Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Titel: Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
Gesichter der Männer sehen, die vor der Basilika standen. Es kam ihr vor, als würde sich die Geschichte wiederholen. Waren in den vergangenen Wochen unter Pfleger von Wertheim endlich ein wenig Ruhe und Alltag auf der Festung und im Land eingekehrt, so musste sich nun jeder wieder fragen, wie es weitergehen und was die Zukunft für ihn bringen würde.
    Doch auch die andere Frage schwebte fast wie ein greifbarer Schleier über der Festung: Wer war für diesen feigen Mordanschlag verantwortlich, und was bezweckte der Drahtzieher damit?
    Elisabeth hörte sehr wohl den Namen ihres Vaters im Getuschel, doch steckte er wirklich hinter der Tat? Hatte er ihr nicht noch vor wenigen Wochen gesagt, er sei mit seinem beschaulichen Leben auf Burg Zabelstein ganz zufrieden? Würde er auf diese Weise versuchen, nach Würzburg und auf die Festung zurückzukehren?
    Eine Stimme ließ sie zusammenfahren. Bildete sie sich das nur ein? Sie hörte die Worte, verstand sie aber nicht, denn ihr Geist war zu sehr vom Klang der tiefen, so verführerisch angenehmen
Stimme erfüllt. Es war ihr, als müsse sich ihr Magen umdrehen. Da schnurrte er und wiegte die Menschen in falscher Sicherheit, lullte ihre Wachsamkeit ein, um dann wie eine Viper zuzuschlagen. Elisabeth erstarrte. So war es! Ganz bestimmt. Hatte er es ihr nicht selbst gesagt? Oder zumindest angedeutet? Er war kein Mann, der sich geschlagen gab. Er würde weiterkämpfen. Und warum sollte jemand, der schon einmal zum Mittel des Mordens gegriffen hatte, bei einer zweiten Gelegenheit davor zurückschrecken? Elisabeth spürte, wie Zorn in ihr kochte, der zu Hass aufloderte. Sie reckte sich und trat aus dem Schatten des Turmes, um dem Kirchenmann den Weg zu verstellen.
    »Ja, wen haben wir denn da? Dompropst von Grumbach! Nein, ich dürfte nicht überrascht sein, Euch an diesem Tag hier anzutreffen.« Ihre Augen verengten sich in tiefer Abneigung, doch der Propst lächelte sie spöttisch an. Wenn sie nicht bereits zur Genüge die Schwärze seiner Seele kennengelernt hätte, wäre sie vielleicht von seinem Äußeren angetan gewesen. Er war wie stets eine prachtvolle Erscheinung, das Haar dunkel und voll, nur von wenigen Silberfäden durchzogen, die Haut glatt, das Gesicht männlich, doch nicht zu markant, um seine natürliche Harmonie zu verlieren. Und all das zusammen mit dieser warmen, vollen Stimme – es war schwer, seinem Charme nicht zu erliegen. Er verbarg den Abgrund seiner Finsternis noch immer meisterlich, und nur der durchdringende Blick, der ein Frösteln auf der Haut zurückließ, konnte die Ahnung aufkeimen lassen, dass der Dompropst nicht der warmherzige Mann war, für den man ihn leicht halten konnte.
    Hans von Grumbach betrachtete sie mit erhobenen Augenbrauen vom Kopf bis zu den Füßen. »Ah, unsere liebe Jungfrau Elisabeth, wenn es mir erlaubt ist, sie so zu nennen – ich werde später für diese Lüge beichten. Nun, was verschafft mir die Ehre, dass Ihr meine Gesellschaft sucht?«
    »Eure Gesellschaft suche ich ganz sicher nicht«, zischte sie. »Ihr seid es, der sich frech auf dem Marienberg zeigt. Nun, habt Ihr Euren Hoffnungen nachgeholfen? Seid Ihr gekommen, um in Eurem Triumph zu baden?«
    »Mein Triumph?«, gab er ein wenig irritiert zurück, dann lächelte er noch breiter. »Ah, ich verstehe, Ihr versucht mich mit fremden Federn zu schmücken. Das müsst Ihr nicht.«
    »Wollt Ihr die Tat leugnen? Und nun tut nicht entsetzt oder behauptet gar, dass Ihr zu so etwas nicht fähig seid. Ihr seid zu allem fähig, um Euer ehrgeiziges Ziel zu erreichen!«
    Dompropst von Grumbach lachte. »Ach, ich habe Euch fast ein wenig vermisst, Jungfrau Elisabeth. Ihr seid so feurig, wenn Ihr Euch ereifert, doch auch stets ein wenig blind, das muss ich Euch sagen.«
    »Wollt Ihr so dreist sein, Eure Schuld zu leugnen? Ich spreche ja nicht davon, dass Ihr selbst Hand an ihn gelegt habt. Dafür habt Ihr Eure Handlanger.« Sie ließ ihren Blick zu Fritz Hase mit seinem rattengleichen Gesicht wandern, der in einiger Entfernung herumlungerte.
    Der Dompropst sah sich kurz um, ob auch niemand ihr Gespräch mithören konnte, ehe er mit gesenkter Stimme fortfuhr: »Ich sage nicht, dass ich nicht einen solchen Auftrag erteilen könnte, wenn ich die Notwendigkeit erkenne.«
    »Notwendigkeit!«, fauchte Elisabeth.
    »Ja, so könnte man sagen. Und ich will auch nicht leugnen, dass ich diese Möglichkeit durchaus erwogen habe. Doch zu meiner Schande war ich bislang zu unentschlossen. Was

Weitere Kostenlose Bücher