Das Arrangement
saßen.
Marnie stand von dem kalten Beton auf und lief in der winzigen Zelle wie ein gefangenes Tier auf und ab. Alles um sie herum fühlte sich so unwirklich an, vor allem aber sie selbst. Keiner der Fairmonts hatte sich gezeigt, als man sie heute Morgen in Handschellen abgeführt hatte. Im Haus war alles ruhig gewesen, keine Spur von Julia oder Bret, nicht mal von Rebecca. Als wenn sie gar nicht existierten.
Marnie griff sich an die Kehle. Es war ein Reflex, den sie einfach nicht bezwingen konnte. Jedes Mal erschrak sie aufs Neue, wenn sie feststellte, dass ihr Glücksbringer nicht mehr da war. Ihr wurde heiß, und sie hatte das Gefühl, als müsse sie ersticken. Ihre einzige Hoffnung war nun, dass der Leichnam, der in Mexiko angeschwemmt worden war, als Alison Fairmont identifiziert werden konnte. Wenn sie es in diesem Betonkäfig noch eine Weile aushielt und sich ruhig verhielt, würde sie vielleicht nichts mehr beweisen müssen. Das würde sich dann von selbst erledigen.
Bret war nicht in seinem Zimmer, aber Julia merkte, dass etwas im Gange war, als sie die geöffneten Schrankschubladen und die auf dem Bett verteilten Kleidungsstücke erblickte. Zwei Sommeranzüge hingen auf dem Kammerdiener, und mehrere Paar Schuhe waren aus dem Schrank sortiert.
Er wollte weg. “Bret? Bret! Wo bist du denn?”
Sie fand ihn in der Küche, wo er telefonierte und sich aufgeregt mit der Person am anderen Ende der Leitung unterhielt. Als sie hereinkam, machte er mit einer Hand das Daumen-hoch-Zeichen und formte mit den Lippen: “Ich hab den Job.”
Er strahlte die ganze Zeit während des Telefonats. Julia konnte sich nicht erinnern, wann sie ihn je so glücklich gesehen hatte. Es tat ihr in der Seele weh, seine Pläne durchkreuzen zu müssen.
“Ich muss mit dir reden”, flüsterte sie und benutzte dabei Handzeichen, um ihm ihr Anliegen verständlich zu machen.
Er nickte und verabschiedete sich rasch von seinem Gesprächspartner. Während er das Handy ausstellte, berichtet er Julia aufgeregt von den Einzelheiten seines neuen Jobs bei der Zeitschrift, der einen Umzug nach New York beinhaltete.
“Ein ehemaliger Kommilitone von der U.S.C. wohnt in Manhattan”, erklärte er ihr. “Bei dem kann ich erst Mal unterkommen, bis ich selbst was gefunden habe. Das ist echt cool von ihm. In Manhattan findet man kaum noch Wohnungen. Ich habe schon angefangen zu packen und einen Flug reserviert …” Er verstummte und sah sie fragend an. “Was ist denn los? Du scheinst dich ja nicht gerade über die guten Nachrichten zu freuen.”
“Bret, ich freue mich wirklich über deinen Job. Ganz ehrlich, aber du musst unbedingt den Zeitpunkt dafür ein bisschen verschieben. Wir befinden uns in einer echten Krise, und ich brauche dich hier in Kalifornien.”
Er riss wütend die Arme nach oben. Dann zog er eine Schranktür auf und knallte sie so heftig wieder zu, dass die Glastüren leise klirrten. “Du kannst das nicht schon wieder mit mir machen! Immer beschwerst du dich und mäkelst rum, weil ich nicht arbeite, aber jedes Mal, wenn ich einen Job in Aussicht habe, sabotierst du ihn. Ich will diesen Job wirklich. Und ich habe es verdammt noch mal verdient!”
Er drehte sich wutschnaubend zu seiner Mutter um. “Es geht um Alison, oder? Rebecca hat mir erzählt, dass die Cops da waren und sie abgeholt haben. Sie ist diese Scheißkrise, so wie immer.”
“Nein, es geht nicht um Alison. Sie ist es nämlich gar nicht. Du hattest recht, was das angeht.”
Er blickte sie misstrauisch an. “Wovon redest du denn?”
Julia sehnte sich nach einem Drink, damit ihre Stimme nicht mehr so zitterte, aber sie hatte vor einer Stunde beschlossen, nicht mehr zu trinken. Diese Geschichte war erledigt. Kein Alkohol und keine Pillen mehr. Irgendwie musste sie das hier nüchtern durchstehen.
“Setz dich”, sagte sie, inzwischen etwas strenger. Er war das einzige Familienmitglied, das ihr noch blieb. Jedenfalls das einzige, das sie anerkennen konnte, und er würde verdammt noch mal hier bei ihr bleiben und ihr beistehen, denn genau das taten Familienmitglieder nun einmal füreinander.
Bret zog frustriert die Stirn in Falten, aber er hievte seinen Allerwertesten auf die Küchentheke und hörte zu. Sein Gesicht hellte sich allerdings auf, als er von der Betrügerin in ihrer Mitte erfuhr. Julia beschrieb Marnies und Andrews Machenschaften in den schillerndsten Farben, beginnend mit Butchs Überfall auf Marnie bis hin zu einer Schilderung des Streits,
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