Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Titel: Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
Saal um, den sie so viele Monate nicht mehr betreten hatte. Er hatte
sich verändert. Einige Tische waren an die Wand gerückt und die Tafel verkleinert worden. Sie sah Albrecht fragend an. Der zuckte mit den Achseln.
    »Es ist für nichts und niemanden genügend Geld da. Und was mir in die Hände kommt, gebe ich, um das Land aus der Finsternis zu holen und die ärgste Not zu lindern. Ich spare hier auf der Festung, wo ich nur kann, und habe selbst die allabendliche Tafel verkleinert. Es gibt weniger Gerichte, weniger Wein und Festmähler nur noch an hohen Feiertagen. Und dennoch oder vielleicht gerade deshalb will mir nichts so recht gelingen.«
    Elisabeth schwieg, doch ihr wurde in diesem Moment einiges klar. Unter anderem, wie es dem verhassten Bischof in so kurzer Zeit hatte gelingen können, wieder so viele Anhänger zu gewinnen. Nun, da er weg war und der spartanische Albrecht seinen Platz eingenommen hatte, erschien ihnen die Verschwendungssucht des Bischofs plötzlich weniger schlimm, seine Großzügigkeit und seine üppige Hofhaltung, an der er stets alle hatte teilhaben lassen, dafür umso erstrebenswerter. Was für einen Rat sollte sie Albrecht geben? Das wenige Geld, das das Land so notwendig brauchte, um aus seiner Verpfändung ausgelöst zu werden, lieber den Gierigen in den Rachen zu werfen, um sich mehr Günstlinge zu sichern?
    Albrecht zog einen Stuhl zurück und bot Elisabeth einen Platz an. Dann reichte er ihr einen Becher süßen Met, den sie stets so gern getrunken hatte. Er ließ sich ihr gegenüber nieder und musterte sie, als gelte es, jedes Detail ihres Gesichts für immer festzuhalten. Elisabeth erwiderte den Blick.
    War er noch der strahlende junge Ritter, in den sie sich verliebt hatte? Er sah aus wie Albrecht von Wertheim, und dennoch schien er ein anderer geworden zu sein. Von der Zahl der Jahre gerechnet war er noch jung, er strahlte dies jedoch nicht mehr aus. Sein Gesicht war schmaler geworden, beinahe hager, und sie vermisste die gesunde Farbe. Blass sah
er aus. Aus seinen Augen war das Leben gewichen. Ja, selbst die Lachfalten um seinen Mund schienen verschwunden und durch Furchen aus Sorge ersetzt worden zu sein.
    Er nickte kummervoll, als sie ihre Gedanken aussprach. »So fühle ich mich auch. Ausgezehrt und müde. Die Glieder schmerzen von der Last, die mich niederdrückt, und ich finde oft keinen Schlaf mehr, weil ich nicht weiß, welche Entscheidungen ich am anderen Tag treffen soll. Aber das darf nicht deine Sorge sein. Du musst dein hübsches Köpfchen nicht mit diesen schweren Dingen belasten.« Er mühte sich um ein Lächeln.
    »Ganz gleich, weshalb dich dein Vater hergeschickt hat – ich bin froh, dich zu sehen. Du bist mein Sonnenstrahl am düster verhangenen Himmel. Sage mir, was du brauchst. Du bekommst alles, was im Rahmen meiner bescheidenen Mittel steht. Ich kann doch hoffen, dass du dich hier für längere Zeit niederlässt?«
    Elisabeth ließ sich nicht zu einem Versprechen verleiten, von dem sie noch nicht wusste, ob sie es einhalten konnte und wollte. Obwohl Albrecht darauf bestand, dass sie ihre gewohnten Gemächer wieder bezog, lehnte Elisabeth ab und blieb halsstarrig, bis er nachgab und ihr mit ihren beiden Mägden die größte Gästekammer gab, die in den Häusern auf der Südseite der Festung zu finden war. Gret begab sich in die Küche und wurde auch gleich vom Koch mit Arbeit eingedeckt, als sei sie nie weg gewesen. Er scheuchte sie herum und schimpfte lautstark mit ihr wie eh und je.
    »Du musst dir das nicht gefallen lassen«, protestierte Elisabeth. »Du bist meine Magd und gehörst nicht der Burgküche.«
    »Ich möchte es aber«, widersprach Gret. »Irgendwohin muss ich gehören, und jeder muss für sein Essen und sein Lager arbeiten.« Elisabeth zuckte zusammen.
    »Ich meine, zumindest jeder normale Mensch, der nicht
von Adel ist. Was soll ich den ganzen Tag anfangen, wenn ich keine Küchenarbeit habe und keine Speisen zubereiten darf? Jeanne kümmert sich um dich und um dein Gemach. Das ist ihre Aufgabe, und so ist es in Ordnung. Aber wozu brauchst du mich?«
    »Ich brauche dich als meine Freundin und Beraterin, die mir die Augen öffnet und mir den Kopf zurechtrückt, wenn ich wieder einmal zu blind bin zu sehen!«
    Gret lächelte Elisabeth an und legte ihr für einen Augenblick die Hand auf den Arm. »Dafür wird auch neben meiner Küchenarbeit genügend Zeit bleiben. Glaube mir, du entgehst meinem harschen Tadel nicht.«
    »Dann ist es ja

Weitere Kostenlose Bücher