Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
und Prügelfallen machten die Straßen unpassierbar. (Die einzige Ausnahme bildete die Große Weststraße, an der tolnedrische Legionäre Patrouille ritten, und die offen zu lassen die Asturier sich in einem Geheimabkommen mit Tolnedra verpflichtet hatten.) Asturische Bogenschützen, ohnehin die besten der Welt, vervollkommneten ihr Geschick im Umgang mit der Waffe noch mehr, und der Waldboden war übersät von modernden Gebeinen und rostenden Rüstungen. Umgesiedelte mimbratische Bauern pflügten und säten – dann kamen die Asturier aus den Wäldern und ernteten. Paradoxerweise war es mehrmals erforderlich, in eines der fruchtbarsten Länder auf Erden Nahrungsmittel einzuführen. Die Lage in Arendien blieb unverändert bis zum Jahr 4875, als Kal-Torak über die Berge Ulgolands zog und die arendische Ebene überflutete. Obwohl man hätte erwarten können, daß die asturischen Arender sich in ihren Wäldern verbergen und der Vernichtung der Mimbrater harren würden, war dies doch nicht der Fall. Offensichtlich genügten die Überredungskünste des rivanischen Wächters, um die Asturier dazu zu bewegen, sich den Rivanern und Sendarern auf ihrem Marsch nach Süden zur Schlacht von Vo Mimbre anzuschließen.
ANMERKUNG
Die Schlacht von Vo Mimbre ist das berühmteste Ereignis in der Geschichte der zwölf Königreiche. Die Einzelheiten hinsichtlich Strategie, Taktik und persönlichem Mut der verschiedenen Beteiligten sind nur allzu gut bekannt und machen eine Wiederholung an dieser Stelle überflüssig. An anderer Stelle in diesen Studien befindet sich ein Auszug aus dem arendischen Epos, das sich mit dieser Schlacht befaßt. Obgleich für den tolnedrischen Geschmack etwas zu schwülstig, bietet das Werk dennoch einen verhältnismäßig zusammenhängenden und korrekten Bericht von den Vorgängen. In dieser
Hinsicht unterscheidet es sich von bestimmten Bardengesängen, die förmlich vor Zauberei, Magie und unerhörten Absonderlichkeiten strotzen. Das alles mag für die Unterhaltung von Kindern und ungebildeten Personen angehen, darf in einem Werk, das sich um ernsthafte Wissenschaftlichkeit bemüht, jedoch keinen Platz haben.
Nach der Schlacht von Vo Mimbre fanden sich in wortlosem gegenseitigem Einverständnis der mimbratische König und der Baron, der die Asturier in den letzten Jahren ihres endlosen Krieges gegen die Mimbrater geführt hatte, in einer stillen Senke ein Stück östlich vor der Stadt zusammen. Dort fielen sie ohne ein Wort mit ihren Schwertern übereinander her. Als man sie entdeckte, starben bereits beide an ihren zahllosen Wunden. Die mimbratischen Ritter und die asturischen Waldbewohner hätten zweifellos das Jahrhunderte währende Blutvergießen auf der Stelle wieder aufgenommen, wäre nicht Brand XXXI. der baumlange rivanische Wächter, der soeben den mächtigen Kal-Torak gefällt hatte, rechtzeitig eingeschritten. Die Begeisterung aller Königreiche des Westens über seinen Sieg verlieh seinen Worten sozusagen Gesetzeskraft. Nachdem er sowohl die mimbratischen als auch die asturischen Barone zu sich befohlen hatte, erkannte er rasch, daß der Erbe des mimbratischen Throns ein kräftiger junger Mann und der letzte Sproß des asturischen Herzogshauses ein junges Mädchen war. Daraufhin verfügte er, daß man die beiden miteinander verheiratete, wodurch diese zwei Geschlechter zu einer einzigen Monarchie vereint wurden und der Äonen währende Krieg beendet wurde. Als man ihn darauf hinwies, daß die Heirat zwischen einem Asturier und einer Mimbraterin eher ein Grund sei, einen Krieg zu beginnen, als ihn zu beenden, ordnete er an, daß man die beiden jungen Leute für die Zeitspanne eines Jahres gemeinsam in einem Turm einschlösse. So geschah es, und in den ersten Monaten waren die Schreie der beiden, wenn sie miteinander stritten und rangen, weithin zu hören. Mit der Zeit ließ das Geschrei jedoch nach, und als man sie aus dem Turm entließ, schien das Paar sich damit abgefunden zu haben, zu heiraten und gemeinsam zu herrschen. Wir haben den starken Verdacht, daß diese List auf eine Eingebung der beiden Berater des rivanischen Wächters zurückgeht, ein sonderbares Pä ichtswissenschaft rchen, dessen Identität die Gesch nie ermitteln konnte. Beide trugen die traditionellen grauen Umhänge der Rivaner, jedoch keine Rangabzeichen oder Wappen. Der Mann war grauhaarig und betagt und schien nicht abgeneigt, ein oder zwei Flaschen mit gemeinen Soldaten zu leeren. Die Frau war außerordentlich schön
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