Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
Vom Netzwerk:
Zusammenhang mit dem Stein auf. Es ist ein Zeichen.«
    Ali schüttelte heftig den Kopf. »Aber das ist nicht möglich!«, rief er aus. »Sterne können nicht einfach aus dem Nichts auftauchen und wieder verschwinden. So etwas gibt es nicht.«
    »Wer hat denn gesagt, dass die Sterne verschwinden?«, entgegnete Moshe und lächelte, sodass Ali den Eindruck bekam, der Alte mache sich über ihn lustig.
    »Treibt keine Spielchen mit mir!« Er verlor allmählich die Geduld. »Dafür habe ich den Weg quer durch die Stadt nicht auf mich genommen. Ich suche Antworten auf meine Fragen. Und solltet Ihr sie mir nicht geben können - oder nicht geben wollen -, so sagt es jetzt, bevor ich noch mehr von meiner kostbaren Zeit verschwende.«
    Moshe Ben Maimon hob eine Augenbraue. War er nur überrascht, oder war es ein Zeichen der Nachsichtigkeit und des Spottes? Ali konnte es nicht deuten. Er wurde nicht schlau aus dem Alten.
    »Ihr wollt also eine überzeugende Erklärung für das, was Ihr beobachtet habt? Nun, so lasst uns dieses Phänomen so betrachten, wie Gelehrte und Philosophen es vermutlich betrachten würden«, sagte er. Dabei wirkte er amüsiert wie ein Lehrer, der seinem widerspenstigen, begriffsstutzigen Schüler noch einmal die Grundbegriffe der Mathematik erklären musste. »Allah - so nennt Euer Volk Gott doch? - ist der Schöpfer des Himmels und der Erde. Stimmt Ihr mir zu?«
    Ali zuckte mit den Schultern. »Ich weiß zwar nicht, was das mit unserem Problem zu tun hat, aber ...«
    »Stimmt Ihr mir zu, Ali al-Hussein?«
    »Nun ... So steht es wenigstens im Koran.«
    »Und nicht nur im Koran, sondern auch in der Bibel der Christen und in den heiligen Schriften meines Volkes.« Moshe nickte zufrieden. Sein Schüler hatte ihm die erwartete Antwort gegeben. »Gehen wir also davon aus, dass dieser Satz stimmt. Allah ist der Schöpfer des Himmels und der Erde.«
    Ali verdrehte die Augen. Er kam sich vor, als hätte ihn der Imam zu einem Gespräch über die Pflichten eines Gläubigen in die Moschee geladen. Doch der alte Jude gebot ihm mit einer Geste zu schweigen, noch bevor er seiner Ungeduld Luft machen konnte.
    »Wenn Allah also der Schöpfer des Himmels und der Erde ist, so ist Er allmächtig. Erde und Himmel unterstehen Seinem Willen. Stimmt Ihr mir zu?« Ali nickte gelangweilt. »Gut. Wenn jetzt also Allah allmächtig ist und Erde und Himmel Seinem Willen unterstehen, so steht es Ihm natürlich auch frei, zu jeder Zeit und ganz nach Seinem Belieben die Konstellation der Sterne zu verändern.«
    Einen Augenblick lang war Ali zu überrascht, um etwas zu erwidern. Er brauchte Zeit, um über die Bedeutung der Worte des Juden nachzudenken. Die Theorie des Alten klang plausibel, einleuchtend. In sich war sie geschlossen und logisch. Doch sie hatte einen gravierenden Schwachpunkt.
    »Das kann nicht Euer Ernst sein«, sagte er schließlich. »Ihr könnt nicht wirklich glauben, was Ihr mir eben gerade erzählt habt. Allah soll die Sterne durcheinander gewirbelt und ein Auge daraus geformt haben? Ihr erlaubt Euch einen Scherz mit mir.«
    Doch der alte Jude lachte nicht. Im Gegenteil, er wirkte plötzlich sehr ernst. So ernst, dass Ali Angst bekam, der Alte könnte mehr verstanden haben, als ihm lieb war.
    »Ich begreife es einfach nicht! Warum um alles in der Welt hat Saddin mich zu Euch geschickt?«
    »Weil er weiß, dass es Dinge gibt, die der menschliche Verstand nicht begreifen und schon gar nicht erklären kann. Und weil er bereit ist, daran zu glauben. Im Gegensatz zu Euch.«
    »Aber ...«
    »Ich habe Euch gefragt, ob Ihr die Wahrheit wissen wollt«, sagte Moshe. »Erinnert Ihr Euch?«
    »Ja, natürlich«, erwiderte Ali ärgerlich. »Aber damit meinte ich doch nicht weitere Märchen und Geschichten. Ich wollte die Wahrheit wissen. Ich wollte wissen, was wirklich geschieht und woher und weshalb dieses Sternbild ...«
    Der alte Jude schüttelte den Kopf und erhob sich ächzend von seinem Stuhl.
    »Ich möchte Euch bitten zu gehen, Ali al-Hussein. Jetzt.«
    Ali starrte den alten Mann an. Er konnte nicht glauben, was er eben gehört hatte. Warf ihn der Jude wirklich hinaus, als wäre er nichts weiter als ein streunender Hund? Das war ungeheuerlich. Ihm wurde von einem Augenblick zum nächsten heiß vor Wut, und seine Hände begannen zu zittern.
    »Wie könnt Ihr es wagen ...«
    »Nein!« Moshe Ben Maimon fuhr ihn so heftig an, dass Ali erschrocken aufsprang. »Wie könnt Ihr es wagen zu behaupten, Ihr wärt auf der Suche nach

Weitere Kostenlose Bücher