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Das Aschenkreuz

Das Aschenkreuz

Titel: Das Aschenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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«… die Totenwache beim Hannes gehalten. Ich wollte auch kommen. Aber Diebold – sein Bruder –, er hat mich nicht zu ihm gelassen.»
    Schon stiegen ihm wieder die Tränen in die Augen. Eine Welle von Mitleid erfasste Serafina. Sie strich ihm übers Haar.
    «War der Hannes dein Freund?»
    Jodok nickte stumm. Dann brach es aus ihm heraus.
    «Ich versteh das alles nicht. Hannes war immer so lebensfroh, so lustig gewesen. Er war für jeden Spaß zu haben.»
    «Aber Diebold sagt, er sei todunglücklich in seine Braut verliebt gewesen.»
    «Was für ein Unsinn! Hannes wollte unbedingt Priester werden, der hatte mit Mädchen nichts im Sinn. Eher umgekehrt wird ein Schuh draus: Dem Diebold seine Braut ist dem Hannes nachgestiegen wie eine läufige Hündin. Das hat den Diebold zuletzt fuchsteufelswild gemacht.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 8
    D as Unwetter vor zehn Tagen und der ansonsten viel zu trockene Frühsommer hatten ihre Spuren im Garten hinterlassen, und es gab einiges tun. Die Erbsen und Bohnen, die Serafina im Mai gesteckt hatte, waren zwar recht schnell zu Schösslingen gekeimt, aber was da jetzt an halbwelken Büschen vor ihr im Beet stand, war mehr als kümmerlich. Bei den Kräutern und im Rübenbeet sah es nicht viel besser aus.
    Wenigstens die Kirschen kamen gut in diesem Jahr. Die meisten Früchte leuchteten bereits tiefrot im Blattwerk, und nun war es an der Vogelscheuche, ihrer Aufgabe nachzugehen und die räuberischen Vögel zu verjagen. Mit viel Spaß hatten Grethe und sie diesen hölzernen Kerl gebastelt und am Ende Wendelin getauft, auf den Namen des Schutzheiligen für eine gute Ernte. Wendelin trug über dem Lattenkreuz eine ausgemusterte graue Kutte, an die sie bunte Bänder genäht hatten, die jetzt lustig im Wind flatterten. Der Strohkopf war mit Leinen überzogen und einem roten Wollschopf versehen, und die gute Adelheid hatte nach vielem Bitten und Betteln ein äußerst grimmiges Gesicht darauf gemalt.
    Serafina nahm die Hacke zur Hand und lockerte verbissen das harte Erdreich. Wie eine dicke, beinharte Kruste umgab es die Pflanzen. Hatte sie den Boden vielleicht nicht genügend vorbereitet?
    Für gewöhnlich, wenn sie allein in ihrem Garten werkelte, fühlte sie sich frei von allen Sorgen und Ärgernissen. Heute indessen kam sie nicht heraus aus ihren Grübeleien. Seit dem Gespräch mit Jodok letzten Freitag ließ ihr das Schicksal des jungen Hannes erst recht keine Ruhe mehr. Was der Ministrant über Hannes’ Bruder Diebold gesagt hatte, entsprach genau dem ersten Eindruck, den sie selbst im Hause Pfefferkorn von ihm gehabt hatte: ein aufbrausender, selbstsüchtiger Bursche, eitel und putzsüchtig obendrein. Und hatte Pfefferkorns Köchin ihn nicht auch als jähzornig beschrieben?
    Ein ganz und gar ungeheuerlicher Gedanke ergriff von ihr Besitz.
Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: Lass uns aufs Feld gehen. Und es begab sich, als sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot.
    Serafina schüttelte den Kopf. Nein, so etwas durfte sie nicht einmal zu denken wagen. Sie kannte weder Diebold noch seinen Bruder, und schon der bloße Verdacht in diese Richtung war mehr als eine Anmaßung. Und doch kam sie nicht mehr davon los.
    Mit einem unterdrückten Ächzen richtete sie ihren steifen Rücken gerade. Ihr war ganz plötzlich ein Einfall gekommen. Wo würde der Kopf eines Menschen sich verletzen, wenn er in heftiges Pendeln geriet? Mit Wendelins Hilfe war es ein Leichtes, dies herauszubekommen.
    Entschlossen betrat sie das Halbdunkel des Geräteschuppens und suchte einen kräftigen Strick und eine ausreichend lange Dachlatte heraus. Damit stellte sie sich unter den alten Apfelbaum, der kaum noch Früchte trug, aber dafür einem Teil des Gartens seinen Schatten spendete. Einer seiner knorrigen Äste ragte fast waagerecht vom Stamm weg. Vor allem aber: Er befand sich in etwa derselben Höhe wie der Querbalken des Scheunentores.
    Sie versuchte sich vor Augen zu rufen, wie breit das Tor gewesen war, und lehnte die Latte in vier Schritt Abstand vom Stamm gegen den Ast. Dann holte sie die Holzkiste, auf der sie sich auszuruhen pflegte, und stellte sie hochkant unter den Baum. Als Letztes versuchte sie Wendelin aus dem Erdreich zu zerren, was sie einiges an Kraft kostete.
    «Gott zum Gruße, Schwester Serafina!»
    Erschrocken drehte sich Serafina um. Am Zaun stand eine der Dominikanerinnen von Sankt Agnes, die in der Lehener Vorstadt ihr Kloster hatten,

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