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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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wunderschönen Teppich aus.
    »Ich weiß dieses Geschenk zu schätzen, Malek al-Said.
    Richte auch deinem Vater meinen Dank aus, Allah möge ihn segnen«, erwiderte der Herrscher und verzog seine schmalen Lippen zu einem dünnen, freudlosen Lächeln. »Doch du kommst heute nicht allein?«
    Malek erhob sich und lächelte ebenfalls, während sich Beatrice noch tiefer verneigte, sodass ihre Stirn beinahe den Boden berührte.
    »In der Tat, o Herr und Beschützer der Gläubigen von Gazna, ich habe einen Freund mitgebracht. Das ist Saddin al- Assim ibn Assim, ein hochgeschätzter Freund unserer Familie. Er hat eine weite Reise auf sich genommen, um Euch seine Dienste als Arzt anzubieten.«
    »Eure Worte sind freundlich, Malek al-Said, doch soll dein Gast für sich selbst sprechen«, hörte Beatrice Subuktakin sagen. »Erhebe dich und schaue mich an, damit ich dir ins Gesicht sehen kann.«
    Und in deine Seele, fügte sie in Gedanken hinzu. Ihr Herz klopfte wie ein Dampfhammer, und sie hätte Wetten darauf abschließen mögen, dass sie in diesem Augenblick alles andere als eine gesunde Gesichtsfarbe hatte. Dennoch schaffte sie es, ihren Kopf zu heben und den Blick des Emirs zu erwidern.
    Schweigend sah er sie an. Seine Augen drangen durch sie hindurch, tastend und suchend wie die Nebelleuchten eines Seenotrettungskreuzers bei Nacht und schlechter Sicht. Und sie hatte nur einen einzigen Gedanken: Hoffentlich durchschaut er mich nicht!
    »Deine Augen sind blau«, sagte Subuktakin schließlich, nachdem eine halbe Ewigkeit verstrichen war. Es klang, als hätte er etwas herausgefunden, was vor ihm noch niemand bemerkt hatte.
    »Ja, Herr«, erwiderte Beatrice und versuchte so unterwürfig und bescheiden wie möglich zu klingen. Sie musste diese
    Prüfung bestehen. Unter allen Umständen. Für Michelle. »Ein Vermächtnis meines Großvaters.«
    Das war noch nicht einmal eine Lüge.
    Subuktakin hob eine Augenbraue. »Du bist fremd in Gazna. Du hast einen ungewöhnlich klingenden Akzent«, fuhr er fort. »Woher kommst du?«
    »Meine Heimat ist Granada, Herr. Ich bin erst vor zwei Tagen mit einer Karawane in Gazna angekommen.«
    »Oh, ein Gast aus dem fernen El-Andalus? Weshalb hast du diese weite Reise auf dich genommen?«
    Hatte Malek das nicht bereits erklärt? Was sollte dieses Katz-und-Maus-Spiel? Hatte Subuktakin sie etwa doch durchschaut?
    Beatrice nahm ihren ganzen Mut zusammen.
    »Meine Familie und die des Teppichhändlers Mahmud von Gazna stehen seit vielen Jahren in enger Verbindung. In jedem Brief war von Euch die Rede, Herr, von Eurer Weisheit und Weitsicht, die Euch veranlasst, Gelehrte aller Wissenschaften an Eurem Hof zu versammeln. Nun endlich, nach Beendigung meiner Ausbildung, kam ich in der Hoffnung nach Gazna, Euch meine Dienste anbieten zu dürfen, Herr.« Malek stieß ihr unmerklich einen Zeigefinger in die Rippen und deutete auf den Teppich. Obwohl sie ihn immer noch fest zusammengerollt unter den Arm geklemmt hatte, hätte sie ihn in der Aufregung fast vergessen. Offensichtlich war jetzt der geeignete Zeitpunkt gekommen, dem Willen des Herrschers mit dem richtigen »Argument« auf die Sprünge zu helfen. »Ich habe Euch dies hier mitgebracht, als Zeichen meiner Verehrung und Hochachtung vor der Größe und Weitsicht Eures Geistes.«
    Sie entrollte den Teppich - und hielt im selben Augenblick vor Staunen den Atem an. Vor ihr lag ein Gebetsteppich, nur wenig größer als eine herkömmliche Fußmatte, und trotzdem war es ohne Zweifel der schönste und wertvollste Teppich, den Beatrice jemals zu Gesicht bekommen hatte. Er war nicht aus Wolle, sondern aus Seide geknüpft, die im Licht der Öllampen sanft schimmerte und glänzte. Die Farben des wunderschönen Musters waren so rein und klar, als wären sie nicht von Menschenhand hergestellt worden. Über die Knotenzahl konnte sie nur vage Vermutungen anstellen, aber sie musste extrem hoch sein. Beatrice schätzte den Wert dieses Teppichs auf mindestens fünfhunderttausend Euro. Auch Subuktakin konnte sich seiner Schönheit nicht entziehen. Der Herrscher erhob sich von seinem Thron, trat näher und befühlte den Teppich. Ein Leuchten huschte über sein Gesicht. Vielleicht sah er sich schon bei der nächsten Gebetszeit auf diesem Teppich knien und Richtung Mekka verneigen.
    Subuktakin nahm wieder auf seinem Thron Platz. Und obwohl er nachdenklich die Stirn runzelte, sah er schon viel freundlicher aus als zuvor. Offensichtlich war das Argument gut gewesen.
    »Du bist

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