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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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sich der Kräfte seines Feindes, wenn man seine Leber isst. Ein ähnliches Ritual, wie es auch hinter der Kopfjagd steckt.“
„Um Gottes willen, Kopfjagd“, stöhnte Sujardhan auf. „Diese Zeiten sind längst vorüber.“
„Dachte ich auch“, maulte der Doktor.
Der Officer betrachtete den misshandelten Körper des Toten.
„Gandring wurde vor seinem Tod gefoltert.“
„Vielleicht sollte er die magischen Formeln für die Kris-Herstellung verraten.“
„Dieses Wissen kann nur von einem Meister an einen würdigen Schüler weitergegeben werden. Sonst verliert es seine Wirkung. Die Marter wäre in diesem Fall sinnlos. Wenn man an diese Magie glaubt und erst recht, wenn man nicht daran glaubt.“
Welche anderen Geheimnisse also hatte Gandring gehütet? Noch eine Sache gab Sujardhan Rätsel auf.
„Und diese Metzelei hat keiner mitbekommen?“, fragte er laut.
„Niemand wusste, dass er überhaupt wieder zurück ist“, antwortete der Dorfvorsteher und würgte. Die Übelkeit wich nur langsam.
„Gandring ist vor zwei Wochen zu einer Reise nach Burma aufgebrochen. Er muss gestern spät in der Nacht heimgekehrt sein. Ich habe alle gefragt. Keiner hat was gesehen oder gehört.“
Das Übliche, dachte Sujardhan. Und in diesem Fall unerklärlich. Die Schreie des Gefolterten hätte er noch in der Polizeistation hören müssen, selbst in seinem von arrak getränkten Koma. Aber auch er hätte dem Dorfvorsteher auf die gleiche Weise geantwortet. Nichts gesehen und nichts gehört. Es konnte nur eines bedeuten. Das Grauen bohrte sich Sujardhans Herz.
„Gandring hat seine Schmerzen stumm erduldet!“
Einen derart übermenschlichen Willen aufzubringen, verdeutlichte, dass der empu Gandring über größere Fähigkeiten verfügt hatte, als ihm jeder hier im Dorf zugetraut hätte. Kenntnisse, die weit über seine Profession als Schmied hinausgingen. Wenn er ein Geheimnis wahrte trotz dieser bestialischen Behandlung, konnte es nur von außerordentlicher Tragweite sein. Die Täter brauchte er nicht unter den Bauern und Fischern dieses Dorfes suchen. Sie verzettelten sich in ihre alltäglichen Händel und Eifersüchteleien. Manche bedienten sich schwarzer Magie in der Absicht, ihren Kontrahenten zu schaden. Aber Sujardhan hielt keinen von ihnen für fähig, dieses schauderhafte Mahl abzuhalten. Nein, die Mörder stammten von außerhalb.
An diesem Punkt seiner Überlegungen bemerkte er die beiden Fremden, die schemenhaft im Gegenlicht des Hauseinganges standen, wie vom Schicksal hergeführt.
„Darf ich fragen, wer Sie sind?“
„Der empu Gandring stand mir häufiger mit seinem Rat zur Seite“, sagte Mahangir und stellte sich spürbar erschüttert dem Beamten vor.
Sofort ging der Polizist innerlich in Deckung. Eine ähnlich unterwürfige Reaktion, wie sie die Grenzbeamten gezeigt hatten. Wieder deutete es auf den hohen Rang von Leonards Begleiter hin. Offenbar besaß er einen unantastbaren Status. Aus diesem Grund nahm der Officer Leonard in die Zange.
„Das Opfer befand sich bis gestern auf einer Reise, wird am Abend seiner Rückkehr umgebracht und am nächsten Tag kreuzen Sie hier auf.“
Der Polizist verhaftete Leonard mit den Augen.
„Ein komischer Zufall, oder?“
Der Schock über den bizarren Mord verdunkelte noch Leonards Gesicht. Der empu war demselben Mörder zum Opfer gefallen wie der tote Schamane in Laderaum III, aus demselben Grund. Auch ihn umgab das Rätsel um das Auge der Dunkelheit. Nein, es handelte sich nicht um einen Zufall. Aber die Toten warnten ihn davor, die Zusammenhänge zu verraten.
„Das ist richtig. Ein komischer Zufall. Aber ein Zufall.“
Auch wenn sie mit fester Stimme vorgetragen wurden, bezweifelte Sujardhan diese Worte. Es gab einen Grund, warum der anonyme Anrufer am Morgen englisch gesprochen hatte.
„Ayo!“
Der erstaunte Ausruf des Doktors unterbrach seine Überlegungen.
„Was haben wir denn hier?“
Widerwillig unterstützt vom Dorfvorsteher drehte er die Leiche auf den Bauch. Mit einem Lappen wischte er das Blut vom Rücken und legte eine Tätowierung frei. Sie setzte unter den Schulterblättern an und bedeckte als Rechteck den Rücken bis zum fünften Lendenwirbel. In einem kräftigen Blau, als seien sie erst kürzlich angefertigt worden, verbanden sich feine Linien zu geometrischen Mustern. Eine exakte Vergrößerung von Leonards Palmblattstückchen. Bis zu den Schriftzeichen in den Ecken des Quadrates. Bei dem Toten umkringelten sie vier Höcker des

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