Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
sich dabei so dumm angestellt hatten und sich von einem Häufchen Glaubenskämpfer immer wieder den Hosenboden hatten versohlen lassen, wie es in dem Lied hieß.
Gret lachte Tränen, und Jeanne kicherte ohne Unterlass. Auch Elisabeth konnte sich an manchen Stellen ein Lachen nicht verkneifen, obwohl ihr bewusst war, dass ihr Vater und manch anderer Fürst gar nicht erfreut gewesen wären, dieses Schmähstück zu hören. Nein, in der Halle auf dem Zabelstein hätten die beiden dieses Lied sicher nicht zum Besten geben können. Obwohl sich Elisabeth sicher war, dass Friedlein seinen Spaß daran gehabt hätte.
Kapitel 15
E lisabeth wurde früh wach. Es war kalt in der kleinen Kammer. Sie lag in einem schmalen Bett, und die Decke war weder so warm noch so weich, wie sie es von ihrem Gemach auf der Burg gewohnt war. Jeanne schlief auf einer Strohmatratze zu ihren Füßen. Als es zögerlich heller wurde, konnte Elisabeth die wenigen Möbelstücke ausmachen. Eine Truhe, ein schmaler Tisch mit zwei Hockern, ein Waschtisch mit Kanne, Schüssel und frischen Tüchern. Mehr gab es nicht zu sehen. Eine einfache, bürgerliche Kammer. Und dennoch fühlte sie sich seltsam leicht und glücklich.
Jeanne regte sich, sprang auf und sah sich hektisch um, dann schien ihr einzufallen, wo sie sich befanden. Sie entspannte sich und wandte sich zu Elisabeth um.
»Guten Morgen, du bist ja schon wach. Konntest du in diesem einfachen, harten Bett nicht schlafen?«
Elisabeth setzte sich auf. »Ich habe wunderbar geschlafen. Du weißt, ich musste mich einst an Schlechteres gewöhnen.«
Jeanne nickte, sagte aber nichts weiter dazu.
Elisabeth schwang die Beine über die Kante. »Weißt du, das Seltsame ist, dass ich mich mit so viel Abstand vor allem an die Wärme erinnere – die menschliche Wärme zwischen uns Frauen, denen die Gesellschaft nur Verachtung entgegenbringt, obwohl sie sie nicht entbehren kann.«
»Ich weiß, was du meinst. Wir haben viel gezankt und uns dennoch gebraucht und immer zusammengehalten, wenn es schwierig wurde. Manches Mal träume ich von den anderen.
Dann habe ich ein schlechtes Gewissen, denn jetzt geht es mir ja so viel besser.«
Elisabeth sprang aus dem Bett und umarmte die kleine Französin. »Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Jeder Teil unseres Lebens hat uns gute und schlechte Erinnerungen mitgegeben. Warum nicht die guten festhalten?«
Elisabeth ließ Jeanne los und schlang sich stattdessen die Arme um den Leib. »Die äußerliche Kälte allerdings gehört zu den weniger guten.«
Jeanne nickte mit grimmiger Miene. »Wir müssen zusehen, dass wir zumindest eine Kohlepfanne für dich auftreiben, wenn diese Kammer schon nicht zu heizen ist.«
Elisabeth lächelte schief. »Ja, das müssen wir, unbedingt. Schließlich bin ich nun wieder ein empfindliches Fräulein.«
»Ja, das bist du. Die Tochter des Bischofs von Brunn.«
»Na, ob das so eine Ehre ist«, murmelte Elisabeth, während sie sich von Jeanne in ihre Gewänder helfen und sie an den Seiten zuschnüren ließ.
In der Stube erwartete sie nicht nur wohlige Wärme. Gret hatte auf dem Markt bereits alles besorgt, was bei einem üppigen Frühmahl nicht fehlen durfte. Georg und Meister Thomas saßen am Tisch und ließen es sich schmecken.
Georg seufzte zufrieden. »Es ist lange her, dass ich bereits am Morgen so gut getafelt habe. Du bist ein Goldstück, Feuerschopf.«
»Ich heiße Gret, Meister Georg.«
»Nein, du bist mein Feuerschopf, und ich würde dich am liebsten behalten.«
»Ich bin leider nicht zu haben«, gab Gret freundlich, aber bestimmt zurück. »Ich gehöre Eurer Schwester.«
Georg machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das ist ein Hindernis, das mich nicht schreckt. Wir werden uns schon einig werden, nicht wahr, Schwesterherz? Was willst du für deine Magd?«
Doch Elisabeth ließ sich nicht darauf ein. »Ich kann Gret nicht entbehren. Es tut mir leid, Bruder, du musst dir selbst eine Magd suchen.«
Er brummelte vor sich hin, schien aber nicht zu glauben, dass dies eine endgültige Absage gewesen sei. Gierig schaufelte er sich süßes Mus auf den Teller und reichte dann die Schüssel an seine Schwester weiter.
»Was habt Ihr heute vor?«, erkundigte sich Meister Thomas.
»Ich möchte ein paar Dinge besorgen, die ich auf dem Zabelstein vermisse«, gab Elisabeth Auskunft. Der Apotheker lächelte.
»Ja, das Vergnügen des Weibes, die Gulden der Männer unter den Händlern zu verteilen.«
»Es ist nicht eilig«,
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