Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
erschöpft, dass er es sich nicht leisten kann, mit großem Gefolge nach Basel zu reisen. Sein Kriegszug verschlingt die letzten Kredite, die seine Lehensmänner bereit sind zu geben – und das nur in Hoffnung auf reiche Beute. Seine Truhen sind also offensichtlich leer, obgleich er in diesem Jahr widerrechtlich Neustadt für zwanzigtausend Gulden an Georg von Henneberg verkauft hat und Melrichstat und das Dorf Stockheim um sechstausend Gulden. Außerdem hat er Sulzfeld um fünftausend Gulden beschwert, obgleich es dem Kapitel gehört!«
Elisabeth schüttelte nur den Kopf, obwohl sie die Aussage nicht in Zweifel zog. »So viel Geld? Und das soll er alles verbraucht haben?«
»Krieg ist teuer.«
»Aber ich verstehe nicht, wie er überhaupt Orte und Rechte verpfänden konnte. Bist du nicht genau aus diesem Grund Pfleger des Stifts, um das zu verhindern?«
»Ja, so wollten es das Kapitel und der Rat«, presste Albrecht hervor. »Doch wie du siehst, hält sich der Bischof nicht an die Verträge.« Er wand sich ein wenig und schien sich unwohl in seiner Haut zu fühlen. Fast ein wenig zu rasch begann er wieder von der Kirchenversammlung zu sprechen.
»Glaubst du an eine Lösung durch das Concilium?«, fragte Elisabeth.
Albrecht überlegte und schüttelte dann den Kopf. »Selbst wenn die Kirchenherren dort zu einer Entscheidung gelangen, kann ich mir nicht denken, dass der Bischof bereit ist, sie anzunehmen – es sei denn, sie schließen sich gänzlich seinen Forderungen an. Dann wäre es an mir, mein Bündel zu packen und gesenkten Hauptes das Feld zu räumen, um Franken wieder seinem Schicksal zu überlassen.« Albrecht verzog den Mund zu einem gequälten Grinsen.
»Würdest du das denn tun?«
»Die Entscheidung des Konzils anerkennen? Was bliebe mir anderes übrig? Wie soll es sonst jemals Frieden geben?«
»Und die anderen, die auf deiner Seite stehen? Wie würden die entscheiden?« Elisabeth ließ nicht locker. Albrecht überlegte.
»Der härteste Gegner des Bischofs ist Dechant Reichard von Masbach. Er wird, glaube ich, nicht so leicht klein beigeben. Ganz im Gegenteil. Er drängt mich, genauso hart gegen den Bischof und seine Anhänger vorzugehen, wie dein Vater sich der Städte zu bemächtigen sucht.«
»Und warum tust du das nicht?«
Albrecht zögerte. »Denkst du wirklich, ich sollte offen gegen ihn zu Felde ziehen? Was für unendliches Leid ist so ein Krieg im eigenen Land, gegen die eigenen Bauern und Bürger.«
Elisabeth stand noch deutlich vor Augen, was sie in den vergangenen Tagen hatte miterleben müssen. Und dennoch, waren nicht das Recht und die Hoffnung auf Albrechts Seite? War es nicht seine Pflicht, dafür einzustehen, auch wenn es Opfer kostete, um danach das Schicksal des Landes zum Guten zu wenden?
»Ja, es wird Leid geben. Aber die Menschen werden noch mehr leiden, wenn dieser unsägliche Zwist andauert. Du kannst nur kämpfen und eine Entscheidung erzwingen oder dich wie ein geprügelter Hund davonschleichen und meinem Vater das Land in den Schoß werfen. Doch glaube nicht, dass es dann keine Opfer mehr geben wird! Warum wurde er denn abgesetzt? Hat er sich etwa geändert und würde es nun besser machen? Dir haben sie die Verantwortung gegeben, damit du es zum Guten richten sollst!«
Albrecht sah sie gequält an. »Mir sind die Hände gebunden. Selbst wenn ich es wollte, ich kann den Marienberg nicht verlassen und offen gegen Bischof von Brunn zu Felde ziehen.«
»Warum nicht? Das klingt mir nach einer Ausrede. Du bist zu zögerlich. Hast du etwa Angst vor ihm?«
»Er hat mehr Erfahrung in Sachen Kriegszüge… Aber nein, ich fürchte mich nicht vor ihm. Nicht in diesem Sinne.«
»Dann wende dich an deinen Oheim. Auch er ist ein erfahrener Kriegsmann, der meinem Vater die Stirn bieten kann.«
»Und dann?«
»Zieh gegen Karlstadt, wo sich die abtrünnigen Domherren verstecken. Die Stadt hat nicht nur gegen deine Anweisung die Herren des Kapitels bei sich aufgenommen, sie besitzen die Unverfrorenheit, den rechtmäßigen Amtmann von
Tann zu vertreiben und das Amt an seiner statt an den dem Stift feindlich gesinnten Dietz von Thüngen zu übertragen! Lass dir diese Provokation nicht gefallen. Du musst dich nun in deiner vollen Stärke zeigen! Sagtest du mir nicht, du tust das alles für Franken? Hast du nicht deshalb deinen Schwur gebrochen? Wozu hast du mich geopfert, wenn du nun auf halbem Weg stehen bleibst?«
Sie hatte sich so in Fahrt geredet, dass sie spürte, wie ihre
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