Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Archiv

Das Archiv

Titel: Das Archiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frank
Vom Netzwerk:
redete man über Politik, über das verdammte Öl-Embargo, die steigenden Benzinpreise, und alles schimpfte durcheinander. Was des Professors Meinung dazu wäre, wollte einer der beiden Strolche wissen. Zwinker-Erich nahm die Brille ab, und es wurde still um ihn herum. »Ein Kreuzzug«, sagte er, »das ist die Lösung. Unsere Vorfahren hatten noch Blut in den Adern. Ein Kreuzzug im zwanzigsten Jahrhundert! Ein paar Fallschirmregimenter setzen sich auf die Ölfelder. Scheich Abu bekommt hundert Kamele und seinen Harem, und: ab mit dem Scheich, in die Wüste mit ihm!«
    Bravo, schrie die Sedlacek und brachte die Suppe, und alle redeten wirr durcheinander. Die Zuhälter nickten sich zu, Leute wie der Professor gehörten in die Regierung oder in die UNO. Des Professors politische Ambitionen aber waren im Augenblick erschöpft. Er knöpfte der molligen zu seiner Linken die Bluse auf und erklärte, so schmecke ihm die Suppe besser. Das Mädel zu seiner Rechten knöpfte selber auf und fühlte sich versetzt. Kilian mochte sie wirklich weniger. Er wußte, sie war sehr behaart an Bauch und Schenkeln, und glatte Haut war ihm lieber. So war die Situation, als das Telefon läutete und die Sedlacek abhob, dann »Ruhe« brüllte und sagte: »Für Sie, Professor.« Es war Bill Weiss.
    »Ich hab’ deinen Zettel an der Tür gefunden«, sagte Bill. »Was willst du denn mitten in der Nacht?« Er fluchte vor sich hin. »Ich hab’ mit dir zu reden«, schrie Kilian ins Telefon, da die Musik so laut war, »hab’ dich den ganzen Tag gesucht.« Es sei gemütlich im »Papagei«, meinte er, und ob Bill nicht vorbeikommen wolle. »Es ist wichtig für mich, und dir kann eine Aufheiterung nicht schaden, alter Schulfreund.« Erich sagte tatsächlich Schulfreund, er wußte, wie Bill zu nehmen war. Bill zögerte anfangs, ließ sich schließlich doch überreden. »Nimm ein Taxi«, schrie Zwinker-Erich, »auf meine Kosten, Alter!« Eine halbe Stunde später kam Bill herein mit hochgestelltem Mantelkragen und schimpfte über die Kälte. »Ein feiner Pinkel bist du geworden«, meinte er und deutete auf Erichs eleganten Anzug. »Und gemütlich hast du’s hier«, grinste Bill und deutete auf die nackten Brüste der beiden Huren. Er möge aufhören, höfliche Konversation zu machen und was trinken, sagte der Professor im Befehlston und dann laut: »Mein Schulfreund.« Alle nickten ein herzliches Willkommen, die Sedlacek und das angeschmierte Bauernmädel, die Zuhälter und die beiden Huren, und die nackten Brüste wackelten. Bill bekam einen Cognac und eine Zwiebelsuppe. Eilig schien es Zwinker-Erich nicht zu haben. Er sorgte nur dafür, daß Bills Glas ständig nachgefüllt wurde und stellte befriedigt fest, daß dies sehr oft geschah. Erst nach etwa einer Stunde legte er seinen Arm um Bills Schulter und fragte ganz sachlich: »Gehen wir hinauf mit den zwei Hasen?« Er deutete auf eine Wendeltreppe im Hintergrund, die zu einem Samtvorhang führte. Dahinter lagen zwei kleine Räume mit je einem Bett und einer Stehlampe mit rotem Schirm. Kilian wußte das, er war hier zu Hause. Bill wußte es nicht, aber er konnte es sich vorstellen. Er sah versonnen den Huren auf die Brustwarzen, dann seinem Schulfreund in die Augen. »Was soll das, Erich?« fragte er, »deswegen suchst du mich den ganzen Tag und steckst mir einen Zettel an die Tür?«
    »Also gut«, zwinkerte Kilian, »reden wir hier.« Er machte eine Kopfbewegung zu dem Tisch, an dem die Zuhälter noch vor einer Stunde Karten gespielt hatten. Sie setzten sich in diese Ecke, und beide waren plötzlich sehr nüchtern. Die Weiber protestierten. »Es dauert nicht lange«, schrie Kilian, und sie sollten das Maul halten, wenn Männer geschäftlich zu reden hätten. Die Zuhälter spitzten die Ohren, verstanden aber nichts, denn der Professor und sein Schulfreund unterhielten sich sehr leise. »Du Schwein hast mich reingelegt«, flüsterte Erich. »Es gibt ein zweites Notizbuch von Rossmanek, und du hast es. Du glaubst, der alte Kilian ist total verblödet vom Suff. Was hast du überhaupt vor?«
    »Ich?« fragte Bill.
    »Du Hurensohn! Du hast mir gesagt, die Rossmanek-Papiere interessieren dich nicht mehr. Du lügst, du spielst irgendein dreckiges Spielchen mit mir. Du hast meine Übersetzungen gelesen. Du weißt, was in den Papieren steht. Deinen Freund hat man deswegen umgebracht.«
    »Ja«, sagte Bill.
    Kilian schob seine rechte Hand in die Rocktasche. »Was stimmt also jetzt. Bist du noch im Geschäft,

Weitere Kostenlose Bücher