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Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Titel: Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Aufzählung begann. »Balsam und Duftharz, Pestkugeln, Schluckbildchen und heilende Steine, Kerzen, Fackeln und Talg, Schlafschwämme, aber auch
Zucker und süßer Sirup, Honigpastillen und Würzwein und vieles mehr.«
    Meister Thomas nickte anerkennend. »Ihr seid gut sortiert. Ich denke, es findet sich einiges unter meinen Waren, das für Euch von Interesse sein könnte. Doch ich habe nicht nur Dinge mitgebracht, die Ihr für Eure Tränke, Pastillen und Pflaster gebrauchen könnt.« Er trat an den Tisch, auf dem eine einfache Apparatur zur Destillation aufgebaut war. »Ich habe wertvolle Gläser, fein und klar in schönen Formen mitgebracht, die Euch nicht nur die Herstellung von Aqua arden , dem gebrannten Wasser erleichtern.«
    Die bislang strahlende Miene des Apothekenmeisters wurde zurückhaltend. »Ich habe von solch feinem Glas gehört. Auch einige meiner Kolben stammen aus Venezien, doch ich fürchte, sie haben auch einen feinen Preis?«
    Meister Thomas lächelte noch immer. »Wir werden uns einig werden. Ich zeige Euch meine Waren, Ihr prüft sie, und dann werden wir sehen, wie viele Gulden Ihr aufbringen wollt und was ich Euch im Gegenzug dafür geben kann.«
    Meister Heinrich nickte. »Ja, wir werden sehen.«
     
    »Welche Ehre, dass Ihr uns besucht.« Die Mutter Oberin sank vor dem Pfleger des Bistums in die Knie und küsste seinen Ring.
    »Erhebt Euch, Mutter, und sagt mir, wie es um Euer Haus steht«, antwortete Johann von Wertheim freundlich. »Ich weiß, dass so vieles im Bistum im Argen liegt, und so muss ich zusehen, mir selbst ein genaues Bild der Lage zu verschaffen, um den schlimmsten Missständen sofort Abhilfe schaffen zu können.«
    »Ach, Exzellenz, Ihr seid zu gütig«, hauchte die alte Frau. »Der Herr im Himmel hat uns viele Jahre geprüft, doch nun schickt er uns einen rettenden Engel!«
    »Ich will nicht zu viel versprechen. Es scheint überall am
Nötigsten zu fehlen, und ich brauche ein göttliches Wunder, um auch nur einem Teil gerecht werden zu können, gar nicht zu sprechen von den erdrückenden Schulden und den Gläubigern, die Zins und Zahlung verlangen, oder von den Städten und Dörfern, die eiligst aus der Verpfändung gelöst werden müssen, sollen sie dem Bistum nicht auf ewig verloren gehen.«
    »Dann beginnen wir Euren Besuch am besten mit einer kleinen Andacht, in der wir Gottes Hilfe erflehen, und mit einem einfachen gemeinsamen Mahl mit den Schwestern.«
    Der Pfleger neigte das Haupt. »Gerne, Mutter Oberin. Wenn Ihr vorangehen wollt?«
    Die Oberin schob ihre Hände in die Ärmel und ging lautlos über die unebenen Steinplatten neben dem Gast her. Sie schwieg, bis sich ihnen die Schwestern im Kreuzgang anschlossen, dann stimmte sie den Lobgesang an, unter dem sie in die Kirche einzogen.
    Das adelige Frauenkloster mit seiner Kirche war ein Teil der Stadt Kitzingen. Vor allem ihre steinerne Brücke über den Main machte sie zu einem für den Handel in Franken wichtigen Ort. Mit ihren siebzehn gewölbten Schwibbögen und den beiden hohen Türmen war die Brücke ein beeindruckendes Bauwerk und so auch das Wahrzeichen der Stadt. Die Bürger waren sich ihrer Wertigkeit im Land durchaus bewusst, und ebenso klar war ihnen, wie wichtig es war, die Hoheit über die Brücke sicherzustellen. So war die Gemarkung rechts des Mains mit aufgeworfenen Gräben und steinernen Landwehrtürmen, Zwinger und Schranken versehen. Die Stadt selbst wurde von zwei Mauerringen und tiefen Gräben bis zum Mainufer umschlossen. Stolze achtundzwanzig Türme konnte sie zählen. Sechs Tore, von denen allerdings meist nur drei geöffnet waren, stellten eine reibungslose Durchfahrt für Händler mit ihren Waren sicher. Im inneren Stadtring erhob sich die Pfarrkirche St. Johannes mit dem Pfarrhof. Das Kloster
mit der Kirche und seinem Spital lag außerhalb im Vorstadtring. Neben dem Klostertor ragte der imposante runde Marktturm auf. Seit jeher war das Kloster recht gut ausgestattet gewesen. Schon in alten Zeiten hatten die Schwestern ein Kaufhaus besessen, in dem die Bürger sich einmieteten, um es auch als Rathaus zu nutzen. Und auch das neue Kauf-und Rathaus am Markt in der inneren Stadt war mit seinen Brot- und Fleischbänken und dem Gewandhaus dem Kloster zu eigen. Der Rat hatte hier eine Ratsstube und die Gemeinde den bürgerlichen Tanzboden. Und dennoch waren die fetten Jahre des Klosters längst vorbei. Auch die Schwestern spürten seit Jahren, wie sich die Bischöfe auf dem Marienberg an den

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