Das Arrangement
verbracht hatte. Doch im Moment konnte sie sich ja nicht einmal selbst helfen, wie sollte sie da etwas für Gramma Jo tun?
Jeder Muskel tat ihr weh, als sie sich aufrichtete und die Beine aus dem Bett schwang. Zumindest fühlte sie sich in ihrem Körper ganz zu Hause. Manchmal, wenn sie in den Spiegel blickte, erkannte sie sich zuerst gar nicht. Es war schon ein seltsames Gefühl, im Leben einer anderen Person gefangen zu sein, ihre Identität anzunehmen. Vielleicht sollte sie sich einfach selbst stellen. Inzwischen mussten sie doch bemerkt haben, dass die Fingerabdrücke nicht übereinstimmten. Das würde immerhin beweisen, wer sie nicht war. Doch dann müsste sie immer noch beweisen, wer sie war. Sie hatte keine Ahnung, wie sie erklären sollte, warum sie Alisons Identität angenommen hatte, ohne Andrew mit in die Sache hineinzuziehen … Obwohl das jetzt wirklich ihre letzte Sorge sein sollte.
Als sie die Füße auf den eiskalten Marmorfußboden setzte, spürte sie die Kälte fast schmerzhaft. Sie durchquerte den Raum, um die Balkontüren zu öffnen, doch auf dem Weg sah sie aus den Augenwinkeln etwas auf der Ablage der Hausbar aufblitzen.
Sie hatte die Ohrringe dort liegen lassen.
Es sind die Villard-Diamanten. Sie sind verflucht.
Marnie fragte sich, wie etwas so Wunderschönes so viel Unheil anrichten konnte. Allerdings hatte die Perfektion dieser Edelsteine tatsächlich etwas Unheimliches an sich. Sie reflektierten das Licht in einem zarten rötlichen Ton, und die gelben Diamanten am Rand glitzerten wie Gold. Das ständige Aufleuchten aus dem Innern der Steine ließ sie fast lebendig wirken.
Sie musste den Schmuck wegpacken, hatte jedoch beinahe Angst davor, ihn zu berühren. Diese ganze Geschichte von einem Fluch war doch nichts als Aberglauben, redete sie sich schließlich gut zu, als sie die Ohrringe nahm, schnell in die schwarze Samtschachtel legte und dann in Andrews Schmuckschatulle verstaute. Nun gehörten sie wieder ihm, irgendwie beruhigte sie dieser Gedanke.
Danach durchquerte sie erleichtert das Zimmer, öffnete die Terrassentüren und genoss die hereinströmende warme Luft und die Ruhe des frühen Morgens. Am Tor standen keine Reporter mehr. Vielleicht hatte sich das Interesse ja tatsächlich gelegt.
Als Marnie ins Bad ging und den Wasserhahn aufdrehte, schallte aus dem Fernseher im Schlafzimmer die Ankündigung von Sondernachrichten. Sie hörte nur mit halbem Ohr hin, während sie sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzte und nach einem Handtuch griff. Sie bekam lediglich mit, dass eine Leiche an die Küste geschwemmt worden war. Neugierig kam sie aus dem Bad, während sie sich das Gesicht trocknete.
Auf dem Bildschirm sah man einen Hubschrauber an einem verlassenen Strand. Darunter konnte man lesen, dass ein Leichnam an eine einsame Küste der Baja Peninsula geschwemmt worden war. Die nächste Szene zeigte ein Untersuchungsteam am Fundort, dazu wurde ein Foto von den menschlichen Überresten eingeblendet.
Die Reporterin kommentierte, dass es sich bei der Leiche um eine blonde Frau handele, an der Reste von schwarzen Textilien gefunden worden seien. Die Leiche sei noch nicht identifiziert worden.
Blondes Haar und schwarzer Stoff.
Marnie fiel sofort das Tagebuch ein, das sie auf der Jacht gefunden hatte, und all die Fotos von Alison, die Andrew geschossen hatte. Sie trug darauf einen schwarzen Badeanzug. Natürlich gab es Millionen von blonden Frauen mit schwarzen Badeanzügen, aber wie viele waren davon mitten im Ozean über Bord gegangen?
Marnie starrte noch immer auf den Bildschirm, als die Sondernachrichten schon längst vorüber waren. In ihrem Kopf schwirrten die Gedanken. Sie war beinahe überzeugt, dass es sich bei der angeschwemmten Leiche um Alison handelte. Marnie musste unbedingt mit Andrew sprechen, doch der rief einfach nicht an und reagierte nicht auf ihre Nachrichten. Auch von jenem Privatdetektiv, den er engagieren wollte, gab es keine Spur.
Draußen setzte sich das Eingangstor in Bewegung. Den Motorengeräuschen nach zu urteilen, kam jemand auf das Grundstück gefahren. Ihr Herz begann zu rasen. In der blinden Hoffnung, Andrew käme zurück, rannte sie auf die Terrasse.
Zu ihrer Erschütterung waren es jedoch zwei Polizeiwagen und eine Limousine, die gerade das Tor passierten. Marnie wurde angst und bange. Sie wusste, warum sie gekommen waren und wen sie abholen wollten.
Aus ihrem Fenster im zweiten Stock von Sea Clouds beobachtete Rebecca, wie Alison von den Beamten
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