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Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Titel: Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Domherren Werner von Hain, Eitel Hiltmar und Wilhelm Uebel, Hans von Siech und Wolfram von Seldeneck bei deren Versuch zu fliehen habhaft zu werden. Ja, zwei wirkten gar erleichtert, dass man sie aus einer misslichen Lage auf einem steilen Dach befreite. Im Gegenzug dazu wurden die von Bischof Johann von Brunn in Ochsenfurt festgehaltenen Würzburger Bürger befreit. Angesichts der dreihundert Bewaffneten in ihrer Stadt verhielten sich die Ochsenfurter ruhig. Manche von ihnen mochten vielleicht mit dem alten Bischof sympathisieren oder sich von seiner Rückkehr einen Vorteil versprechen – in dieser Situation jedoch offen für ihn einzutreten, derart verrückt war keiner. Und so kehrte am Abend Ruhe in der Stadt ein.
    Drei Tage lagerte die Truppe in Ochsenfurt, dann befahl
Dechant von Masbach die Rückkehr nach Würzburg. Allerdings ließ er Domherr Schoder mit einer ordentlichen Besatzungsmannschaft zurück. Vielleicht, weil er den Ochsenfurtern nicht so recht traute, vielleicht auch als Mahnung und Strafe. Hatten sie doch immerhin über Wochen und Monate unschuldige Würzburger Bürger in ihren Verliesen gefangen gehalten, auch wenn sie diese nicht selbst ergriffen hatten.
    Da in diesen aufregenden Tagen niemand in Ochsenfurt an Handelsgeschäfte hatte denken wollen, beschlossen Georg und Meister Thomas, noch einige Tage in der Stadt zu bleiben und abzuwarten, bis der Alltag wieder einkehrte.
    »Ich sage dir, sie werden zu anständigen Preisen kaufen, aber nicht jetzt, solange kriegerische Truppen durch ihren Geist spuken«, prophezeite Georg zuversichtlich und verlängerte beim Wirt die Mietdauer der beiden Kammern. Elisabeth hatte nichts dagegen einzuwenden. Zwar war es hier in der Enge des Gasthauses nicht so bequem wie in ihrem Häuschen in Würzburg, und ihr fehlten die arbeitsamen Stunden an Meister Thomas’ Seite, dafür nahmen sich die beiden Männer abwechselnd Zeit, um mit ihr und ihren Mägden bei angenehmer Plauderei durch die Gassen zu spazieren. Ab und zu gingen sie vor der Stadt am Main entlang oder überquerten die Brücke, um bis zur hohen Warte hinaufzusteigen, die die Stadt vom anderen Ufer her vor Unerwartetem schützte. Elisabeth sah über die aus der Ferne so friedlich wirkende Stadt, die auf den Höhenzügen von spätsommerlichen Wäldern umschlossen wurde. Ein erster Hauch gelb verfärbter Blätter war bereits zu erahnen. Eine seltsame Traurigkeit überfiel sie, und es war ihr, als ginge mit dem Sommer auch ihr sorgloses Leben zu Ende. Sie spürte Meister Thomas, der hinter sie trat, und musste das Verlangen unterdrücken, nach seiner Hand zu greifen. Vergeblich versuchte sie den Gedanken an seine baldige Abreise zu verdrängen. Der Schmerz machte es schwer zu atmen.
    »Sorgt Euch nicht«, sagte er leise, als habe er ihre Stimmung aufgefangen. »Genießt diesen schönen Tag, und vertraut auf Gott, dass er Euch auch durch den nächsten und den darauffolgenden führen wird.«
    Elisabeth dachte über seine Worte nach. Konnte sie das noch? Einfach so Gottes Allmacht vertrauen und sich dem Strom des Lebens hingeben? Sie zweifelte nicht an der Macht des Herrn im Himmel. Sie zweifelte nur daran, dass in seinem Plan etwas davon stand, das Schicksal der kleinen Menschenfrau Elisabeth dort unten auf der Erde zum Guten zu wenden.
     
    »Friedlein? Friedlein! Verdammt in alle Ewigkeit, wo steckst du?« Johann von Brunn eilte den Gang entlang und dann die Treppe hinunter, so schnell es ihm mit seiner inzwischen bedenklich zu nennenden Körperfülle möglich war. Wenn diese verfluchten Beine nur nicht so schmerzen würden! Die Wunden brachen immer wieder auf, nässten und juckten ganz fürchterlich, und sein pflichtvergessener Apotheker hatte sich nach Würzburg abgesetzt! Er überlegte sich, ob er ihn einfangen und zur Strafe in seinen Kerker werfen lassen sollte. Doch nicht jetzt. Im Moment gab es Wichtigeres.
    »Friedlein!«
    »Stets zu Euren Diensten, Exzellenz. Es tut also weder not, so unanständig zu fluchen und Euer Seelenheil aufs Spiel zu setzen, noch einen Schlagfluss zu riskieren, indem Ihr so durch die Burg hetzt. Die Männer sind bereit, und ich habe die feste Zusage des dortigen Hauptmanns, dass sich eine Hilfstruppe aus Volkach noch in dieser Stunde auf den Weg macht.«
    Der Bischof ließ sich stöhnend auf den Rand der Pferdetränke fallen und rieb sich verstohlen den Rücken.
    »Wie viele Männer sind es?«
    Friedlein hob die Schultern. »Es müssen um die fünfhundert Reiter sein und

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