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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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Liebhaber seit langem“, sagte sie leise vor sich hin. „Wirklich schade um den Kerl.“
    W ährend die Mündung der Waffe in seine Wange drückte, überflog Leonard seine Chancen. Keine, lautete das niederschmetternde Ergebnis. Er lag nackt im Bett, der 38er steckte in der Tasche vor dem Küchentisch. Auf dem Nachtschränkchen neben seinem Kopf befand sich nicht mal eine Haarnadel, die er zur Verteidigung hätte benutzen können. Behutsam schob er die Hände unter dem Laken hervor. Nur keine Provokation. Das Zittern des Pistolenlaufs zeigte, dass der Typ gefährlich nervös war. Dann drehte er sich, hektische Bewegungen vermeidend, in die andere Richtung. Der Mann mit der Pistole sackte abrupt in sich zusammen.
„Sie?“
Die Stimme hätte Leonard erkennen müssen.
„Guten Morgen, Mister Runciman“, grüßte Leonard.
Der Reedereibesitzer sicherte die Pistole.
„Gestatten Sie mir die Frage, Mister Finney. Was machen Sie in meinem Appartement?“
„Ihr Appartement?“
Noch sperrten sich die Dinge gegen eine Erklärung.
„Ich dachte, dies wäre Lins, also, Miss Langs ...“
Auch Runciman kämpfte noch mit der Bedeutung dessen, was er in seinem Liebesnest vorfand. Ein Mann in seinem Bett, auf Küchenmöbeln und dem Boden verstreute Kleidung. Eine ihm gut bekannte, grünseidene Bluse umwickelte auf obszöne Weise Leonards Hose.
„Lassen Sie mich die Frage anders formulieren“, sagte er trocken. „Was machen Sie mit meiner Geliebten?“
„Sie hat mich reingelegt“, dämmerte es Leonard und griff nach seinem Hosengürtel, der sich um eines seiner Fußgelenke wand. In der Nacht hatte Lin ihn zu einer neckischen Sex-Variante benutzt. Der Reißverschluss auf der Innenseite war geöffnet, das lackierte Palmblattstückchen verschwunden.
„Lin hat Sie reingelegt?“, fragte Runciman spöttisch.
„Würden Sie es mir übel nehmen, wenn ich das ein wenig anders interpretiere?“
Wenn er spitzfindig sein wollte, mühte er sich um eine gewählte Ausdrucksweise.
`Das Biest steckt mit einem meiner Verfolger unter einer Decke.´ Dieser Gedanke schallte glockenhell in Leonards Bewusstsein. Warum lebte er dann noch?
Seine stumme Frage wurde von einem leuchtend roten Pünktchen beantwortet, das über das weiße Bettlaken flickerte, an Runcimans Bein entlang kroch und weiter aufwärts wanderte. Blitzschnell holte Leonard zu einem Tritt aus, der Runciman vom Bett fegte. Krachend schlug er auf das Parkett. Nur eine Sekunde später klatschte das Projektil in das Kopfkissen. Leonard schwang sich zur anderen Seite, polterte auf den Boden und verschwand in einer einzigen Bewegung unter das Bett. Er packte Runcimans Schulter und zog ihn zu sich heran. Erbost wollte der sich wieder befreien.
„Würden Sie mir vielleicht erklären, was das ...“
Eine zweite Kugel fetzte in die Stelle, an der Runciman gerade noch gelegen hatte.
„Schießt da einer auf uns?“, kreischte er entgeistert.
„Sie sollten sich daran gewöhnen, dass Ihr chinesisches Prinzesschen ein dunkles Geheimnis hat“, antwortete Leonard.
„Was reden Sie da für einen Quatsch, Mann?!“
Für gewöhnlich, erklärte Leonard, liege er selten nackt neben einem Millionär unter dessen Spielwiese. Und noch seltener würde er dabei von einem Scharfschützen beharkt.
Das rote Pünktchen wanderte dicht am Bett entlang über den Fußboden.
„Das Palmblatt“, sagte Leonard.
Verständnislos stierte Runciman ihn an.
„Die Schatzkarte. Darum ging es. Sie hat sie mir geklaut. Sie arbeitet noch für jemand anderen. Und ich Idiot hab ihr haarklein erklärt, wie man es entziffert.“
„Sie hat ...?“
Noch wehrte Runciman sich gegen die Wahrheit.
„Gestern. Mag sein, dass Talley die Bullen informiert hat. Aber die anderen hat Ihre kleine Lin herbeizitiert. Das erste Mal sollte ich nur im Knast landen. Inzwischen haben sie es sich wohl anders überlegt.“
Das Pünktchen verschwand.
„Ist er weg?“
Bevor Runciman seinen Kopf hervorstrecken konnte, patschten kurz hintereinander drei Kugeln auf die Oberseite des Bettes. Sie blieben in der Matratze stecken. Leonard schielte zu seiner Seite hervor, konnte durch das Fenster aber nur den Himmel sehen.
„Gegenüber ist noch ein Wohnblock“, sagte Runciman. „Er muss dort oben auf dem Dach sein.“
Diese kleine Sau hat noch das Fenster geöffnet, bevor sie ging, dachte Leonard. So verschaffte sie dem Schützen freie Sicht. Zum Beweis glitt das Licht seiner Zielvorrichtung über den Boden um das Bett

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