Das Aschenkreuz
vorzubereiten? Ich bin spät dran, wegen dem Berg Wäsche, den ich noch zu machen hatte.»
Heiltrud war alles andere als eine begnadete Köchin, und Serafina verzog das Gesicht.
«Na gut. Fangen wir gleich an.»
Sie folgte Heiltrud in die Küche, wo ein Haufen Gemüse auf dem Tisch lag. In einem der Töpfe auf dem Herd schmorte schon ein halbes Huhn.
«Wir haben uns übrigens alle sehr gewundert …» Heiltrud reichte ihr ein Messer, und Serafina setzte sich auf einen der Holzschemel. «… warum du vorhin wie eine Unsinnige davongerannt bist. Die Meisterin war darüber reichlich ungehalten.»
«Ich werde es ihr hernach erklären.»
Heiltruds Blick wurde lauernd. Dann sagte sie langsam, wobei sie jedes Wort betonte:
«Wer weiß – vielleicht bist ja allein
du
damit gemeint gewesen?»
Serafina fiel das Messer aus der Hand. «Bist du jetzt vollends närrisch geworden? Was soll das?»
«Ich hab mir halt so meine Gedanken gemacht. Vielleicht war der Schmierfink ja einer deiner enttäuschten Liebhaber?»
«Potzhundertgift! Dass dich die …»
«Du sollst nicht fluchen! Und lass es dir gesagt sein: Ich hab gute Gründe für meinen Verdacht.» Sie zog ein vergilbtes Blatt Papier aus der Tasche. «Soll ich das hier den anderen zeigen?»
Der Brief von Thidemann! Gütiger Herr im Himmel, warum nur hatte sie das Schreiben des jungen Ritters nicht sorgfältiger vor Heiltrud versteckt? Oder noch besser gleich vernichtet? Jetzt könnte sie sich ohrfeigen dafür. Dumme Gefühlsduseleien hatten sie veranlasst, ihn aufzuheben und mit nach Freiburg zu nehmen – und das nicht etwa, weil sie an Thidemann gehangen hätte. Es war nur so, dass sie über die schönen Liebesworte so gerührt gewesen war, dass sie sich einfach nicht davon zu trennen vermochte.
Sie riss Heiltrud das Papier aus der Hand.
Meine geliebte Serafina, du schönste aller Frauen!
, stand da in schwungvoller Schrift zu lesen.
In deinen Armen möcht auf ewig ich verweilen, an deinem weißen, festen Busen, an deiner warmen, zarten Haut. Du schönste aller Frauen, mit deinen Augen voller Glut, den Brauen wie der Sichelmond gewölbt, dein dunkles Haar, viel weicher noch als Seidentuch aus Chinaland. Und erst dein Mund mit diesen vollen Lippen, feucht und rot wie die Korallen, die das Meer umspült. All das muss ich nun lassen, ich bedauernswerter Mann. Doch ich komm wieder, meine Liebe. Bald schon komm ich wieder. Dein Thidemann von Lützelbach.
Thidemann von Lützelbach war ihr Lieblingsfreier gewesen, fast so etwas wie ein Freund, und keiner konnte seine Schmeicheleien in so wunderbare Worte fassen wie dieser junge Ritter. Kurzerhand knüllte sie das Papier zusammen und warf es in den Ofen.
«Dann hast du also wieder in meinen Sachen herumgeschnüffelt?»
«O nein, das musste ich gar nicht. Ich habe die Betten abgezogen, und dabei hab ich es unter deiner Strohmatte gefunden.»
Serafina lehnte sich zurück. Erst der Schrecken mit der Wandschmiererei, jetzt dieser Brief. Und zu alledem quälte sie die Scham darüber, dass sie Adalbert Achaz zu Unrecht verdächtigt hatte. In ihrem Kopf drehte sich alles.
«Hast du … hast du den Brief der Meisterin gezeigt?», fragte sie Heiltrud. Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme zitterte.
«Ich wollte zuerst eine Erklärung von dir.»
«Weißt du was?» Serafina sprang so unvermittelt von ihrem Schemel auf, dass er laut polternd zu Boden ging. «Mein Leben geht dich überhaupt nichts an! Und deinen Mist hier …» Sie zeigte auf das Gemüse. «… kannst du allein fertig machen.»
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Kapitel 20
A m Montagmorgen erwachte Serafina noch vor dem ersten Hahnenschrei. Heute war der alles entscheidende Tag. Es musste ihr einfach gelingen, zu Barnabas vorgelassen zu werden.
Am Vorabend hatte die Meisterin sie mit ernster Miene gebeten, gleich nach ihrer Rückkehr vom Turm bei ihr zu erscheinen. «Allein, ohne Grethe», hatte sie gesagt. «Ich möchte einige Dinge mit dir bereden.»
Jetzt kleidete Serafina sich in Windeseile an und huschte in die Kammer nebenan, um Grethe wach zu rütteln.
«Los, steh auf. Wir müssen zu Barnabas.»
«Es ist ja noch kuhdunkel», murrte ihre Freundin verschlafen, schälte sich aber dann doch aus ihrer Decke.
Draußen im Hof schlug ihnen die Kühle der Nacht entgegen, doch die rosenfarbenen Wolkenfetzen, die über der stillen Stadt lagen, verrieten, dass es bald Tag sein würde. Hie und da klappten die ersten Läden der Werkstätten auf,
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