Das Attentat
Lieutenant«,
sagte er ernst. »Bitte, kommen Sie herein.«
»Danke.« Ich trat an ihm vorbei
in den Flur.
»Mr. Grossman erwartet Sie«,
sagte er. »Er ist in der Schatzkammer. «
»Ausgezeichnet, er ist
derjenige, den... In der was?«
»In der Schatzkammer, Sir. Darf
ich Ihnen den Weg zeigen?«
Ich folgte ihm die breite
geschwungene Treppe empor, eine Galerie entlang, deren Wand über und über mit
Bildern behängt war. Vielleicht waren sie unbezahlbar, vielleicht hatte das
Dutzend von ihnen zehn Cent gekostet. Ich konnte es nicht beurteilen, aber
insgesamt entstand der Eindruck, als ob man hier mit zehn Cent nicht sehr viel
hätte ausrichten können. Am Ende der Galerie befand sich eine Doppeltür aus
dunklem massivem Ebenholz. Der Butler blieb stehen und wies mit einer
Handbewegung dorthin.
»Bitte, gehen Sie hinein,
Lieutenant. Mr. Grossman wartet auf Sie.«
Ich blickte ihn eine Sekunde
lang an, trat dann vor und öffnete den einen Flügel der Tür. Mit den Türen in
diesem Haus hatte es seine besondere Bewandtnis: Die letzte, die ich geöffnet
hatte, hatte mich zweitausend Jahre zurückversetzt. Diese versetzte mich aus
der Wirklichkeit in die magische Welt der Fabel und Altertumssage — geradewegs
in Aladins Schatzhöhle.
Auf den ersten Blick wirkte das
Ganze wie der exklusivste Basar der Welt. Ein riesiger höhlenartiger Raum, der
zum Bersten gefüllt schien. Da waren Glaskästen wie die in Gretas Laden, mit
üppigem Samt ausgekleidet, der als Unterlage und Hintergrund für wertvolle
Steine diente — für Hunderte, ja vielleicht Tausende köstlicher Edelsteine, für
Diamanten, Rubine, Smaragde, Perlen, Topase und...
Wohin man blickte, standen
antike Möbel, angefangen von einem Queen-Anne-Tisch bis zu einer Garnitur
Chippendale — von der Einrichtung von annähernd sechs Zimmern im Georgianischen Stil bis zu dem kleinen Tisch, der
zweifellos ein echter Duncan Phyfe war. Die eine Wand war mit Gobelins bedeckt,
die sieben oder acht Jahrhunderte früher im mittelalterlichen Europa gewoben
worden waren. Es gab Seiden und Damast aus dem Osten, zarte Schnitzereien aus
Elfenbein und Jade. An der anderen Wand war eine phantastische, quer durch die
Jahrhunderte führende Waffensammlung angebracht; mit einem schnellen Blick
bemerkte ich eine normannische Rüstung, ein Breitschwert, das einst einem
englischen Puritaner gehört hatte, und ein feines Rapier, das in früheren Zeiten
die Scheide eines französischen Edelmanns geschmückt haben mochte.
Wohin immer man blickte,
überall befanden sich Schätze — so viel Schätze, daß der Raum überfüllt wirkte
und ein Stück sich über dem anderen drängte. Seltenes Porzellan war achtlos auf
einem prächtigen persischen Teppich aufeinandergeschichtet. Ein Buddha aus
Elfenbein saß Wange an Wange mit einem Mandarin aus gehämmertem Gold.
Inmitten all dieser Dinge stand
ein breitschultriger Bursche mit massiger Brust in einem nüchternen
dunkelgrauen Anzug. Das milde Licht einer ganzen Batterie von Lampen, das den
Raum erhellte, ließ die grauen Strähnen in seinem Haar in sanftem Glanz
erstrahlen.
»Kommen Sie nur herein,
Wheeler«, sagte er mit forscher, aber fast freundlicher Stimme. »Was halten Sie
von meinem Trödelladen hier?«
Ich bahnte mir vorsichtig
meinen Weg durch die Schätze, bis ich nahe bei ihm stand.
»Diesmal war Ihr Besuch
angekündigt — im Gegensatz zum letztenmal «, sagte er.
»Suchen Sie noch weiter nach Mädchen, Lieutenant? Glauben Sie vielleicht, daß
ich mir hier einen Harem halte?«
»Wir hatten Lois Teal in einer Hütte in den Bergen oben versteckt«, sagte
ich, »um sicher zu sein, daß ihr nichts zustieße, bevor sie Einzelheiten über
ihre Schwester vor der Grand Jury aussagte. Heute nachmittag fuhr ich mit Miss Waring hinauf — in deren Wagen — ,
und wir nahmen Lois zu einem Picknick mit.«
»Wie hübsch«, sagte Grossman
höflich.
»Jemand hat für eine
Picknicküberraschung gesorgt«, fuhr ich fort. »Er hatte irgendwo in dem Wagen
eine Zeitbombe versteckt, und sie explodierte. Zwei Leibwächter wurden sofort
getötet, aber Miss Waring und ich hatten Glück — wir
waren weggegangen, um einen Spaziergang zu machen, und befanden uns weit vom
Wagen entfernt, als es passierte. Lois Teal hatte
weniger Glück — sie ist schwer verletzt, aber sie wird wahrscheinlich am Leben
bleiben. Wahrscheinlich wird sie für den Rest ihres Lebens entstellt sein, aber
trotzdem wird sie morgen aussagen.«
Grossman wählte eine
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