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Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Titel: Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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harmonischen und doch männlich markanten Gesichts waren frisch rasiert. Außerdem trugen sowohl ihr Bruder als auch die Gäste saubere, farbenprächtige Gewänder aus teuren Stoffen mit Pelzverzierungen an den Säumen. Ganz so direkt hatte ihr Weg sie also nicht aus den wilden Ländern ihrer Reise auf den Marienberg geführt. Obwohl Elisabeth nur eine vage Vorstellung davon hatte, wie es bei solch einer Handelskarawane zuging, war sie sich dennoch sicher, dass sich die Männer nicht die Mühe machten, regelmäßig einen Barbier aufzusuchen oder auf saubere Kleider zu achten.
    Thomas Klüpfel lachte und bestätigte Elisabeths Verdacht, als sie ihn laut äußerte. Er zwinkerte ihr zu. »Wir sahen gar aus wie die Wegelagerer, als wir das Schiff in Genua verließen, das kann ich Euch versichern, und unser Zug über die Alpen hat die Sache nicht besser gemacht. Nein, die Wächter hätten
uns vermutlich mit vorgestreckten Hellebarden davongejagt und nicht einmal den verlorenen Sohn Georg wiedererkannt. Das konnten wir nicht riskieren!« Er lächelte verschmitzt. »Außerdem wollte Georg schließlich mit stolz geschwellter Brust unter seinem teuren Tuch hier erscheinen, um zu zeigen, dass sich die Jahre in der Fremde ausgezahlt haben, nicht wahr, guter Freund?«
    Georg ging nicht auf die Neckerei seines Freundes ein. Er war zu sehr damit beschäftigt, sich die Köstlichkeiten von den zahlreichen Platten und Schüsseln auf den Teller zu häufen. Auch die anderen Männer griffen eifrig zu.
    »Ah, Thomas, sieh nur, ein in Honig knusprig gebratener Kapaun, dort Wachteln in Wein gekocht und ein Rebhuhn mit süßen Beeren gefüllt.« Er seufzte und tat sich gleich zwei Stücke auf, ehe sein Blick weiterwanderte und er mit seiner Aufzählung fortfuhr. »Eine Mandelspeise mit Reis, saftige Würste und ein Braten, dem das Fett noch aus allen Poren quillt. Sieh dir die dicken, braunen Zwiebeln an, in bestem Essig eingelegt, dort der Salzfisch aus dem Norden und hier die gebratenen Fische im Kräutermantel direkt aus dem Main samt der Krebse, die liebevoll um sie herumdekoriert wurden. Vom Quittenmus und den kandierten Früchten erst gar nicht zu reden! Greift zu, liebe Freunde, es muss an nichts gespart werden. Esst und trinkt, und vergesst die kargen Tage, ja die Monate, die wir darben mussten.«
    Er beugte sich vor und legte auch seinem Freund dicke Scheiben vom Braten und einige Zwiebeln auf. Elisabeth reichte duftendes warmes Brot. Ihr Bruder biss herzhaft in den knusprigen Schenkel des Kapauns. Gret trat ein und schenkte die hohen, mit Edelsteinsplittern besetzten Zinnbecher voll kühlen, roten Wein. Georg trank und ließ sich dann mit einem Seufzer in seinem Stuhl zurücksinken.
    »Es hat sich nichts verändert. So habe ich es in meiner Erinnerung gesehen, wenn die Schwärze der Nacht über mir zusammenstürzte
und Zweifel und Ängste mich frösteln ließen. Wie gut tut es, endlich zu Hause zu sein.«
    Er hob den Becher und prostete ihnen zu. Sein Freund erwiderte die Geste und trank dann durstig, während Elisabeth nur an ihrem Wein nippte.
    »Sosehr es mich schmerzt, dir das sagen zu müssen«, begann sie zaghaft, »aber nichts ist mehr so, wie es war, und dies ist auch nicht mehr unser Zuhause. Der Bischof, unser Vater …«
    Georg fiel ihr ins Wort. »… wurde abgesetzt und verbannt, ja, ich habe es bereits erfahren. Johann von Wertheim hat nun mit Segen des Kapitels und des fränkischen Adels hier das Sagen. Ich habe ihn im Hof getroffen und es nicht versäumt, ihm die Spezereien, die Seiden und Stoffe, Perlen und andere Kostbarkeiten aus China und Indien anzubieten. Er lehnte mit dem Hinweis ab, das Bistum habe keinen einzigen Gulden für solch unnützen Luxus übrig.« Ihr Bruder zog eine Grimasse. »Wenigstens konnte ich ihn für den Weihrauch aus dem Land der Königin von Saba begeistern, den ich unterwegs eingetauscht habe. Ich überlege mir, ob ich ihn nicht ein wenig teurer anbiete, um ihn für den Dom dadurch wertvoller zu machen. – Das ist nur ein Scherz, Kleines! Du musst mich nicht so entsetzt ansehen. Ich werde ihn den Domherren zu einem angemessenen Preis überlassen. Und vielleicht auch ein wenig Myrrhe, wenn sie meine Seide schon nicht wollen.« Sein Blick hob sich von seinem noch einmal gut gefüllten Teller zu seiner Schwester, die ihm gegenübersaß.
    »Es ist mir also nicht entgangen, dass hier nun ein anderer Wind weht. Doch lass uns davon schweigen, Schwesterherz, und uns nicht diesen ersten Tag

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