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Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Titel: Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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wollen zum Grafeneckart!«
    »Was ist denn los?«
    »So genau weiß ich es nicht, aber es muss etwas Ungewöhnliches vor sich gehen. Es strömen immer mehr Bürger zum Rathaus hin. Kommt ihr nun oder sollen wir es verpassen?«
    Jeanne und Elisabeth waren schon aufgesprungen und ließen
sich von der Menge zum Rathausplatz schieben. Es waren viele der wohl angesehenen Bürger auf der Straße, aber auch Häcker und Bauern, Mägde und Knechte und die armen Hintersassen der Stadt, die kein Bürgerrecht besaßen.
    Es wunderte die drei Frauen nicht, dass einige der Häcker Spieße oder Äxte bei sich trugen. Sie waren stets bereit, sich zu bewaffnen, wenn etwas auch nur entfernt nach Ärger roch. Ein wenig besorgt beobachtete Elisabeth, wie sich die Weinbergarbeiter zu größeren Gruppen zusammenrotteten und sich ihnen manch anderer Knecht oder Geselle anschloss.
    Gret schob sich energisch durch die Menge und bahnte den anderen beiden Frauen einen Weg, sodass sie gerade in einer der vorderen Reihen anlangten, als der Würzburger Bürgermeister Johann Bernheim und sein Schreiber Heinrich Keller auf die Stufen traten. Hinter ihnen reihten sich einige der Ratsherren auf. Elisabeth erkannte Hans Maintaler, den sie den Tuchscherer nannten. Ihm hatte ihr Vater einst übel mitgespielt und ihn grundlos über Monate im Turmverlies auf der Marienfestung gefangen gehalten, nur weil der Bischof einer Geisel und eines Druckmittels gegen die Stadt bedurfte!
    Die körperlichen Spuren seiner Haft waren längst getilgt, und er trug auch wieder einen prächtigen Bauch vor sich her, der sein Wams spannte und damit den Wohlstand der Familie dokumentierte, doch wie es in seinem Innern aussah, konnte Elisabeth nicht sehen. Sie ahnte jedoch, dass er dem Bischof diese Tat niemals verzeihen würde und daher der Partei anhing, die sich vehement gegen dessen erneute Einmischung in die Belange der Stadt einsetzte. Was Elisabeth auffiel, war, dass der Schultheiß nicht bei den Männern des Rats stand. Die Stadt- und Hofschultheißen sowie die der Vorstädte Pleichach und Sand waren stets Männer des Bischofs gewesen, ihm mehr verpflichtet als dem Rat der Stadt und daher bei den Sitzungen nicht gern gelitten. Zwar hatten die Bürger den ungeliebten Vorgänger von Hans Heylessen erfolgreich
aus der Stadt vertrieben und durchgesetzt, dass sie ihre Sitzungen ohne Beisein des Schultheißen abhalten durften, doch so ganz schienen sie Albrechts neuem Mann nicht zu trauen. Er stand eben doch einen Schritt zu nah bei der Obrigkeit.
    Endlich hatte es sich auch bis in die hinteren Reihen herumgesprochen, dass der Bürgermeister etwas verkünden wollte. Die Gespräche verstummten. Eine erwartungsvolle Stille senkte sich über den Platz. Bürgermeister Bernheim räusperte sich, stieg noch eine Stufe höher, sodass die Menschen ihn sehen konnten, und begann dann mit lauter, klarer Stimme zu sprechen, die auch noch bis zu den hintersten Zuhörern drang.
    »Bürger und Bewohner von Würzburg. Wie sich gestern Abend bereits herumgesprochen hat, ist ein Bote mit einem Sendschreiben zu uns gekommen – geschickt von Bischof Johann II. von Brunn.« Einzelne Rufe unterbrachen den Bürgermeister. Es waren keine freundlichen Einwürfe.
    »Was will der Hund schon wieder?«
    »Er soll uns in Ruhe lassen!«
    »Der hat uns nichts zu sagen.«
    Elisabeth zuckte zusammen. Ihre beiden Begleiterinnen rückten ein wenig näher zu ihr und sahen sich aufmerksam um, ob nicht etwa jemand erkannte, wer da unter ihnen weilte. Doch niemand schenkte den Frauen Beachtung. Elisabeth beglückwünschte sich zu ihrer Entscheidung, sich so unauffällig zu kleiden. Die Tochter des Bischofs war früher stets in verschwenderischer Zier aufgetreten.
    Die Leute zischten und brachten die Zwischenrufer zum Schweigen, sodass der Bürgermeister fortfahren konnte.
    »Bischof Johann von Brunn ist nicht bereit, unsere Entscheidung anzunehmen, ihm nicht wieder zu huldigen. Wir haben dem Pfleger Albrecht von Wertheim unseren Eid geleistet, und dabei soll es auch bleiben. Bischof Johann hat jahrelang nur Leid über uns gebracht, uns mit immer mehr Steuern
und Abgaben erdrückt, unsere Männer und Söhne auf unsinnige Kriegszüge gegen die Hussiten nach Böhmen geschleppt und uns gar ein Kriegsvolk vor die Stadt geschickt, um uns zu zwingen, seine Schulden zu bezahlen. Das Maß ist voll! Wir werden diesem Bischof keine Gefolgschaft mehr leisten! So lautet unser aller Entschluss im Rat und in den Versammlungen der

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