Das Arrangement
Sieht so aus, als hätten Mutter und Tochter eine Auseinandersetzung gehabt, und die Mutter hat ihre finanzielle Unterstützung gestrichen – und die Kaution zurückgefordert. Aber das ist noch nicht das Beste.”
Connelly nahm vorsichtig einen Schluck aus einer dampfenden Tasse, deren Inhalt wie richtiger Kaffee aussah. Offensichtlich gab es irgendwo eine Cafeteria für Mitarbeiter, und keiner hatte es für nötig befunden, Tony davon in Kenntnis zu setzen.
“Das Büro der Staatsanwaltschaft behauptet, es gäbe noch einen weiteren Grund, warum die Kaution zurückgezogen wurde.”
Tony stellte die Flasche Wasser ab. “Und?”
“Am Morgen nach dem Mord ist Mrs. Villard mit dem Wagen auf dem San Diego Freeway Richtung Süden unterwegs gewesen, als ihr Bruder sie einholte und überredete, umzukehren. Es könnte ein Fluchtversuch gewesen sein. Außerdem gibt es Filmmaterial, das zeigt, wie sie versucht, einen Reporter umzufahren.”
“Ich denke, da bleibt dir keine andere Wahl mehr”, bemerkte Tony.
Connelly grinste breit, offensichtlich hoffte er, dass ihm dieser Fall die Aufmerksamkeit der Medien brachte – und die Beförderung –, die er so sehr verdiente. “Das denke ich auch.”
Er unterdrückte ein Kichern – ein Geräusch, von dem Tony beinahe übel wurde. Männer, die einen Revolver trugen, sollten einfach nicht kichern. Das empfand er als abartig.
Tony hasste diesen Typen, und er hätte Vince Connelly mit Freuden Sand ins Getriebe gestreut. Aber Alison hasste er auch. Es schien so, als müsse er sich entscheiden, wen er mehr hasste. Diese Wahl war nicht so einfach wie die am Getränkeautomaten.
Marnie lag im Bett und griff noch im Halbschlaf nach der Fernbedienung. Sie hatte mal gehört, Fernsehnachrichten konnten süchtig machen, aber das war eine glatte Untertreibung, wenn man sein eigenes Leben in dem Kasten vorbeiflimmern sah. So ähnlich musste es sich anfühlen, wenn man sich Heroin spritzte. Das Gerät war bereits angestellt, bevor sie überhaupt den Kopf vom Kissen erhoben hatte.
In den Lokalnachrichten gestern Abend war ein Film gelaufen, der zeigte, wie sie versuchte, an den Reportern vorm Tor vorbeizufahren, und in dem Bericht sah es so als, als sei
sie
verrückt und würde auf die Leute keine Rücksicht nehmen, obwohl sie von ihnen bedrängt worden war. Nachdem sie das gesehen hatte, schaltete sie sich verzweifelt durch alle Sender, um einen zu finden, der eine ausgewogenere Berichterstattung brachte. Sie hörte sich jeden Kommentar aufmerksam an, immer in der Hoffnung, mal einen zu erwischen, der den Ansturm der Paparazzi verurteilte, aber in jedem Sender lief der gleiche Bericht, und jedes Mal dieser missbilligende Blick der Moderatoren.
Jetzt war sie nicht nur eine Doppelmörderin, sondern auch noch eine rücksichtslose Autofahrerin.
Sie stopfte sich ein paar Kissen unter den Kopf, um höher zu liegen, und zuckte zusammen, als ihr das grelle Licht, das durch die Glastüren schien, direkt in die Augen fiel. Sie stöhnte laut auf. Der wolkenverhangene Himmel von gestern hatte sich aufgeklärt. Zu dumm aber auch. Dieses Grau hatte viel besser zu ihrer Stimmung gepasst als die pralle Sonne.
Eine Etage tiefer hörte sie jemanden herumwerkeln, wahrscheinlich Rebecca, die in der Küche arbeitete. Marnie würde sich heute Morgen nicht vor Bret und Julia präsentieren. Vielleicht hatte Rebecca ja Erbarmen mit ihr und brachte ihr eine Tasse Kaffee hoch.
Während sie sich durch die Kanäle zappte, fand sie zu ihrer Überraschung nur die üblichen Morgensendungen und Quizshows. Sie deutete das als ein gutes Zeichen. Vielleicht hatte sich ja die Aufregung um ihre Person inzwischen etwas gelegt, sozusagen mit den Wolken aufgelöst. Marnie hatte die ganze Nacht lang darüber nachgegrübelt, wie sie ihre Identität ohne Julias oder Andrews Hilfe beweisen sollte, aber sie war zu keinem Ergebnis gelangt. Ihre Situation schien ausweglos. Wenn Julia nicht mitspielte, war Gramma Jo ihre letzte Hoffnung. Die Idee, die alte Frau der Aufregung des Prozesses auszusetzen, gefiel ihr jedoch gar nicht. Außerdem hatte Gramma Jo zu Recht Zweifel daran geäußert, dass irgendjemand ihrer Aussage Glauben schenken würde.
Marnies größte Sorge galt der Gesundheit ihrer Großmutter. Julia hatte vielleicht die Rechnungen bezahlt, aber ansonsten war ihr Josephine Hazelton vollkommen gleichgültig. Marnie wünschte sich, dass ihre Großmutter wieder in ihr Haus zurückkehren konnte, wo sie ihr ganzes Leben
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