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Das andere Ufer der Nacht

Das andere Ufer der Nacht

Titel: Das andere Ufer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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entdeckt, denn sie drehten sich in meine Richtung, und ihre Gesichter wirkten wie sich bewegende Masken, die vom Fackelschein getroffen wurden.
    Bevor ich meine Freunde erreichte, gab mir Senora Marquez noch letzte Instruktionen mit auf den Weg. »Ihr werdet mündlich keinen Kontakt miteinander aufnehmen«, sagte sie flüsternd. »Sollte ich irgend etwas anderes bemerken, werden die vier schießen.«
    »Kapiert!«
    »Dann ist es gut.«
    Der Zwerg ging schon nicht mehr weiter. Er hatte sich gedreht, wartete und blies die drei Flammen der Reihe nach aus. Das Licht der vier Fackeln reichte völlig, um mich die unmittelbare Umgebung und auch die Totenbarke erkennen zu lassen.
    Das Knochenschiff faszinierte mich! Endlich bekam ich den Beweis dafür, dass es tatsächlich existierte. Es lag am Ufer, bewegte sich schaukelnd im schnell fließenden Fluss, wobei der hässliche Totenschädel auf seinem Mast ebenfalls mitschwankte. Er kam mir vor, als wollte er mir zunicken.
    Ich brauchte nicht weiter zu gehen. Die Senora entfernte sich von mir, dafür zog der Mann mit der Eisenmaske sein Schwert und bedrohte mich damit.
    Ich nahm es gelassen hin und schaute zu, wie sich Mutter und Tochter begrüßten. Diese beiden Frauen, die einer furchtbaren Magie dienten oder in ihrer Klaue steckten, fielen sich in die Arme, küssten sich und flüsterten miteinander. Erst nach eine Weile ließen sie voneinander ab und blieben dicht zusammen stehen.
    Mir war klargeworden, dass die beiden so etwas wie eine Einheit bildeten und es mir wahrscheinlich unmöglich sein würde, diese aufzusprengen. Jede von ihnen kannte den Fluch, der über ihrer Familie lag, und auch die Tochter war bereit, auf ihn einzugehen. Senora Marquez übernahm das Wort. »Was erklärt werden musste, ist gesagt worden. Sinclair weiß Bescheid, seine beiden Freunde ebenfalls. Sie stehen unter strenger Bewachung. Ich würde dir nicht raten, Sinclair, dich gegen meine Pläne zu stellen. Deine Partner hätten darunter zu leiden. Das gilt auch für den Fall, dass dich der Zwerg an den Mast bindet.«
    »Ich habe begriffen!« In der Tat dachte ich nicht daran, mich zu wehren, weil ich zu gespannt auf meine Reise an das andere Ufer der Nacht war. Mich wunderte der interessierte Blick, den mir das Mädchen zuwarf. Was konnte ihr Interesse an mir nur geweckt haben?
    Mir fielen die Worte ihrer Mutter ein. Dieses Mädchen suchte einen Partner, um den Fortbestand der Familie zu sichern. Plötzlich dachte ich ganz anders über Vivianas Blick, aber ich sah nicht ein, dass ich der Vater werden sollte. Möglicherweise bildete ich mir auch alles nur ein. Senora Marquez war der Blick ebenfalls nicht entgangen. Sie fragte ihre Tochter etwas und bekam eine geflüsterte Antwort, worauf die Frau anfing zu lachen.
    Die Stimme des Zwergs unterbrach die Stille. »Kann er aufs Schiff?« rief der Kleine.
    »Ja!«
    Der Zwerg stieß ein Lachen aus. Er öffnete den Mund so weit, dass von seinem Gesicht nicht mehr viel zu sehen war. »Darauf habe ich gewartet, das freut mich. Los, Fremder, komm mit! Ich werde dich hinschaffen und dich festbinden.«
    Jetzt wurde es ernst. Ohne mit der Wimper zu zucken, setzte ich mich in Bewegung. Ich kam mir zwar nicht gerade vor wie ein Verurteilter, den man zur Hinrichtung führt, viel besser aber auch nicht, und so schritt ich mit hocherhobenem Kopf auf das Knochenschiff zu.
    Bevor ich meine beiden Freunde passierte, geriet ich näher an sie heran und fing auch ihre Blicke auf. Beide schauten sehr ernst. Ich erkannte in ihren Augen auch die Hoffnung, die sie auf mich gesetzt hatten und nahm mir fest vor, sie nicht zu enttäuschen, wo immer die Reise auch hinführte und wo immer sie endete. Wie Drahtseile spannten sich die Taue, die um hochkant stehende Uferfelsen geschlungen waren, um das Schiff in der Strömung zu halten. Wenn ich an Bord gehen wollte, musste ich über das Gestein steigen, das durch die Nässe rutschig geworden war.
    Der Zwerg blieb dicht hinter mir. Er hatte seinen Morgenstern mitgenommen, ließ ihn hin und wieder kreisen, so dass ich den Luftzug spürte, mich darum aber nicht kümmerte, weil ich auf andere Dinge Acht geben musste.
    Wasser sprühte in mein Gesicht. Es war eine kalte Gischt, die mich im ersten Augenblick erfrischte. Ich warf einen Blick auf die Strömung und erkannte, dass die Flut von rechts kam.
    Wie sollte ich jeweils an das andere Ufer gelangen? Wahrscheinlich würden mich die Wellen mitreißen und irgendwo an der Mündung des

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