Das Attentat - 0
Er konnte ihnen nicht die Wahrheit sagen. Wie sollten sie ihm dann je wieder – trauen?
Irgendwas war in seinen Kopf eingedrungen, das stimmte schon. Irgendwas, das so weich und stark und verführerisch war, dass er alles andere vergessen hatte. Jede Loyalität, jede Freundschaft, jeden Eid, den er je geschworen hatte, sogar seine erschreckend intensive Zuneigung zu Jessi Banda.
All das, vergessen. Geblieben war nur seine unbarmherzige Ader des Hasses. Sein Killer-Instinkt. Der Teil seines Charakters, der bewirkte, dass andere ewig auf der Hut vor ihm waren, der Teil seines Charakters, der dafür sorgte, dass Ibram Gaunt ihm nie völlig den Rücken zudrehte.
Der aller-allerschlimmste Teil in ihm. Er war angeschwollen und gewachsen und hatte Geist, Körper und Seele vollkommen übernommen. Für diesen kurzen Moment hätte er mit Freuden alles und jeden getötet.
Dann war es wieder verschwunden, aus ihm geströmt wie eine rasch abebbende Flut.
Ein furchtbarer Gedanke blieb. Wenn es ihm das angetan hatte, was mochte es dann mit anderen anstellen? Wenn es ihn verlassen hatte, wohin war es dann gegangen?
Milo blinzelte wieder, da er kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte. Er war so verdammt müde. Die Wirkung der Berührung der Beati ließ nach, und die Kopfschmerzen kehrten langsam zurück. Stimmen schienen ihn zu rufen wie aus einem Traum, wie vom Rand des Schlafs.
»Alles in Ordnung mit dir, Brin?«, fragte Dremmond.
»Ja, sicher«, sagte Milo.
Trupp zwölf zog sich vorsichtig durch eine Gasse weit unten in Gildenhang zu den Makropoltürmen zurück. Die zweite Linie war weniger durchbrochen, sondern mehr zusammengedrückt worden. Granaten der in den Vororten massierten Feindbatterien sausten über ihre Köpfe hinweg.
Die Sonne ging unter, sie war bereits hinter den Dächern verschwunden. Bis zum Einbruch der Nacht würden sie in den Türmen sein, die Schleusen versiegeln und diese gewaltigen Bauwerke zum Schauplatz ihres letzten Gefechts machen.
Domor hob plötzlich eine Hand, und die Soldaten seines Trupps nahmen automatisch Deckung.
Alle außer der Beati. In strahlenden Glanz gehüllt, ging sie ganz offen weiter die Gasse entlang.
»Runter!«, zischte Milo.
»Gehen Sie in Deckung, Heiligkeit«, fügte Domor drängend hinzu.
Eine Todesbrigade stürmte die Straße. Sie kamen heulend und aus alle Rohren schießend angelaufen. Von den Häusermauern spritzten Steinsplitter in alle Richtungen.
Milo legte an und schoss. Sein Schuss fällte den nächsten eisenmaskierten Blutpakt-Soldaten. Die Männer rings um ihn fingen ebenfalls an zu schießen.
Sabbat wich keinen Fußbreit, und ihr wirbelndes Energieschwert lenkte alle auf sie gezielten Laserstrahlen ab. Sie entleibte die ersten beiden Feindsoldaten, die sie erreichten, und enthauptete den Nächsten.
»Auf sie! Auf sie! Ehrliches Silber!«, brüllte Domor, und der Trupp sprang geschlossen auf und ging rings um die Beati frontal auf den Feind los.
Milo hatte mittlerweile rasende Kopfschmerzen. Er stieß dem nächsten Blutpakt-Soldaten sein am Gewehrlauf befestigtes Kampfmesser ins Gesicht und drehte es mit kurzem Ruck wieder heraus.
Er sah sie. Sie sah so verletzlich aus. Nur ein Schuss. Ein einziger Schuss, und sie würde sterben. Er warf sich der feindlichen Flut entgegen.
Das letzte Tageslicht fiel streifenweise durch die teilweise durch Jalousien geschützten Glaswände des geschlossenen Marktes und blitzte auf Pater Sündes Stahlzähnen, während er seinen Zwillingen beruhigende Worte zuflüsterte. Sie hatten ihre Arbeit getan. Sie waren mit dem Werkzeug verbunden, und mit jedem verstreichenden Augenblick verankerten sie die Aufgabe tiefer und tiefer in seinem Verstand.
Die Zwillinge waren die mächtigsten Psioniker im gesamten Sektor. Alpha-Stufe. Ihrer beider Geist zusammengenommen hatte mehr Macht als alle Astropathen und Psioniker auf Herodor zusammen.
Seine Kinder. Die Kinder der Sünde.
Karess war jetzt untergetaucht, zehn Meter tief in Grundwasser, dessen Strömung stark an ihm zog. Blasen entwichenen Gases funkelten an den Säumen seiner Adamithülle und rings um die perforierten Verkleidungen seiner schweren Waffen. Seine Gehörgänge bebten unter dem Rauschen des Wasserdrucks.
Der felsige Boden des Grundwasserbeckens war weich, und Karess’ gewaltige Hufe wühlten Schlick und augenlose Schlammkreaturen, Bakterien und heißen Schaum auf.
Maschinenschmerz dröhnte durch seine Gestalt. Er überprüfte seine
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