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Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Titel: Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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in der Heimat davon verderben lassen. Morgen ist auch noch ein Tag, an dem wir überlegen können, wie es weitergehen soll.« Er erhob seine Stimme. »Feuerkopf, wo bist du? Mein Becher ist leer!«
    Die Magd huschte herbei und schenkte ihm ein. »Mein
Name ist Gret, Meister Georg«, sagte sie und sah ihn fest an.
    Er erwiderte ein wenig erstaunt ihren Blick. »Gret, gut, sollte ich mir das merken?«
    »Es ist immer gut, wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat, Herr«, antwortete die Magd mit ehrerbietiger Stimme, doch Elisabeth bemerkte das kriegerische Funkeln in ihrem Blick, das anscheinend auch ihrem Bruder nicht entging.
    »Gret mit dem Feuerschopf, ich werde es nicht vergessen«, sagte er und blickte der Magd nachdenklich hinterher, als sie mit dem leeren Krug den Raum verließ. Der Moment der Spannung verwehte, und Georg wandte sich wieder dem Essen zu, während Thomas zu Elisabeth hinübersah.
    »Und, Meister Thomas, was habt Ihr aus den fernen Ländern mitgebracht?«, fragte sie ihn. Der intensive Blick verunsicherte sie. »Habt auch Ihr feine Stoffe und Geschmeide in Eurem Gepäck, mit denen die Männer Herz und Verstand der Frauen zu verwirren versuchen?«
    Thomas schüttelte den Kopf, doch ehe er etwas sagen konnte, fiel ihm Georg ins Wort. »Nein, er trägt keine Dinge bei sich, die von Frauen heiß begehrt werden. Da musst du dich schon an mich wenden. Mein Freund dagegen hat einen seltsamen Geschmack. Thomas kauft tote Käfer und getrocknete Skorpione, Mohnkapseln und übel riechende Pasten, kistenweise Pflanzen, die ich noch niemals zuvor gesehen habe, aber auch Steine mit leuchtend grünen oder blauen Flecken, Schwefel und Kristalle von den Flanken eines feuerspeienden Berges, sündhaft teure Glaskolben und gar Porzellanbehälter, die aus dem fernen Japan stammen. Und er hat sich nicht gescheut, Teile von monströsen Tieren, die – nach den Staubschichten zu urteilen – schon ziemlich lange nicht mehr unter den Lebenden weilen, für ganze Berge an Münzen zu erwerben!« Er lachte, während sein Freund protestierte.
    »Das ist nicht gerecht, Georg, ich habe weder das ausgestopfte
Krokodil gekauft noch den Löwenkopf, dem die Motten schon zu sehr zugesetzt hatten, als dass man dessen Mähne noch als prächtig hätte bezeichnen können.«
    »Und was ist mit der Mumie aus Ägypten, die sie dir in Konstantinopel aufgeschwatzt haben?«
    »Sie ist sehr interessant, nicht wahr?«
    »Und was ist gar mit diesem langen, gedrehten Horn? Ich will nicht wiederholen, welch Vermögen du dafür ausgegeben hast. Bei dem Gedanken wird es mir noch immer schlecht«, fuhr Georg fort und leerte rasch seinen Becher. Vielleicht um die angekündigte Übelkeit zu bekämpfen. Der Blick seines Freundes nahm etwas Verträumtes an.
    »Ach ja, das Horn, das war ein echter Glücksgriff. Was zählt da der Stapel Goldgulden, den ich dafür hinlegen musste?«
    Elisabeth wusste nicht, ob die Männer sie auf den Arm nehmen wollten. »Ihr habt das alles, was mein Bruder aufgezählt hat, wirklich gekauft und einen Berg Gulden für ein gedrehtes Horn bezahlt?«
    »Aber ja«, rief der Gast aus und strahlte sie an. »Das Horn ist nun mein wertvollster Besitz. Nein, schaut nicht so ungläubig drein, verehrtes Fräulein Elisabeth. Es ist das echte Horn eines unicornus !«
    »Oh!« Elisabeth hatte selbst noch keines dieser fabelhaften Wesen gesehen, und sie kannte auch keinen, der dies für sich behaupten konnte. Doch obgleich niemand genau sagen konnte, wo diese Tiere zu finden waren, zweifelte keiner an ihrer Existenz.
    »Habt Ihr mit eigenen Augen ein Einhorn gesehen, Meister Thomas?«
    Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Nein, ich habe leider nur das Horn erworben, aber das wird mir für eine Weile meinen Wohlstand sichern.«
    »Wie das, und was wollt Ihr mit all den anderen seltsamen Dingen anfangen, die Ihr in der Ferne erworben habt?«
    Thomas deutete eine Verbeugung an und sagte dann in feierlichem Ton: »Sie zu Pulver und Pasten verarbeiten, zu Tinkturen und Tränken, mit denen ich Menschen von ihren Leiden erlösen und Kranke zu heilen vermag.«
    Elisabeth nickte. »Ja, das hätte ich mir denken sollen. Seid Ihr ein Medicus?«
    »Nein, ein Apotheker auf Reisen, immer auf der Suche nach Heilmitteln und den Stoffen, die die Ärzte ihren Patienten verordnen.«
    »Dann wisst Ihr, wie man diese geheimnisvollen Medizinen braut und wie sie den Körper wieder gesunden lassen?«
    Thomas nickte. »Aber ja. Habe ich Euer Interesse geweckt?

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