Das Arrangement
Beispiel.
“Ich wünschte, ich könnte darauf eingehen, aber das kann ich nicht”, sagte sie entschieden. “Ich weiß, dass es alles so viel leichter machen würde.”
Julia versteifte sich. Offensichtlich war sie es nicht gewohnt, bei jemandem abzublitzen. “Warum kannst du es nicht tun?”
Marnie war überrascht, dass Julia das nicht verstand. “Ich will mein Leben nicht als jemand anders leben, ständig lügen müssen und den anderen etwas vormachen, immer wieder auf der Hut sein müssen, dass ich mich nicht verrate. Keine noch so große Geldsumme kann das ausgleichen. Egal, welcher Situation ich mich stellen muss, ich tu es lieber offen und direkt. Ich weiß, wer ich bin. Vielleicht ist das aus deiner Perspektive nicht viel, aber zumindest kann ich mich darauf verlassen.”
Ohne jede Verbitterung fügte sie hinzu: “Das ist nicht böse gemeint, Julia, aber ich weiß verdammt noch mal überhaupt nicht, wer deine Tochter Alison wirklich war.”
Julia atmete tief durch. “Lass dir bitte etwas Zeit, darüber nachzudenken.”
“Ich brauche nicht darüber nachzudenken.”
“Na gut, dann bereite dich darauf vor, dich folgender Situation
offen und direkt
zu stellen. Ich feure deinen Anwalt und ziehe die Kaution zurück. Viel Glück,
Marnie.”
Gleich nach diesem Schuss ließ sie die nächste Bombe platzen. “Ach, und übrigens hat James heute Nachmittag angerufen. Er sagte, bei der Pistole in deinem Nachttisch handelt es sich eindeutig um die Mordwaffe – und das Labor hat herausgefunden, dass der Knopf, der am Tatort lag, eindeutig zu der blauen Strickjacke gehört – deiner blauen Strickjacke –, die man im Müll hinter dem Haus gefunden hat.” Sie lächelte kalt. “Er meint, die Staatsanwältin verlangt die Todesstrafe. Natürlich ist das nur ein Bluff, aber andererseits … Man weiß ja nie.”
Marnie drehte sich der Magen um. Sie befürchtete, die Krabben und der Spargelsalat würden wieder retourkommen. Sie lehnte sich auf der Couch zurück, atmete tief durch und betete, dass sie sich nicht übergeben musste. Julia spielte ein skrupelloses Spiel mit ihr, aber das durfte sie nicht weiter verwundern. Nichts, was sie tat, durfte sie verwundern. Die Frau hatte eine Menge zu verlieren.
Julia ging zur Tür und blieb stehen, als sie die Koffer entdeckte, die Marnie bereits aus dem Schrank geholt hatte. “Koffer?”
“Ich bin auf dem schnellsten Wege draußen”, versicherte Marnie ihr. “Gib mir eine Stunde, mehr benötige ich nicht.”
“Die Presseleute sind immer noch da draußen. Wenn sie dich mit dem Gepäck aus dem Haus gehen sehen, erregt das Aufsehen. Ich denke dabei nicht allein an mich, wirklich. Das wäre auch für dich ungünstig. Sie werden dich verfolgen und dir die Hölle heiß machen.”
Da hatte sie wohl recht, vor allem, wenn man bedachte, was vorhin bei ihrer Rückkehr nach Hause los gewesen war. “Was schlägst du vor?”
“Bleib hier, bis sich alles etwas beruhigt hat. Und erzähle keinem dieser Geier, wer du wirklich bist. Wenn du dein Geheimnis nicht deinetwegen bewahren willst, dann tu es für mich.”
“Warum sollte ich irgendetwas für dich tun?”, fragte Marnie.
“Weil ich deine Mutter bin.”
“Du warst mir nie eine Mutter und wirst es auch nie sein. Ich bin dir nichts schuldig.”
Einen kurzen Moment erschien ein verletzter Ausdruck auf Julias Gesicht, bevor sie wieder ihre unbewegte Maske aufsetzte. “Ganz wie du wünschst”, sagte sie und verließ das Zimmer.
31. KAPITEL
T ony betrachtete das Angebot der Getränkemaschine voller Abscheu. Wenn es um den Geschmack ging, könnte er eigentlich gleich eine Flasche Wasser nehmen. Er fischte ein paar 25-Centstücke aus seiner Tasche und warf sie in den Schlitz. Kurz darauf saß er in Vince Connellys Büro, trank bedächtig aus seiner Wasserflasche und wartete darauf, dass Connelly seinen dicken, fetten Arsch endlich in Bewegung setzte und das Telefongespräch beendete. Er hatte Tony noch nicht mal zur Begrüßung zugenickt. Das war einfach nur unhöflich.
Schließlich legte Connelly den Hörer auf. “Eine interessante Wendung im LaDonna-Jeffries-Fall”, sagte er und sah aus wie die Katze, die den Kanarienvogel am Gefieder gepackt hatte und sich nun auf ein Festmahl vorbereitete. “Das war die Staatsanwältin. James Brainard ist nicht mehr Alison Villards Verteidiger.”
“Und wer ersetzt ihn?”
“Niemand. Mrs. Villard muss sich selbst einen Anwalt suchen oder einen Pflichtverteidiger nehmen.
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