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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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dabei lebhaft mit ihren Köpfen.
    »Haut ab!«, schrie Beatrice wütend und warf Steine nach den Vögeln. Allein durch Gesten ließen sich die drei schon lange nicht mehr verscheuchen.
    Allerdings flogen sie diesmal nicht davon wie sonst, wenn Beatrice sie mit Steinen bewarf. Sie wichen nur ein paar Meter weiter zurück und beobachteten sie, neugierig, lauernd. In ihren seltsam kalten Vogelaugen glaubte sie so etwas wie hoffnungsvolle Erwartung zu lesen. Ob die Geier in der Lage waren, den Geruch von Blut und Eiter wahrzunehmen? Wenn sie das konnten, wussten sie bestimmt auch, dass ihr Warten bald ein Ende haben würde. Mit diesem Fuß würde sie nicht mehr in der Lage sein, weit zu laufen. Aus eigener Kraft würde sie keine menschliche Siedlung mehr erreichen können. Und dann konnte ihr nur noch ein Wunder helfen.
    Während Beatrice notdürftig ihren Fuß mit Fetzen aus ihrem Reiseumhang umwickelte und hoffte, dass die Entzündung nicht weiter voranschritt und möglicherweise auf die Sehnen oder gar die Knochen übergriff, haderte sie mit ihrem Schicksal. Sollte es wirklich so weit kommen? Sollte tatsächlich so ein gemeiner, blöder Dorn ihrer Suche nach Michelle ein vorzeitiges Ende bereiten? Außerdem fragte sie sich, weshalb die Pflanzen in dieser unwirtlichen Gegend es überhaupt nötig hatten, Dornen zu entwickeln. Weit und breit gab es keine Tiere, vor deren Fraß sie sich hätten schützen müssen. Oder hatte einfach eine unheilvolle Macht ihr den Dorn in den Weg gelegt, um sie aufzuhalten? Beatrice seufzte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es klang verrückt, aber bei so viel Pech konnte man beginnen, an bösartige Kobolde, Dämonen oder gar den Teufel selbst zu glauben.
    Mit zunehmender Nervosität beobachtete Beatrice die Geier. Es sah aus, als würden sie ihre Köpfe zusammenstecken und sich unterhalten. Ihr unheilverkündendes Krächzen klang in ihren Ohren, als ob sie sich streiten würden. Beatrice konnte sich auch vorstellen, worum es ging. Senge wollte bestimmt schon mit dem Festmahl beginnen, während Dr. Mainhofer ihn auf irgendein Geier-Gesetz verwies, nach dem man doch wenigstens so höflich sein sollte zu warten, bis die Festtagsspeise nicht mehr lebte. Doch plötzlich, wie auf ein geheimes Zeichen hin, hoben die Geier ihre Köpfe und waren still. Nuh II. breitete seine Flügel aus, erhob sich in die Lüfte und flog in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Als er wenig später zurückkehrte, schien er den anderen beiden etwas zu erzählen. Dr. Mainhofer warf Beatrice einen wütenden Blick zu, krächzte einmal und stieg dann gemeinsam mit Nuh II. auf. Nur Senge wartete noch. Er hüpfte näher. Sein schwarzes Gefieder funkelte in der Sonne, sein spitzer, scharfer Schnabel neigte sich ihr bedrohlich entgegen. Beatrice wusste, dass es Unsinn war, dass ein Vogel niemals wirklich solche Gedanken hegen konnte. Trotzdem hatte sie den Eindruck, dass er sie voller Wut und Hass anstarrte. Er stieß ein heiseres Krächzen aus, das beinahe wie ein Fluch klang, dann breitete auch er seine Flügel aus und folgte den anderen. Beatrice sah den Geiern verblüfft nach. Es war kein Zweifel möglich, die drei entfernten sich. Nachdem sie ihr sechs Tage lang hartnäckig gefolgt waren, flogen sie jetzt einfach so davon. Warum?
    Beatrice musste nicht lange auf die Antwort warten. Schon wenig später hörte sie ein gleichmäßiges Donnern. Ein dumpfes Trommeln, als ob ...
    Hufe, dachte Beatrice und lauschte so angestrengt, dass sie am liebsten sogar ihrem Herzen befohlen hätte, mit dem Schlagen auszusetzen. Jetzt glaubte sie sogar ein Schnauben zu hören. Das mussten Pferde sein. Reiter kamen näher.
    »Hallo!«, schrie sie so laut sie konnte und erhob sich. Die
    Schmerzen in ihrem Fuß waren für den Augenblick vergessen. Sie dachte nur noch daran, wie sie die Reiter auf sich aufmerksam machen konnte. Die Angst, dass sie an ihr vorbeiritten, ohne sie zu bemerken, verlieh ihr Kräfte, von deren Existenz sie bislang nichts geahnt hatte. Sie sprang auf und ab wie ein Gummiball, winkte mit beiden Armen und ruderte, als ob sie die Absicht hätte, einem Windrad Konkurrenz zu machen. »Hallo!«
    Die Staubwolke wurde immer größer, und Beatrice jubelte. Die Reiter kamen wirklich direkt auf sie zu. Fasziniert beobachtete sie, wie die schwarzen Punkte am Horizont wuchsen und mehr und mehr Farben und Konturen annahmen. Sie verschwendete keinen Gedanken daran, dass es womöglich Räuber oder Sklavenhändler

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