Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
Hornbach, der einer Schuldforderung wegen mit dem Herzog von Mosbach in Fehde geraten war. Aber das kümmerte die Würzburger im Moment wenig. Sie setzten eifrig ihre Vorbereitungen für den Kriegszug gegen Karlstadt fort, bis alles bereit war.
Als die Männer sich im Hof zu sammeln begannen, um sich zum Mainufer hinunterzubegeben, machte sich Elisabeth auf, Albrecht zu suchen. Bei seiner Mannschaft fand sie ihn nicht, und auch sonst war er nirgends zu entdecken. Sie scheute sich zunächst, seine Gemächer aufzusuchen, doch war dies nicht eine außergewöhnliche Situation, die solch eine Unschicklichkeit rechtfertigte?
Elisabeth klopfte und trat dann ein. Er kam ihr entgegengeeilt, blieb dann aber unvermittelt stehen, ehe er sie erreichte. Seine Miene wechselte zwischen Trotz und Verlegenheit. Nervös knetete er seine Hände. Erst als Elisabeth gewahrte, dass er ein kostbares, langes Gewand trug, das einem Pfleger des Landes durchaus angemessen war, nicht jedoch für einen Kriegszug taugte, verstand sie.
»Du willst nicht mitkommen?«, rief sie entsetzt. »Du lässt deine Männer im Stich?«
»Nein, das ist nicht wahr«, verteidigte er sich, doch es klang nicht so, als wäre er selbst davon überzeugt. Plötzlich schien ihm aufzufallen, dass Elisabeth – im Gegensatz zu ihm selbst – in robusten Reisekleidern steckte.
»Was hast du vor?«
»Nach Karlstadt ziehen! Was sonst? Ich hatte vor, dich zu begleiten und an deiner Seite zu erleben, wie du den Bischof und seine Anhänger in ihre Schranken weist. Aber wie ich
sehe, werde ich mit der Gesellschaft deines Oheims vorliebnehmen müssen. Dann lebe wohl. Wir werden dir hoffentlich in ein paar Tagen die gute Nachricht eines Sieges bringen.«
Elisabeth machte keinen Hehl daraus, wie enttäuscht sie von ihm war. Abrupt machte sie auf dem Absatz kehrt und wollte das Gemach verlassen, als Albrecht nach ihrem Arm griff.
»Du kannst doch nicht einfach auf diesem Zug mitziehen!«
Elisabeth funkelte ihn zornig an. »Ach nein? Und warum nicht?«
»Du bist eine Frau, und dein Vater hat dich hierhergeschickt, damit du auf der Festung in Sicherheit bist«, stotterte er.
»Ja, um dich auszuhorchen oder was auch immer, aber garantiert nicht, weil ihm mein Wohlergehen so sehr am Herzen liegt«, widersprach Elisabeth. »Jedenfalls hatte er auch keine Skrupel, mich zehn Tage bei der Belagerung von Ochsenfurt bei sich zu behalten. Ich jedenfalls will mich nicht verstecken und die Decke über den Kopf ziehen. Ich bin nicht wie Justitia, der es gegeben ist, blind abzuwägen, welche Taten gerecht sind und welche verwerflich. Ich muss selbst sehen und hören und dann entscheiden, wer dem Land Gerechtigkeit widerfahren lässt. Ich will wissen, auf welcher Seite Gott der Herr steht«, fügte sie leise hinzu. »Wenn du zu feige bist, auf dem Schlachtfeld zu erscheinen und deine eigenen Männer anzuführen, die ihre Haut für dich riskieren, dann muss ich eben ohne dich gehen.«
Sie versuchte sich loszumachen, aber Albrecht hielt sie fest.
»Das hat mit Feigheit nichts zu tun! Und außerdem kämpfen sie nicht für mich, sondern für ihre eigenen Ziele. Für ihren Wohlstand und die Sicherheit ihrer Familien. Aber gut, wenn du mir keine Wahl lässt, dann komme ich eben mit. Bei allen Konsequenzen, die das vielleicht nach sich ziehen könnte.« Er seufzte schwer.
Elisabeth vermochte sich nicht vorzustellen, woran er dachte. Es hörte sich nicht so an, als habe er Angst um seine eigene Unversehrtheit.
»Wirst du hinuntergehen und meinem Oheim sagen, dass ich in wenigen Minuten reisefertig im Hof erscheine? Er soll mir mein Pferd satteln lassen.«
Elisabeth nickte nur stumm und verließ das bischöfliche Gemach, das ihr Vater so viele Jahre bewohnt hatte. Es wollte so gar nicht zu Albrecht passen, obwohl er es von den meisten wertvollen Gegenständen befreit hatte, die es in geradezu verschwenderischer Pracht hatten erstrahlen lassen. Elisabeth vermutete, dass er die Schätze zum Wohl des Landes verkauft hatte. Doch das allein reichte eben nicht aus, befand sie. Er musste sich ein Herz fassen und der streitbare Engel sein, der mit flammendem Schwert voranging.
Wie seltsam, dass er sich davor scheute. Hatte sie ihn früher nicht stets als tapferen Ritter erlebt, der nicht einen Wimpernschlag lang gezögert hätte, sie selbst gegen eine Übermacht mit seinem Schwert zu verteidigen? Wann waren sein Mut und sein Kampfgeist verloren gegangen? Elisabeth wusste es nicht zu
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