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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
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ärgert er sich, diesen Gast ertragen zu müssen.«
    »Der arme Major«, sagte Alexander. »Immer muß er Gastfreundschaft erwidern, auf die er nie Wert gelegt hatte.«
    Kaum hatte er geendet, wurde die Tür aufgestoßen, und der Mann mit dem Muttermal kam herein und marschierte zu dem Platz, den er beim Essen eingenommen hatte. Dabei sprach er mit monotoner Stimme und erkennbarem Akzent, den Theodor für tschechisch oder polnisch hielt. »Es tut mir leid, so hereingeplatzt zu kommen, meine Herren, aber dummerweise ließ ich mein Brillenetui hier liegen – oder bilde es mir zumindest ein. Ach ja, da liegt es unter dem Tisch neben meinem Stuhl. Welch eine Erleichterung. Und nun bitte ich für mein Eindringen um Entschuldigung und lasse Sie in Frieden und wünsche Ihnen noch einmal eine gute Nacht.«
    »Gute Nacht.«
    Die Tür wurde mit einigem Nachdruck geschlossen.
    »Meinen Sie, daß er etwas gehört hat?« fragte Theodor Markow.
    »Und wenn schon. Er kann uns den Buckel hinunterrutschen.«
    »Ganz gewiß, aber ich fürchte, damit wäre die Sache nicht ausgestanden.«
    »Wieso?« sagte Alexander ziemlich unwillig.
    Ohne zu antworten, stand Markow auf, drehte den zuletzt von dem fraglichen Mann benutzten Stuhl um und begann Stuhlbeine und Sitzunterseite eingehend zu untersuchen.
    »Wie romantisch!« Alexanders Stimme klang jetzt erheitert. »Feindagenten pflanzen versteckte Mikrophone. Oder ist es eine Zeitbombe? Das erinnert mich an die Geschichte, die ich als Junge gelesen habe. Geben Sie es zu, Theodor: Sie haben den letzten Teil Ihrer Anreise mit dem Fallschirm gemacht.«
    »Es ist kein Scherz, fürchte ich. Es besteht eine Gefahr, daß Vanags Leute sich für mich interessieren, nicht sehr, aber immerhin. Also, der Stuhl ist sauber.«
    »Was ist mit dem Tisch?«
    »Den hat er nicht angerührt. Ich habe ihn beobachtet. Ich werde mir den Boden vornehmen.« Und Markow ließ sich auf alle viere nieder und untersuchte den Teppich.
    Alexander kicherte. »Tut mir leid, aber ich kann das nicht ernst nehmen. Versteckte Mikrophone in einer …«
    »Können Sie mir sagen, was er tat, wenn er nicht irgend etwas deponierte?«
    »Er wollte sein Brillenetui holen.«
    »Reden Sie keinen Unsinn!« Anscheinend war auch der Teppich sauber.
    »Also gut, vielleicht hat er etwas anderes geholt, was nicht sein Brillenetui war.«
    Theodor Markow blickte stirnrunzelnd auf. »Warum sagen Sie das?«
    »Es ist die einzige andere Möglichkeit.«
    »Aber was könnte er geholt haben?«
    »Keine Ahnung. Das ist Ihre Abteilung. Warum sollten Vanags Leute sich für Sie interessieren?«
    »Gestern abend wurde ein Mädchen aus meiner Abteilung festgenommen. Ich kenne sie, weil sie eine Mitarbeiterin ist. Nichts weiter. Was sie verbrochen haben soll, ob sie sich strafbar gemacht hat, oder wer sie festnahm – sehr wahrscheinlich die gewöhnliche zivile Polizei und nicht die Sicherheitsabteilung –, und was es sonst noch an Fragen gibt: keine Information. Aber es besteht die Möglichkeit. Mehr ist nicht daran.«
    »Ich verstehe.«
    Theodor zog seine Pfeife hervor und schaute sie unfreundlich an. »Ich muß das Rauchen aufgeben; es ist viel zu kostspielig. Sind Sie hier der jüngste Offizier?«
    »Ja, Viktor ist um sechs Wochen dienstälter als ich«, sagte Alexander in ernsthaftem, sachlichem Ton, dessen er sich immer bediente, wenn es nachfolgende Fragen zu beantworten gab. Sein Verhalten war das eines Zeugen, der ohne jede Voreingenommenheit darauf aus ist, der Wahrheit zum Sieg zu verhelfen. Wenn er argwöhnte, daß Teile der Information, die er gab, bereits bekannt seien, ließ er es sich nicht anmerken.
    »Aber Sie haben Leute unter sich?«
    »Ja, wir alle, ausgenommen Boris. Eine Schwadron des Gardekorps ist tatsächlich eine doppelte Schwadron, mit vier Zügen, die bei uns Scharen genannt werden. Die Fünfte ist die Älteste; sie wird von Leo geführt. Ein Schützenzug, obwohl es im strengen Sinn keine Gewehre sind, mit denen die Leute ausgerüstet sind. Sechs und sieben sind gleich.«
    »Und Ihr Zug?«
    »Acht ist ein Geschützzug; jede Schwadron hat einen. Aber was wir haben, sind im eigentlichen Sinn keine Geschütze.«
    »Was dann?« fragte Theodor, damit beschäftigt, den Tabak in den Pfeifenkopf zu drücken.
    »Acht Raketenwerfer, die einzeln oder paarweise eingesetzt werden können. Sie können jedes sichtbare, von Menschen gemachte Ziel zerstören, und zwar selektiv, durch das verbesserte Infrarotsuchgerät.«
    »Mein lieber Freund,

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