Das Arrangement
und zwar mehr, als ich dir sagen kann.”
Julia lächelte erfreut. “Darling, es wird schon alles gut werden. Du hast Schreckliches ertragen müssen, ich weiß, aber versuch nicht, es noch schlimmer zu machen.”
Marnie nickte. Ihr zuzustimmen, war sicher die einzige Möglichkeit, Julia in ihrer überdrehten Fröhlichkeit etwas zu dämpfen. Sie hatte sich offensichtlich fest vorgenommen, optimistisch zu sein und fest daran zu glauben, dass der Anwalt, den sie für ihre Tochter engagiert hatte, Wunder vollbringen konnte. So fähig wie der Verteidiger sei, so fadenscheinig sei die Beweisführung der Staatsanwaltschaft.
Marnie nahm an, dass dieses Verhalten normal für eine Familie war, die eine Krise durchmachte, vor allem wenn es sich um eine so stinkreiche Familie handelte. Sie rückten zusammen und schirmten sich gegen die Außenwelt ab. Doch sie reagierte eben anders. Am liebsten hätte sie allen hier den Rücken gekehrt und sich irgendwo verkrochen, und zwar allein. So hatte sie es in ihrem Leben bisher immer getan. Sie fühlte sich von diesem Korpsgeist der Fairmonts regelrecht bedroht, zumal sie ja nicht wirklich ihre Familie waren – und diese Bombe könnte jeden Moment platzen. Jederzeit könnte das Telefon klingeln …
Fast wünschte sie, es wäre endlich so weit.
“Wein?” Julia hielt ihr die Flasche hin.
“Ja, gern.” Marnie hob ihr Glas, und Julia stand auf, um ihr einzuschenken. Vielleicht sollte sie sich einfach betrinken. Das schien ja offensichtlich bei den anderen zu funktionieren.
“Hast du schon was von deinem Mann gehört?”, wollte Bret wissen.
Marnie ignorierte ihn einfach. Sie war stolz auf sich, dass sie nicht mehr ständig nach dem Köder schnappte, den er ihr hinwarf. Er wusste ganz genau, dass Andrew sich nicht gemeldet hatte. Es gefiel ihm nur, das Messer noch ein bisschen in der Wunde zu drehen. Sie steckte ihre Gabel in ein Stück Lachs und schob es auf ihrem Teller hin und her. Die ersten Bissen waren köstlich gewesen, aber sie hatte überhaupt keinen Appetit.
“Vielleicht sollte ich Rebecca etwas hochbringen?”, schlug sie vor. “Sie hat bestimmt Hunger.”
“Das mache ich später”, sagte Julia. “Bei der Gelegenheit kann ich mich gleich mal ein bisschen mit ihr unterhalten. Ich fürchte, die Sache geht ihr ziemlich zu Herzen, noch mehr als uns. Die Driscolls halten sich natürlich immer aufrecht – und schließlich fließt ja in uns allen Driscollblut, nicht wahr?”
Sich immer aufrecht halten, das klang nach einem Ausspruch von Julias Mutter Eleanor. Sehr interessant, wie oft sich Julia auf diese Frau bezog, die sie doch angeblich so sehr hasste. Marnie wusste aus erster Hand, dass die Beziehung zwischen Alison und ihrer Mutter kompliziert war. Sicher spielte in dem Verhältnis von Julia zu ihrer Mutter noch mehr mit als bloßer Hass.
“Vielleicht würde es ja etwas helfen, wenn ich mit ihr spreche?”, fragte Marnie. “Falls sie sich um mich Sorgen macht, könnte ich sie beruhigen.”
“Das wäre sehr nett, Alison. Übrigens hast du deinem Bruder nicht geantwortet, als er dich nach Andrew fragte. Ich habe gehört, wie du diesem Detektiv gesagt hast – wie hieß er noch mal, Connelly? –, dass er sich immer noch nicht gemeldet hat.”
Julia wollte heute Abend einfach nicht ihren Mund halten.
“Du kannst dir doch denken”, fuhr sie fort, “dass man nach ihm fahnden wird, wenn er nicht bald auftaucht. Wenn du ihn irgendwie kontaktieren könntest, wäre das sehr gut.”
“Meinst du nicht, dass ich schon längst versucht habe, ihn zu erreichen?”, rief Marnie verzweifelt. Sie musste tief durchatmen, um Ruhe zu bewahren. “Entschuldigung”, sagte sie. “Das ist die Anspannung. Ich habe jeden Tag eine Nachricht für ihn hinterlassen, außerdem eine Meldung auf seinem Pager. Bestimmt wird er bald antworten.”
Sie betete, dass Julia es dabei belassen würde. Marnie glaubte inzwischen nicht mehr daran, dass Andrew sich melden würde – sie hätte sich eigentlich denken können, dass er diese ganzen frommen Versprechen nicht halten würde – von wegen, er wolle sie beschützen und ihre Großmutter suchen. Er hielt es nicht mal für nötig, auf ihre Anrufe zu reagieren. Es gab Momente, da ertappte sie sich sogar bei dem Gedanken, dass es einfacher für sie sei, wenn ihm tatsächlich etwas Schreckliches passiert wäre. Wenigstens hätte sie dann die Gewissheit, dass er sie nicht schändlich im Stich gelassen hatte.
Sie fuhr sich mit der Hand an
Weitere Kostenlose Bücher