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Das Aschenkreuz

Das Aschenkreuz

Titel: Das Aschenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Fischbrunnen nicht die beiden hübschen, blondlockigen Knaben, die den Messdienst übernommen hatten? Sie hielt Grethe am Arm fest.
    «Wartest du einen Augenblick?»
    Dann war sie auch schon davongeeilt.
    Die beiden Jungen blickten mehr als erstaunt auf, als Serafina sie ansprach. «Seid ihr nicht die beiden Enkel der Beutlerin?»
    «Wer will das wissen?», fragte der eine und betrachtete sie abschätzig. Er wie sein Bruder hatten dem knabenhaften Aussehen zum Trotz bereits einen vorwitzigen, fast schon durchtriebenen Ausdruck im Gesicht.
    «Ich bin Serafina von den Schwestern zu Sankt Christoffel und habe euch bei der Blutwundermesse gesehen.»
    «Ja und?»
    «Dann kennt ihr auch Jodok.» Der Junge blickte zu Boden. «Wisst ihr, warum er vom Altardienst ausgeschlossen wurde?»
    Unwillig zuckte er die Schultern. «Wahrscheinlich, weil er sich so schludrig angestellt hat. Was kümmert’s mich?»
    «Eine alte Heulsuse ist er», warf der andere ein und fläzte sich mit gespreizten Beinen gegen den Brunnenrand. «Noch ein richtiger Bettseicher.»
    Serafina spürte, wie das großspurige Gehabe der beiden Brüder ihr gegen den Strich ging. Dennoch wollte sie nichts unversucht lassen.
    «Und für euch ist das nun eine richtige Ehre, vom Ratsherrn Nidank auserwählt zu sein, nicht wahr?»
    «Der Nidank weiß eben, wer von uns Jungs das Zeug dafür hat.» Der Erste grinste breit. «Und großzügig ist er obendrein.»
    «Mit Geschenken?»
    «Das geht Euch einen feuchten Kehricht an, denk ich.»
    «Hör mal, du Milchbart», sie strich ihm über die Locken, «vielleicht lernst du erst mal, dich gegenüber einer erwachsenen Frau zu benehmen, bevor du am Altar dem Herrgott dienst. Und eurer armen Großmutter könntet ihr auch hin und wieder helfen. Ansonsten möchte ich euch beiden Knaben was mit auf den Weg geben: Lasst euch nicht kaufen, auch nicht von einem Ratsherrn Nidank. Ihr könntet es bitter bereuen.»
    Mit diesen Worten ließ sie die Brüder stehen und kehrte zu Grethe zurück, ohne viel Hoffnung, mit ihrer Warnung etwas bewirkt zu haben.
    «Was hattest du denn mit diesen beiden Tunichtguten zu schaffen?»
    Serafina zögerte. Nein, sie wollte die Freundin da nicht mit hineinziehen.
    «Ich hab sie ermahnt. Wegen der Beutlerin», erwiderte sie gedrückt.
    Den Rest des Weges legten sie schweigend zurück. Als sie das Brunnengässlein erreicht hatten, fragte Grethe: «Was hast du nun vor? Wegen Barnabas, meine ich.»
    Serafina zuckte die Schultern. Sie fühlte sich mit einem Mal unendlich müde. «Ich weiß es nicht. Wenn man ihn zur peinlichen Befragung holt, ist ohnehin alles zu spät.»
    Grethe legte ihr den Arm um die Schulter. «Wir müssen zur Meisterin und berichten. Jetzt gleich, noch vor der Frühmesse.»
    «Ich weiß. Sie hat mich allerdings gebeten, allein zu kommen.»
    «Ohne mich? Warum das denn?»
    Ja, warum nur? Jetzt erst war ihr Catharinas Anweisung, die sie völlig verdrängt hatte, wieder in den Sinn gekommen. Das konnte nur mit dem vermaledeiten Liebesbrief zu tun haben. Wahrscheinlich hatte dieses Schandmaul Heiltrud doch gepetzt! Aber das sollte ihr nun auch gleichgültig sein. Sie würde einmal mehr lügen müssen und der Meisterin gegenüber behaupten, dass diese trunkenen Liebesworte allein der Phantasie eines jungen, törichten Verehrers entwachsen waren, der sie in ihrer Schweizer Dienstzeit gehörig belästigt habe. Und nachher, in der Kirche, würde sie ihre Lüge dann beichten.
     
    Es war noch so früh am Morgen, dass ihre Mitbewohnerinnen eben erst aufgestanden waren und in ihren Nachthauben umherhuschten. Nur Catharina war bereits fertig angekleidet. Ihre Tür stand halb offen, und Serafina konnte sehen, wie die Meisterin vor dem Kruzifix an der Wand kniete und betete. Sie wartete, und dabei fiel ihr ein, dass sie selbst ihr Morgengebet wieder einmal vergessen hatte.
    Nachdem Catharina sich bekreuzigt hatte, rief sie: «Komm doch herein, Serafina», und Serafina betrat die Kammer.
    «Setz dich.» Die Meisterin wies auf den einzigen Stuhl und blickte sie erwartungsvoll an. Doch Serafina blieb stehen.
    «Barnabas ist verloren», brach es dumpf aus ihr heraus. «Sie haben ihm schon die Marterinstrumente vorgeführt, und jetzt ist er im Spitalsloch.»
    «Allmächtiger!» Catharina schlug die Hände vor der Brust zusammen. «Dann habt ihr ihn gar nicht angetroffen?»
    «Nein. Es ist alles so furchtbar. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, diesen Turmwart Endres zu bestechen.» Sie legte die

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