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Das Auge der Seherin

Das Auge der Seherin

Titel: Das Auge der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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zog er die Augenbrauen hoch, Bellanes aber schwieg. Dahmis setzte sich auf einen Felsvorsprung und sah zu seiner Festung hinüber „Es heißt, Ihr führt jeden Auftrag mit ganzem Herzen aus, doch schwört keinem König die Treue. Angeblich führt Ihr eine Bande Krimineller an, die Euch fanatisch ergeben sind." Bellanes nickte unmerklich.
    „Es heißt sogar, Eure Truppe sei unschlagbar", fuhr Dahmis fort, „was beweist, dass Ihr ein fähiger Anführer seid. Und doch wahrt Ihr Euer Eigenleben. Ihr sollt stolz sein, aber keine Diener halten, ein Freund der Frauen sein, doch kein Weib und kein Zuhause haben." Er bemerkte ein leichtes Zucken auf Bellanes Wangen. „Alle haben von Euch gehört, aber keiner hat Euch je gesehen." Der König zögerte etwas. „Leugnet Ihr diese Dinge?"
    Bellanes verschränkte seine Arme. „Ihr habt mich nicht kommen lassen, um meine Geschichte zu erfahren", erwiderte er. „Wenn doch, hättet Ihr lieber weiter den Geschichtenerzählern zuhören sollen. Ihr Geschwätz ist viel unterhaltsamer als die Wirklichkeit." Dahmis bemerkte, dass Bellanes ihn nicht mit „Herr" anredete und musste an Vineda denken. Er lachte. „Es heißt auch, Ihr brächtet alles fertig und kein Geheimnis käme jemals über Eure Lippen." Bellanes grinste. „Und was wird von Euch, dem Oberkönig, erzählt? Dass Ihr das Unmögliche vollbringt und die verfeindeten Königreiche vereint. Dass Ihr mehr wisst, als man je ahnen würde."
    „Und das stimmt auch. Nun, Bellanes, wollt Ihr mir dienen?"
    Der junge Mann verneigte sich. „In welche Festung soll ich eindringen?" „In Vesputos."
    Bellanes blinzelte, als sei er plötzlich geblendet. Er ballte die Fäuste. „Vesputo? Warum?"
    „Er besitzt etwas, das ich haben muss, und das er mir nicht freiwillig geben wird."
    „Nehmt Ihr für solche Dinge immer einen Dieb in Eure Dienste?"
    „Nein, bestimmt nicht."
    Nachdenklich sah Dahmis den verschlossenen Krieger an. Dieser Mann versuchte, seine starke Erregung zu unterdrücken. Wieder dachte der König an Vineda. Sein Vertrauen in die unbekannte Wahrsagerin hatte ihm das Leben gerettet. Konnte er diesem Fremden mit dem halb besessenen Blick trauen? Nicht nur sein Leben hing von dieser Entscheidung ab. Wenn das Schwert für einen bösen Zweck missbraucht werden konnte, konnte dies das Ende aller Königreiche bedeuten. Wenn dieser Mann ihn hinterginge, konnte er nur noch auf ein Wunder hoffen.
    Dahmis seufzte. „Dieser Gegenstand darf nicht länger in Vesputos Besitz bleiben." „Er gehört Euch?"
    „Stehlt Ihr nur für den rechtmäßigen Eigentümer?",
    fragte Dahmis. „Er gehört weder mir noch Vesputo. Er
    gehört jemandem, der nicht da ist."
    „Und was ist es und wo befindet es sich?"
    „Es handelt sich um eine Pyramide aus Stahl, die einen Schatz enthält. Sie lagert in einem Verlies unter dem Königsschloss von Archeld."
    „Aha."
    „Ich habe einen Plan, auf dem eine Geheimtür zum Schloss eingezeichnet ist."
    Bellanes sah ihn überrascht an. „Eine Geheimtür? Aber woher wisst Ihr davon" „Das kann ich Euch wirklich nicht sagen." „Ich werde mir den Plan genau einprägen", sagte Bellanes ruhig. „Es wäre unklug, so ein Papier bei sich zu tragen."
    „Dann wollt Ihr den Auftrag tatsächlich übernehmen?"
    „Darf ich wissen, was in der Pyramide ist?" „Nein. Und Ihr müsst Euch verpflichten, sie nicht zu öffnen."
    „Nun gut. Nennt mir die Zeit und den Ort, wann wir uns wieder treffen. Ich werde Euch den Schatz bringen."
    Die Männer gaben sich die Hand. Dahmis nannte einen Treffpunkt drei Wochen später.
    „Willkommen, Bellanes", sprach der König, froh über seinen neuen, starken Verbündeten. „Wie wollt Ihr ins Schloss hineinkommen? Es heißt, Vesputo ließe den Schatz rund um die Uhr bewachen." Bellanes lächelte grimmig. „Das weiß ich noch nicht. Aber ich werde es schaffen."
    Auf dem Rückweg nach Desante kämpfte Landen mit sich, entwarf und verwarf verschiedene Pläne für den Raub der Pyramide. Einerseits erschien es ihm unerträglich, Archeld wiederzusehen und möglicherweise an Torinas Grab vorbeizukommen. Andererseits war dieser Auftrag eine einmalige Gelegenheit und Herausforderung. Ihn auszuschlagen, würde das Ende seines kühnsten Traums bedeuten, der Kampf für den Frieden unter den Völkern an der Seite des Oberkönigs. Unbemerkt kam er zum Lager, die Wachposten hatte er umgangen. Am Lagerfeuer saßen seine Männer und unterhielten sich laut. Andris stellte Pfeile her. „Ha! " rief

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