Das Auge der Seherin
Landen und trat in den Schein des Feuers. „Kaum bin ich weg, tut ihr nicht einmal so, als ob ihr arbeiten würdet, außer diesem Flegel hier." Er zeigte auf Andris.
Schuldbewusst begrüßten sie ihn, klopften ihm auf die Schulter und schimpften, weil er sich so angeschlichen hatte.
„Für eine Diebesbande seid ihr leicht zu überraschen."
„Wohin gehen wir als Nächstes, Bellanes?", fragte Bangor. Sein vernarbtes Gesicht glühte vor Eifer. „Nicht wir. Ich. Und du, Andris."
„Und wir?" Die anderen Männer lärmten wie die Kinder, die ihren Teil abhaben wollen.
„Ich kann nur einen mitnehmen, und Andris war so dumm zu arbeiten, als ich mich anschlich. Also kommt er mit." Landens Ton ließ keinen Widerspruch zu. Die Männer verstummten und hörten zu. „Andris und ich werden einige Wochen fortbleiben. In dieser Zeit wird Bangor das Kommando übernehmen."
Er warf einen Blick in die Runde und suchte nach Widerspruch. Keiner muckte auf. Die Männer nannten Bangor den Teufel mit dem Engelsgesicht und achteten ihn wegen seiner pfiffigen Ideen.
„Gut", fuhr ihr Anführer fort, „und sollten wir nicht zurückkehren, bitte ich euch unbedingt zusammenzubleiben."
Mit einem Schlag schien das Feuer an Kraft verloren zu haben, als habe sich die Nacht über sie gesenkt. Die Gesichter der Männer sahen ernst und entschlossen aus. Sie wussten, Bellanes würde so etwas niemals im Spaß sagen.
„Andris, die Entscheidung, ob du mitkommen möchtest, liegt ganz bei dir."
Andris legte sein Werkzeug auf den Boden und reckte seine Fäuste. „Die gehen mit dir", polterte er los, „der Rest von mir muss eben auch mit."
Über das Feuer hinweg sah Landen den riesigen Mann an. „Gott sei Dank. Wir brechen im Morgengrauen auf."
Er verbrachte noch ein paar Stunden im Kreis seiner Männer und übergab Bangor einen Brief an König Ardesen.
Mit dem ersten Licht des jungen Morgens ritten sie los. Nach einigen Kilometern machte Landen auf einer kleinen Lichtung Halt und stieg vom Pferd. „Andris", sprach Landen, „ich möchte das nicht, aber ich muss es tun."
Sein riesiger Gefährte lächelte. „Ach, um mich zu töten ist es ein bisschen zu spät."
Landen grinste. „Das hatte ich auch nicht vor, aber es
könnte passieren, wenn du irgendjemandem verrätst,
was ich dir jetzt sage."
Andris sah ihn ernst an. „Wirklich?"
„Andris, niemand darf etwas davon wissen. Nicht einmal
die Bande." „Ich schwöre. Noch bevor ich es gehört habe." „Danke." Landen holte aus seiner Satteltasche ein scharfes Messer hervor. Dann drehte er Andris den Rücken zu und begann sich den dunklen Bart abzurasieren. Andris lachte laut. „So, gibst du endlich zu, dass du unter dem Bart ein hässlicher Vogel bist? Ist das dein großes Geheimnis?"
Doch als Landen sich glatt rasiert zu ihm umdrehte, rief er verblüfft: „Mein Gott, Mann, du siehst richtig hübsch aus!" Er erhob seine rechte Hand. „Aber ich schwöre, ich verrate es niemandem." Er brach in haltloses Kichern aus.
Landen sah den Gesichtsausdruck seines Freundes und
prustete los. Schließlich beruhigten sie sich wieder und
wischten sich die Tränen vom Gesicht.
„Und nun", sagte Landen, „das richtige Geheimnis."
„Aha."
„Ich bin nicht der, für den du mich hältst. Ich bin als Königssohn in Bellandra aufgewachsen und wurde vom Mörder meines Vaters, König Kareed, gefangen genommen und in Archeld zum Krieger erzogen. König Kareed fand einen schlimmen Tod. Obwohl nicht ich ihn tötete, wird mein Name mit seinem Tod in Verbindung gebracht. Ich bin jener Landen, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt ist."
Andris stand stocksteif mit halb geöffnetem Mund da. Als er sich von seiner Überraschung erholt hatte, legte er Landen eine Hand auf die Schulter.
„Landen. Du? Ach, Bellanes ... das ist aus Landen geworden und ..."
„Für dich immer noch Bellanes. Für alle."
„Der verschwundene Prinz von Bellandra! Aber warum
verrätst du mir das, Mann?"
„Weil es uns helfen wird, in Vesputos Verlies einzudringen."
Beron lungerte im Schlosshof herum und schimpfte vor sich hin. Der Winter stand vor der Tür und er hasste die kurzen Tage und die Kälte. Nichts war in dieser Woche passiert. Nur von König Ardesen war die Nachricht gekommen, Bellanes und seine Bande seien wegen wichtiger Aufträge unabkömmlich und Bellanes deshalb nicht in der Lage, nach Archeld zu kommen. Diese Antwort auf seine Einladung hatte Vesputo sehr verstimmt. Beron stand mit dem Rücken zum Hof und
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