Das Auge des Basilisken
Vanags Diensten, aber in dieser Zeit waren ihre Dialoge auf den Austausch funktionaler Information und die Erteilung von Anweisungen seitens des Direktors beschränkt geblieben. Die starken Gewitter hatten einen Wetterumschwung herbeigeführt, und die Temperaturen entsprachen jetzt mehr der Jahreszeit. Nach den Regenfällen war es mild und sonnig, mit kühlen Brisen. Es war sieben Uhr zwanzig am Morgen. Nachdem er dies mit einem Blick auf die Armbanduhr festgestellt hatte, kletterte Vanag in den offenen Heckteil des Fahrzeuges. Die Uniform, die er heute trug, unterschied sich von den anderen darin, daß sie große aufgesetzte Taschen hatte. Er rieb sich die Hände und blickte erwartungsvoll zum Wald. Die Morgensonne funkelte auf den ungezählten Regentropfen, die an den Zweigen und Blättern hingen und ergab ein hübsches Bild. Dann erschienen sie über den Wipfeln des Waldrandes, ein halbes Dutzend Holztauben in unregelmäßiger Kette, in raschem Steigflug. Aber Vanag war bereit. Er jagte drei kurze Feuerstöße von 7,55-Millimeter Stahlmantelgeschossen zu ihnen hinauf und holte sofort eine herunter; der Vogel hob sich, als sei er in die Brust getroffen, und fiel, sich mehrmals überschlagend, zu Boden. Für den zweiten Feuerstoß mußte er den Winkel ein gutes Stück vergrößern und verfehlte die Tiere, aber inzwischen war eine Gruppe Stockenten von dem Teich im Wald aufgeflogen, und obwohl sie schneller und niedriger flogen, erwischte er zwei von ihnen.
Die Waffe war der Nachbau eines leichten Fla-Maschinengewehrs auf einer Ringmontierung, wie es um 1950 in der Sowjet-Flotte verwendet worden war. Ein Bekannter, der von seinem Interesse für solche Dinge wußte, hatte ein fast komplettes Exemplar dieser Waffe in einem Triestiner Museum entdeckt und leihweise in die Heimat fliegen lassen. Dort hatte Vanag eine genaue Kopie anfertigen und zusammen mit einem angebauten Schützensitz im Heck des Geländewagens installieren lassen. Das Ding war ideal für seinen Zweck: leicht zu handhaben, verhältnismäßig zielgenau und mit einer Feuergeschwindigkeit, die für die verschwenderische Wasserspritzentechnik der moderneren Maschinenwaffen zu niedrig war; die letzteren taugten in seinen Augen nicht für den Sportsmann. Die Munition mußte eigens in Birmingham angefertigt werden, aber das war kein Problem, ebenso wenig wie das Anheuern von Freiwilligen, welche die Vögel für ihn aufscheuchten.
Er wechselte gerade das Magazin, als sein Auge eine Bewegung am Waldrand wahrnahm. Sie erwies sich bald als ein Kaninchen, das vor der Annäherung der Treiber die Flucht ergriffen hatte. Vanag schob das neue Magazin so schnell wie möglich in die Waffe und schwang den Lauf herum, aber in diesen wenigen Augenblicken war das Kaninchen nahe genug herangekommen, daß es sich im toten Winkel des Maschinengewehrs befand. Die instinktive Suche nach einer Deckung führte das Tier unter den Geländewagen, wo es blieb. Vanag stand auf, nahm den schweren alten Revolver vom Haken, den er für gerade solch unvorhersehbare Fälle mitführte, und sprang vom Fahrzeug. Es war kein leichter Schuß, denn es galt Reifen, Bremsschläuche, Ölwanne und Differentialgetriebe zu meiden, aber das Kaninchen half ihm, indem es sofort in Bewegungslosigkeit erstarrte, und gleich darauf hatte es keinen Kopf mehr. Unterdessen waren ihm viele Vögel entgangen; es kümmerte ihn nicht, weil noch genug nachkamen.
Am Ende betrug seine Strecke neben dem Kaninchen fünf Tauben, vier Enten und eine Fasanenhenne. Die letztere stellte bereits das Maximum dessen dar, was er sich auf einem Jagdausflug wie diesem zu schießen erlaubte; die Fasanenpopulation war im Rückgang begriffen, und die schwerfällig und niedrig fliegenden Vögel waren beinahe zu leicht herunterzuholen. Die heutige Fasanenhenne lag nicht weit vom Wagen; sie war in einen Feuerstoß hineingeflogen und beinahe entzweigerissen. Er ließ sie mit der übrigen Jagdbeute an Ort und Stelle zurück; sollten die Treiber sich davon einen Sonntagsschmaus machen. Außer einem kleinen Stückchen Kalbfleisch hin und wieder rührte er nämlich kein Fleisch an.
Er nahm wieder seinen Platz auf dem Beifahrersitz ein, und der Fahrer startete den Motor. Der Jagdausflug war beendet; sie fuhren zurück zu Vanags imposantem georgianischen Herrenhaus bei Newport Pagnell. Dort nahm sich sein Waffenmeister des Maschinengewehrs und des Revolvers an, sein Diener half ihm beim Anlegen einer Uniform von konventionellerem Schnitt,
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