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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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ihm beliebte. Und so auch jeder, den er in seinem Namen schickte.
„Er dürfte leicht zu finden sein“, sagte er. „Wie viele Langnasen in seinem Alter, die allein unterwegs sind, mögen wohl in den letzten zwei Tagen in Rangun angekommen sein?“
„Keinesfalls viele, mein Herr“, bestätigte Tan Pai. „Eine Handvoll, vielleicht.“
    „Und wi e viele Hotels, wenn man diese kakerlakenverseuchten Buden so nennen will, gibt es dort?“
    „Auch kaum mehr als eine Handvoll, Herr.“
Chan fixierte seinen Diener wie eine Gottesanbeterin, die sich eine Fliege einverleiben wollte.
„Falls es dir entgangen sein sollte, mein lieber Tan Pai, sind meine Fragen eigentlich keine Fragen. Also hör auf, mir dazwischen zu quatschen, du elende Wanze!“
Mit den Spitzen seiner Finger tippte er behutsam auf das Kästchen vor sich auf dem Tisch.
„Jeder kleine Arsch, der nicht über den Vorzug meiner Verbindungen verfügt, ist gezwungen, sich bei jedem Ortswechsel mit seinem Ausweis hier ab und dort wieder anzumelden.“
Seine Schweinsaugen nahmen Lo Han ins Visier.
„Also braucht nur jemand dorthin zu fliegen und ein wenig herumzuschnüffeln, unter welchem Namen eine gewisse Langnase unterwegs ist. Mit freundlicher Unterstützung der örtlichen Behörden.“
Seine Drogengeschäfte erforderten es, eine Armee von Beamten zu schmieren.
„Diese Wichte füllen sich schon seit geraumer Zeit ihre Taschen mit meinem Geld. Und werden nun dankbar sein, wenn sie jetzt ihre Hände dafür rühren dürfen.“
Chan Khuo hob das Kästchen hoch und schüttelte es. Es klopfte leise darin wie eine Maus, die an die Innenseiten schlug.
„Wie gut, dass wir unsere Ohren überall haben, nicht wahr?“
Dann erhob er sich und schlurfte, auf den Stock gestützt, um den Tisch herum.
„Und bei der Gelegenheit könnte dieser jemand die spärlichen Quellen in Rangun durchforsten auf der Suche nach einem Blackford Conley. Ein Mann, der das Interesse des Engländers geweckt hat. Und damit auch meines.“
    „Darf ich fragen, was Sie suchen? “
Stur sah Leonard an dem Taxifahrer vorbei und reagierte mit Verzögerung.
„Wie bitte?“
„Was Sie suchen.“
„Ja“, murmelte Leonard, „ja, natürlich. Den Friedhof.“
Auf dem Gelände verlor sich ein verwittertes, lagerhallenähnliches Gebäude mit schwarzen Fensterhöhlen und verrostetem Wellblechdach. Auf dem weiten Platz davor lagen verstreut Haufen blank gefahrener Autoreifen, zwischen denen wildes Strauchwerk emporschoss.
„Den alten, britischen Friedhof“, hauchte er tonlos.
„Hätten Sie das nur gleich gesagt“, meinte der Fahrer. „Der existiert schon lange nicht mehr. Man hat ihn geschliffen. Der Alte Mann hasst die Briten. Und alles, was ihn an sie erinnert.“
Mit dem alten Mann, so erfuhr Leonard auf Nachfrage, meinte er den Ersten General der Militärregierung. Niemand nannte ihn beim Namen.
„Aber wo ...?“, wollte Leonard fragen, erkannte aber die Zwecklosigkeit. Nichts war von dem Friedhof geblieben.
„Hatten Sie einen Verwandten, der hier begraben war?“
Die Lüge kam schon routinemäßig.
„Einer meiner Vorfahren. Er ist im Krieg gefallen.“
„Es gibt noch die großen Gräber aus dem Zweiten Weltkrieg. Da kamen die Briten als Befreier. Deshalb sieht der Alte Mann das nicht ganz so eng.“
„Nein, nein. Das ist schon länger her. Etwa hundert Jahre. Er ist wohl durch die Kugel eines Aufständischen zu Tode gekommen. In einem Ort namens Than Mon.“
„Dann lag er ganz sicher nicht hier.“
Verblüfft riss Leonard die Augen auf.
„Than Mon liegt sehr weit oben im Norden. In den Chin-Hills. Das ist ein Bergland an der indischen Grenze.“
Leonards Erstaunen vergrößerte sich noch.
„Woher wissen Sie das so genau?“
Taxifahrer standen nicht eben im Ruf, Horte umfassender Allgemeinbildung zu sein. Er bezweifelte, dass ein Londoner Kutscher auch nur eine leise Vorstellung davon besaß, wo genau die Grenze zu Schottland verlief.
„Ich bin Geophysiker“, meinte der junge Mann munter.
Das selbst gebastelte Auto widersprach ihm. Der Fahrer deutete Leonards verdutzten Blick richtig.
„Warum ich dann Taxi fahre?“
Der Mann zögerte kurz und suchte rasch die Umgebung ab. Dieses scheue -zur Seite sehen- kannte Leonard. Es fand sich nur in Ländern, in denen ein Teil des Volkes darüber schweigen musste, was er dachte. Während der andere Teil sie bespitzelte, ob sie dieses Gebot auch einhielten.
„Hier können Sie nur jemand werden, wenn Sie

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