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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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immer Kopfzerbrechen bereitet haben. Ich hab mich die ganze Zeit gefragt, was an Conleys Aufzeichnungen fehlt. Ich habe sie in Singapur gefunden. In dem Haus dieser Suanh Sajang. Wie sind sie dorthin gelangt?“
„Er selbst wird sie mit nach Singapur genommen haben.“
„Natürlich. War eine blöde Frage von mir. Richtig lautet sie: wann? Als Conley hier seinen blutrünstigen Privatfeldzug geführt hat, war diese Frau nicht bei ihm. Der Neunzigjährige in Than Mon hätte es bestimmt erwähnt, wenn eine Frau in Begleitung solcher Männer in dieser gottverlassenen Gegend aufgetaucht wäre.“
Leonards Worte kamen kaum den wild rasenden Gedanken hinterher.
„Suanh bewahrte Conleys Hinterlassenschaft, sehnte seine Rückkehr herbei. Aber als er vor hundert Jahren hier stand, wo wir jetzt stehen, kannte er diese Frau noch gar nicht. Er hat sie erst später in Singapur getroffen. Die eigentliche Frage ist also: Von wo sollte er dann zurückkehren?“
„Es kann demnach nicht Burma gewesen sein. Es schien bis jetzt nur so, weil wir sicher waren, dass er hier begraben liegt.“
„Genau. Und jetzt kommt das Entscheidende. Die Mönche, die Conley getötet hat und denen er den Dolch stahl, waren auf dem Weg hierher. Um die rituelle Reinigung durchzuführen. Und in Willets Aufzeichnungen stand eine Bemerkung, der ich bis jetzt keine Bedeutung beigemessen habe. Drei der Männer waren Malaien!“
Im Licht ihrer neuen Erkenntnis ging Ellen die Bedeutung sofort auf.
„Deshalb ist es ein Kris. Das Auge der Dunkelheit wurde in Malaysia geschmiedet. Und das ist auch die neue Heimat, von der die Inschrift spricht.“
Ebenso wie Burma dehnte sich Malaysia weit genug über den Archipel, um sich dort hoffnungslos zu verirren. Er brauchte einen konkreteren Anhaltspunkt. Einen unangenehmeren Gedanken verscheuchte er. Die Suche zwang ihn, in ein Land zurückzukehren, in dem man ihn wegen Mordes anklagte.
„Gut. Fassen wir zusammen. Conley war hier. Er stand vor dem gleichen Problem. Wie finde ich die Pagode? Er hat seine Suche fortgesetzt, also muss er hier irgendwo einen Hinweis entdeckt haben. Vielleicht in den Inschriften. Ich seh mir noch mal seine Aufzeichnungen an.“
Während Ellen die Innenwände der Halle genauer untersuchte, vertiefte Leonard sich in die Fragmente von Conleys überkochendem Wahnsinn. Von welchem Ende sprach er da? Leonard versuchte, sich ein ungefähres Bild von Conleys endgültigem Schicksal zu malen.
Zunächst brach er nach Singapur auf, lebte dort eine gewisse Zeit. Immerhin hatte er eine Weile in dem Gelben Haus gewohnt. Möglicherweise wartete er die Monsunzeit ab, um weiterreisen zu können. Und so lange tröstete er sich mit seiner Geliebten. Gegen seine Überzeugung, dass es eines weißen Mannes unwürdig war, ihn zu einem charakterlosen Schwächling herabwürdigte. Er lebte im Bewusstsein dieses inneren Widerspruchs. Denn schamvoll verschwieg er diese Episode. Der Grund, warum sich von seiner Geliebten kein Wort in den Aufzeichnungen fand. Und für das Sprunghafte darin. Denn nicht nur die Affäre sparte der Offizier aus, sondern auch seinen rapiden Verfall. Diese letzten, wahnhaften Gedankensplitter dokumentierten nur noch das bittere Ende seiner Qual.
Die Fotografie! Das Bild des gefräßigen Dschungels, die knorrige Hand, die, den Kris haltend, sich wie aus einem Baum ins Freie reckte. Es hielt Conleys erbärmliches Ende fest, ein Abbild seiner bis in die Tiefe verrotteten Seele. Es konnte nur von Easton Collingwood stammen, nach Willets Aussage dem Offizier in fataler Treue ergeben. Vielleicht aus diesem Grund von Conley verschont musste er dem Schlächter bis ans Ende gefolgt sein. Leonard zeigte Ellen die Aufnahme.
„Es ist seine Hand, die den Dolch hält. Ich bin sicher, das ist nicht hier in Burma aufgenommen worden.“
„Das ist irgendwo im Dschungel. Könnte überall sein.“
Im Licht, das durch eine Fensterhöhle fiel, entdeckte sie etwas darauf. „Warte mal. Siehst du das da?“
Im Ufersand des Wasserlaufs stakten drei hölzerne Stäbe. Leonard, den immer nur die magere Hand mit dem Dolch darin anzog, fielen sie erst jetzt auf.
„Es sind Bannpfähle. Um die Geister des Waldes fernzuhalten. Ich hab diese Form schon mal gesehen. Das Völkerkundemuseum in Berlin besitzt welche. Sie stellten einen Sensationsfund dar. Man konnte sie keinem bisher bekannten Eingeborenenstamm zuordnen. Gefunden hat man sie in Borneo. Genauer gesagt, Sarawak.“
Ein weiteres Stückchen dieses

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