. Von diesen Dingen hatte er noch nie gehört, geschweige denn, etwas gesehen. Das Rauschen schwoll zu einem Brausen an. Wasser musste durch enge Schluchten oder Kanäle gepresst werden, wurde an Felsen und Kanten gebrochen, so dass es wahre Sprühregenschleier produzierte, die den Ankömmlingen entgegengeweht wurden.
    Bill spürte die Nässe auf seinem Gesicht, doch es interessierte ihn nicht, denn aus dem schwachen Licht der Fackeln löste sich allmählich die Totenbarke aus der Finsternis.
    Welch ein Schiff! Bill kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es war tatsächlich aus bleichen Gebeinen errichtet worden, deren einzelne Teile man miteinander verbunden oder verklebt hatte.
    Das Schiff war mit Tauen am Felsen festgebunden worden. Schnell fließendes Wasser umschäumte es. Es zerrte wütend an der Knochenbarke, weil es das Schiff mitreißen wollte, aber die Taue hielten, und so schwankte der Kahn von einer Seite auf die andere. Der Vergleich mit einem übergroßen Ruderboot kam dem Reporter in den Sinn. Der Schiffskörper war langgezogen, und noch in Bugnähe ragte ein hoher Knochenmast in die Düsternis. Auf dem Mast saß ein bleicher Knochenschädel. Ein ebensolches blankes Kopfstück diente auch als makabre Galionsfigur am Bug der Barke.
    Bill zählte drei Sitzbänke, auf deren Knochenaufbau die Fahrgäste Platz fanden.
    Suko war ebenfalls nicht weitergegangen, weil er sich das Aussehen der Totenbarke einprägen wollte. Durch den Widerschein der Flammen hatten die Knochen etwas von ihrer fahlen Bleichheit verloren und waren mit einem schwachen rötlichen Muster überdeckt worden. Durch diese Farbgebung kam Bill das Knochenschiff noch schauriger vor, als es ohnehin schon war.
    Die Aufpasser ließen sie keinen Moment aus den Augen. Suko bekam den Befehl, die Knochen auf das Schiff zu laden. Er fuhr die Schubkarre dicht an die Bordwand heran und schleuderte die Gebeine in das Boot. Dort musste er sie in die Lücken der sich am Heck befindlichen Sitzbank drücken und dabei so fest hineinpressen, dass sie auch hielten.
    Es kam dem Reporter wie ein kleines Wunder vor, dass man

Weitere Kostenlose Bücher