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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
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ziemlich niedergeschlagen, da an diesem Morgen die offizielle Abänderung seiner Vorschläge zur Reform des Grundbesitzes aus London eingegangen war. Die ersten acht Punkte, die das neue System der Landarbeitergenossenschaften, ihre Struktur, ihren Unabhängigkeitsgrad und die Verfahrensfragen enthielten, wodurch ihre Anträge auf Landzuweisungen von den örtlichen Behörden bearbeitet und geprüft werden konnten – all diese Punkte entsprachen bis in den Wortlaut seinem ursprünglichen Entwurf. Punkt neun jedoch, der den Übergang der Eigentumsrechte an entsprechend qualifizierte Antragsteller regelte, fehlte vollkommen. Mit anderen Worten, die Engländer waren berechtigt, Anträge auf Landzuweisung zu stellen, aber sie sollten es nicht bekommen. Dabei waren seine Vorschläge bereits sehr gemäßigt gewesen. Nun, versuchte er sich zu sagen, es war ein Anfang. Und es war sicherlich nicht seine Hauptsorge.
    Als Alexander forschen Schrittes hereinkam und die Tür hinter sich schloß, sprang er mit einem erfreuten Lächeln auf.
    »Alexander, mein lieber Junge …« Dann wandelte sich seine ganze Haltung, und er sagte im grimmigsten Ton: »Also ist es heute, nicht Sonntag, wie?«
    »Nicht Sonntag?«
    »Tu nicht so, als ob du nicht wüßtest, wovon ich spreche, Alexander. Ich weiß Bescheid. Ich habe noch keine Zeit gehabt, es zu überdenken, aber ich weiß davon. Wieviel ich weiß, spielt in diesem Stadium keine Rolle.«
    »Du irrst dich, Vater, wie gewöhnlich. Wieviel du weißt, könnte für mich von großer Bedeutung sein, obwohl ich zugegebenermaßen nicht die Zeit haben werde, dein Wissen auf die Probe zu stellen.«
    »Nun, ich weiß genug, das ist der wesentliche Punkt. Nicht alles, natürlich. Aber SIE wissen alles. Ich brauche wohl nicht zu sagen, wen ich damit meine. Sie wissen alles und kennen alle Beteiligten.«
    »Das trifft nicht zu. Vor weniger als einer Stunde habe ich das Gegenteil gesehen. Ein nicht ganz unwesentliches Detail ist ihnen entgangen.«
    »Glaub mir«, sagte Petrowsky ernst, »sie kennen jeden Namen, jede geplante Aktion, jeden Bestandteil des Fahrplans, jede …«
    »Wieder falsch. Ich habe den Fahrplan geändert. Und warum sollte ich ausgerechnet dir glauben? Ich habe es früher nie getan, und ich mag nicht daran denken, wie viele Fehler es mir erspart hat. Und jetzt bittest du um dein Leben, also liegt es nahe, daß du lügst. Wer würde es nicht tun.«
    »Ich erbettle nichts, weder von dir, noch von anderen«, sagte Petrowsky fest. »Ich möchte dir nur klarmachen, daß deine Sache verloren ist.«
    »Warum? Warum willst du mir das klarmachen? Weil es dir das Leben retten könnte. Und wenn meine Sache verloren wäre? Ich habe von Anfang an nie geglaubt, daß es anders kommen würde. Mit etwas Glück würde ich mein Ziel erreichen können, tun können, was ich immer gewollt habe, so lange ich mich erinnern kann, das einzige, was ich je wirklich gewollt habe. Und das ist bloß, Schaden anzurichten, etwas zu zerschlagen. Zu protestieren. Ach ja, die Gesellschaft wird sich niemals ändern, aber binnen kurzem wird sie Beweise dafür haben, daß wenigstens einer sie haßt, ihre Selbstzufriedenheit, ihre Ignoranz, ihre Lieblosigkeit, ihre Selbstsucht, ihre Sentimentalität, ihren Mangel an moralischen Prinzipien, ihre Kaltherzigkeit, ihre Oberflächlichkeit, ihr Analphabetentum …«
    Alexander, dessen Stimme sich mit der Aufzählung immer mehr gehoben hatte, fielen keine weiteren Gründe ein, aus denen man die Gesellschaft hassen könnte, und da die Zeit verstrich, nahm er seine Dienstpistole aus der Ledertasche. Der Anblick dieser Waffe mit ihrem langen Kolbenmagazin entmutigte seinen Vater; vielleicht hatte er bis jetzt nicht glauben können, daß er von der Hand des eigenen Sohnes zu Tode kommen sollte. Seine Stimme hatte fast alle Festigkeit verloren, als er sagte:
    »Nicht einen von diesen Feuerstößen, bitte. Auf diese Distanz sollte eine Kugel reichen …«
    »Wir wollen das Personal nicht beunruhigen. Ein Liberaler bis zum letzten Augenblick. Nein, keine Hilferufe, oder du kriegst sofort einen Feuerstoß in den Magen!«
    »Ich schwöre dir … Ich weiß nicht, was du in der vergangenen Stunde getan hast, aber glaube mir, es ist einkalkuliert. Es kann nichts bewirken.«
    »Es macht mir nichts aus, das Risiko einzugehen.«
    »Alexander, wenn du dich jetzt ergibst, deine Waffe niederlegst und dich stellst, würde es bei der Zivilpolizei bleiben, brauchten es nicht Vanags Leute zu sein

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