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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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Schatten warf ein Gespenst aus der Vergangenheit. Für Sekunden überlagerte sich Conleys Bild mit dem Finneys, als schleiche sich der längst Verstorbene hinüber . Eine schwarze Seele, die in den Mann mit der weißen Navy-Uniform eindrang. Und Kavenay hörte sie flüstern. Der da kommt!

Kapitel 58
    Haben einen weiteren Versuch unternommen, den Batang hinaufzufahren. Völlig ausgeschlossen. Dieser Regen. Habe noch nie so schwarze Wolken gesehen. Rückkehr für heute unmöglich. Wir mussten in einem Dorf am Ufer übernachten. Schreckliche Schreie in der Nacht. Kein Tier verursacht solche Laute. Am Morgen entdeckte ich hinter dem Haus, versteckt im Gebüsch, eine verdreckte Gestalt, kaum mehr als Knochen und Haut. Ein Mann in meinem Alter, irre Augen. Sein ganzer Hals war wund. Man hatte ihn mit einer Kette an eine Palme gebunden. Sie sagen, er sei besessen. Er lebt dort! Frisst aus einem Napf wie ein Köter. Die Wahnsinnigen halten ihn wie ein Tier. Herrgott, die Vorstellung, selbst so zu enden. Sie sagen, solange sie nicht wissen, welcher Geist in ihn gefahren ist, sei es BESSER für ihn. Er winselt und schreit dort jede Nacht. Seit dreizehn Jahren!
L.F.
    In Kuching , der Hauptstadt der Provinz Sarawak, empfingen sie die ersten heftigen Regenschauer. In dieser im steten Wechsel von Licht und Dunkelheit schimmernden Stadt verdichteten sich die bisherigen Ereignisse in Leonard zu einer schleichenden Paranoia. Jede einzelne Episode endete im Terror, nur, um von dem noch gewaltigeren Schrecken der folgenden übertroffen zu werden. Leonard wagte kaum, sich vorzustellen, was nun hier, in Sarawak, auf sie wartete.
Ihr neuer Begleiter, der weise Sen Hong Hoa, trug einen Teil zu seiner wachsender Unruhe bei. Im Camp der DEA-Agenten in Thailand hatte Leonard ihn als ruhigen, warmherzigen Menschen kennengelernt. Sein mildes, von schneeweißem Haar umrahmtes Gesicht stand in starkem Kontrast zu den dunklen Mysterien, in die er eingeweiht war. Wenig davon offenbarte Sen. Aber es reichte, um Leonard den Eindruck eines schwarzen Abgrundes zu vermitteln, in dem er sich rettungslos verlieren würde.
Sie hatten sich entschlossen, die Suche gemeinsam fortzusetzen. Vielleicht, weil Leonard eine starke Hand brauchte nach den traumatischen Ereignissen in Burma, nach Ellens Tod. Vielleicht auch, weil er den Weisen als Ratgeber benötigte, sein Wissen von Nutzen war. Aber gerade durch Sens Anwesenheit sah Leonard sie alle zusätzlichen Gefahren ausgesetzt.
Für sich und Nini mietete er ein Zimmer in einer einfachen Pension am Stadtrand. Und bestand darauf, dass Sen eine andere, weiter entfernte Unterkunft bezog. Ihre Treffen sollten in abseits gelegenen Lokalen stattfinden, die sonst kein Ortsfremder aufsuchte. Wenn dies nicht möglich war, taten sie, als wären sie sich zufällig begegnet und führten nur eine kurze, oberflächlich erscheinende Unterhaltung. Leonard redete sich ein, die Maßnahmen zum Schutz ergreifen zu müssen. Mehr noch aber sollte diese bis in die Lächerlichkeit gleitende Heimlichtuerei seine nackte Angst verbergen. Ihm das trügerische Gefühl von Sicherheit vermitteln. Denn er spürte, wie ein Schatten sich seiner Seele bemächtigte, je näher sie dem Ziel kamen. Von dort draußen kam er, von weit jenseits der Grenzen dieser Stadt, aus den Tiefen des Dschungels. Und er flüsterte von Tod und Verderben. Gleichzeitig zog dieser Schatten Leonard unwiderstehlich an. Er musste dort hinein. Er wollte es.
Nini fühlte diesen entsetzlichen Kampf. Stets blieb sie in seiner Nähe, sich behutsam im Hintergrund haltend. Ihre stille Teilnahme, manchmal unterstützt durch eine sanfte Berührung, spendete ihm das einzige Licht in dunklen Stunden. Leonards Horror verringerte ihre eigene Angst, begann, sie allmählich zu vertilgen. Es baute sich eine ungeahnte Kraft in ihr auf, sogar der Glaube, es würde gut gehen. Nur zur Hälfte ahnte sie die Gefahr, in die sie sich begaben.
    Ihr erster Weg in Kuching führte sie in das Sarawak-Museum. Was sie erfuhren, erschütterte Leonard zutiefst. Und doch barg es jenen Schimmer Hoffnung, der sie tiefer in die Wildnis treiben sollte.
Am frühen Abend fuhren sie in die Vorstadt. Dabei wechselten sie mehrmals das Transportmittel, als wären sie Geheimagenten auf der Flucht. Sie trafen Sen in einem chinesischen Restaurant, das nur aus einer Garküche und blechernen Tischen und Stühlen bestand. Leonard übergab dem weißhaarigen Chinesen Ellens Notizbuch, in das sie die Inschriften des

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