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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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kurz, lief leichtfüßig die schmale Holztreppe zu der Galerie hinauf und kam wenig später gemeinsam mit seinem Herrn wieder herunter. Beatrice war fast enttäuscht, als sie sah, dass Abu Rayhan weder einen spitzen Hut noch einen mit Monden, Sternen und anderen geheimnisvollen astronomischen Symbolen verzierten Mantel trug. Er hatte nicht einmal einen langen weißen Bart. Gar nichts an ihm erinnerte an einen Alchemisten oder Zauberer. Im Gegenteil, er sah ebenso normal und unauffällig aus wie jeder beliebige arabische Mann auf der Straße.
    »Ich danke Euch, dass Ihr mir die Ehre erweist, mich zu empfangen, Abu Rayhan«, sagte Beatrice und verneigte sich. Dass man auf Höflichkeit viel Wert legte, galt für Frauen und Männer gleichermaßen. »Mein Name ist Saddin al-Assim ibn Assim.«
    »Es freut mich, Euch begrüßen zu dürfen, Saddin al-Assim«, erwiderte Abu Rayhan und verneigte sich ebenfalls. Doch Beatrice hatte den Eindruck, dass er sie dabei musterte, so als ob er sich über ihr Äußeres wundern würde. Vielleicht vermisste er den Bartwuchs, oder ihre blonden Haare und blauen Augen irritierten ihn. Nun, an erstaunte Blicke würde sie sich wohl oder übel gewöhnen müssen. Dies hier war nicht ihre erste Prüfung und würde mit Sicherheit auch nicht ihre letzte sein. »Kommt und setzt Euch.«
    Er legte ihr eine Hand auf den Rücken - eine intime Geste, die er sich niemals erlaubt hätte, wenn er gewusst hätte, dass sie eine Frau war - und geleitete sie zu einer mit Sitzpolstern ausgestatteten Ecke des Raums. Sie nahmen beide Platz, und Abu Rayhan klatschte zweimal in die Hände.
    »Sala, bring uns ein paar Erfrischungen.«
    »Ja, Herr.«.
    Der Diener verneigte sich und ging zur Tür. Dabei warf er Yassir einen kurzen Blick zu.
    »Herr?« Yassir trat zu Beatrice. »Solltet Ihr meine Dienste zurzeit nicht benötigen, so würde ich ...«
    »Nein, Yassir, ich brauche dich nicht«, sagte Beatrice und fragte sich gleichzeitig, was dieser Blick zwischen den beiden Dienern wohl zu bedeuten hatte. Es war so ein seltsam vertrauter Blick gewesen. »Geh ruhig, vielleicht kannst du Sala behilflich sein.«
    Beatrice sah den beiden kurz nach. Das Lächeln auf Yassirs Gesicht, das Leuchten in seinen Augen, die leichte Röte auf seinen Wangen, die sich, soweit sie es aus der Entfernung erkennen konnte, auch auf Salas Gesicht widerspiegelte - das alles ließ eigentlich nur einen Schluss zu. Auch wenn Beatrice sich darüber wunderte, wie das in einem arabischen Land überhaupt möglich war und was wohl der Emir dazu sagen würde.
    »Man erzählt sich, Ihr seid Arzt«, begann Abu Rayhan das Gespräch, und Beatrice fragte sich, ob er den Blick zwischen den beiden Dienern gar nicht bemerkt hatte oder ob er zu sehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt war, um sich auch noch darum zu kümmern. Er machte einen abgehärmten, müden Eindruck. »Wo habt Ihr Eure Kunst erlernt, Saddin al-Assim?«
    »In Cordoba, Abu Rayhan.«
    »Ja, richtig. Verzeiht, ich vergaß, dass man mir erzählte, Ihr würdet aus El-Andalus stammen. Seid Ihr mit dem Schiff hierher gereist oder ...«
    »Nein, ich kam mit einer Karawane hier an.«
    Er hob überrascht eine Augenbraue.
    »Oh, auf dem Landwege also. Und Ihr habt den weiten, beschwerlichen und gefahrvollen Weg hinter Euch gebracht, um hier am Hofe des Emirs von Gazna zu dienen?«
    »Gewiss«, erwiderte Beatrice. Irgendwie hatte sie den Eindruck, dass Abu Rayhan ihr nicht so recht glaubte. Eigentlich nur verständlich. Für den Weg, den sie angeblich zurückgelegt hatte, hätte sie mit Pferden und Kamelen vermutlich mehr als ein Jahr gebraucht. Abgesehen davon wäre sie unterwegs an Istanbul, Jerusalem, Damaskus und Bagdad vorbeigekommen, Städte, die bereits im Mittelalter Weltstadtcharakter hatten mit Universitäten, die sich vor denen im 21. Jahrhundert nicht zu verstecken brauchten. Kaum vorstellbar, dass sich ein wissbegieriger, verhältnismäßig junger Arzt von diesen Stätten der Gelehrsamkeit abwandte, um sein Heil in einem abgelegenen Provinznest wie Gazna zu suchen. Aber nun war es zu spät. Sie hatte sich für diese Version entschieden. »Ich habe so viel Gutes über den edlen und weisen Herrscher von Gazna, Mahmud ibn Subuktakin gehört, dass die Reise mir der Mühe wert zu sein schien.«
    »Natürlich«, erwiderte Abu Rayhan mit einem dünnen, spöttischen Lächeln. »Vielleicht seid Ihr aber auch nur der Ansicht, dass die Schönheit eines Rubins in der Gesellschaft von

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