Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
in ihrem Innern aus. »Was haben sie denn gesagt?« , fragte sie weiter, obwohl sie die Antwort fürchtete.
»Gesagt? Nichts Besonderes. Sie freuen sich über die Ehre, die Johann zuteilgeworden ist, und hoffen – nun ja, dass er bald Bischof wird.« Verlegen sah er zu ihr hinüber, doch im Moment interessierte es Elisabeth nicht, dass Albrechts Eltern auf den baldigen Tod ihres Vaters hofften. Das war nur verständlich und kein Grund, sich zu kränken. Wusste Albrecht nicht, dass sie auf eine andere Antwort wartete?
»Ich meine über mich!«, fügte sie ein wenig schärfer hinzu. »Was haben sie über mich gesagt?«
»Ich weiß nicht. Ich kann mich nicht entsinnen, dass sie dich erwähnt hätten …«
Elisabeth fiel ihm ins Wort. »Du hast nicht mit ihnen darüber gesprochen! Und frage nun nicht, worüber, denn das weißt du genau«, ereiferte sie sich. »Du sagst, ich solle dir getrost meine Zukunft anvertrauen und keine Furcht hegen, obwohl ich den Marienberg und damit meine Heimat schon bald verlassen muss, aber du sprichst nicht einmal mit deinen Eltern über unsere Vermählung!«
Albrecht hob resignierend die Hände. »Elisabeth, das ist kein Grund, an mir zu zweifeln. Ich habe dir geschworen, dass du getrost dein Leben in meine Hände legen kannst, und dazu stehe ich. Früher hätte der Vater gegen diese Verbindung nichts einzuwenden gehabt, doch ich weiß, dass er nun seine Zustimmung nicht mehr geben würde, daher kann ich ihn nicht fragen. Er wird es erst erfahren, wenn wir für immer untrennbar miteinander verbunden sind. Sicher wird er mir eine Zeit lang zürnen, aber dann wird er mir verzeihen. Und bis es so weit ist, wird mein Bruder Johann seine schützende Hand über uns halten.«
»Ach, und er findet nichts dabei, dass ich nur der Bastard eines abgesetzten Bischofs bin, der seine Macht und sein Geld verloren hat?«
»Du musst nicht so im Zorn mit mir sprechen«, erwiderte Albrecht sanft und griff über den Tisch nach ihrer Hand. »Ich gebe zu, dass auch Johann dies nicht für eine kluge Verbindung hält und mir das offen sagt, doch er ist auch bereit, meine Entscheidung zu respektieren.«
»Dann sind wir stets von seinen Launen abhängig«, warf Elisabeth ein.
»Er ist kein launenhafter Mensch«, verteidigte Albrecht seinen Bruder. »Und nun halte ein, und lass uns den Tag genießen. Es gibt nichts, das uns trennen wird. Lass dein aufgeregtes Gemüt zur Ruhe kommen, meine Liebste.«
Elisabeth seufzte. »Es gibt viel mehr, das uns trennen wird, als du es dir vorstellen kannst. Ich muss es dir sagen, daher höre mir gut zu. Wenn du mich wirklich liebst und diesen Schritt auf ewig mit mir wagen willst, dann musst du die ganze Wahrheit kennen.«
Albrecht sprang auf, kam zu ihr herüber und verschloss ihre Lippen mit seiner Hand. »Quäl dich nicht so. Du musst mir gar nichts sagen. Ich vertraue dir und will dich, so, wie du bist. Aber nun entschuldige mich. Ich habe meinen Bruder noch nicht gesehen und muss ihm einige Dinge von unserem Vater bestellen.«
Und schon war er draußen. Elisabeth sah ihm mit offenem Mund nach. Das durfte nicht wahr sein. Jetzt hatte sie noch einmal ihren ganzen Mut für diese schwere Beichte zusammengenommen, und er war ihr schon wieder entwischt – geflohen, konnte man geradezu sagen. Ahnte er gar, was sie ihm sagen wollte, und wusste er, dass er diese Worte nicht würde ertragen können? Aber wie sollte das möglich sein? Oder war es so, wie Gret stets behauptete, dass die Männer gar keine Offenheit wollten?
»Ich kann aber nicht mit dieser Lüge leben!«, rief Elisabeth empört aus und schlug mit der Faust auf den Tisch.
»Oh, ich störe wohl. Das wollte ich nicht!« Eine Stimme von der Tür ließ sie herumfahren. Meister Thomas stand mit verlegener Miene im Türrahmen, bereit, sich zurückzuziehen. »Ich war auf der Suche nach Eurem Bruder Georg, der mich nach Würzburg hinunter begleiten wollte, um mit mir Meister Heinrich in seiner Offizin auf den Greden aufzusuchen. Aber wie ich sehe, ist er nicht hier, und so entschuldige ich mich und ziehe mich sogleich zurück.«
Elisabeth sprang auf und wischte sich die Zornestränen aus den Augenwinkeln.
»Ihr stört nicht, Meister Thomas, und wenn, dann war es eine Störung, die in diesem Moment das Rechte war.«
Sie eilte an seine Seite und stieg neben ihm die Treppe hinunter. »Meinen Bruder werdet Ihr vergeblich suchen«, sagte sie, als sie ihre Hand in seine Armbeuge legte. »Er ist zur Jagd geritten.
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