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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
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es müsse dieses Stück sein oder nichts. Also gut … Es ist so schwierig, die Charaktere zu verstehen und sich darüber klar zu werden, was man von ihnen denken soll. Ein junger Mann lernt auf einer Gesellschaft ein Mädchen kennen und küßt und befühlt es nach den ersten Worten in aller Öffentlichkeit, vor ihren Eltern sogar. Wir alle wissen, daß so etwas vorkommt, aber statt ein Verhältnis mit ihr zu haben, heiratet er sie, und nach nur einer Nacht zusammen begeht er Selbstmord, weil er meint, sie sei tot – sehr schwach, dieser Teil –, und sie begeht Selbstmord, als sie ihn tot liegen sieht. Der Autor versucht gar nicht erst, den Grund zu erklären; ich meine, die beiden sind nicht verrückt oder etwas dergleichen. Wahrscheinlich versuche ich das Stück zu buchstäblich zu nehmen, und dieser Teil soll symbolisch für ein Paar sein, das aneinander den Verstand verliert und stirbt, nachdem die beiden sich erst vor ein paar Tagen mächtig voneinander angezogen fühlten, aber das kann man dem Publikum nicht sagen. Immerhin gibt es ein gewisses Maß an Gewalttätigkeit, die wir hochspielen können, und die Kostüme und das Bühnenbild werden Aufsehen erregen; ich bin überzeugt, daß das Stück trotz seiner Schwächen ein Erfolg wird. Es ist der Anlaß, auf den es ankommt. Nun, Sie sind nicht hierhergekommen, um mich über ein altes Schauspiel schwatzen zu hören. Erlauben Sie mir, Sie in Gruppe 31 willkommen zu heißen, Petrowsky.«
    »Ich danke Ihnen, Herr Sevadian, aber ist es klug, das an einem Ort wie diesem zu tun?«
    »Die Antwort auf Ihre lobenswert vorsichtige Frage ist: ja. Von den Garderoben und Büroräumen läßt sich Gleiches nicht sagen. Daß man hier sicherer sprechen kann, geht aus der Überlegung hervor, daß man in der Sicherheitsabteilung der verständlichen Meinung ist, ein Publikum hört zu und redet nicht. Gleichwohl schlage ich vor, daß wir unsere Aufmerksamkeit von Zeit zu Zeit den Ereignissen auf der Bühne zuwenden.«
    Sie sahen nach vorn zur Bühne, wo das Mädchen laut und mit häufigen Versprechern deklamierte:
     
    »Hat Romeo sich selbst ermordet? Sag du nur ›ja‹
    Und dieses bloße Wörtchen ›ja‹ soll mehr vergiften
    Als des Basilisken todverheißend Auge.
    Ich bin nicht ich, wenn’s geben sollt ein solches ›ja‹
    Und schlafend jene Augen, die dir das ›ja‹ entreißen!«
     
    Sevadian schmunzelte anerkennend. »Ich muß sagen, die komischen Partien haben immer noch ihren Charme. Doch nun zur Sache! Unser Ausschuß hat Ihren Zugang zu Frau Korotschenko besprochen. Die Mitglieder waren sehr im Zweifel und nahmen bereits an, daß Theodor hier unter Verdacht stehe, bis ich darauf hinwies, daß Sie und er bis zu dem fraglichen Abend, als Frau Korotschenko sich an Sie heranmachte, nur beim Pferderennen, einem Krocketspiel und einer Abendgesellschaft miteinander Kontakt hatten, und da in allen drei Fällen und zu allen Zeiten in Anwesenheit anderer. Wenn der Gegner also nicht so viele seiner Sache treu ergebene Frauen hat, daß jeder verführt werden kann, der auf zwanzig Meter an jeden beliebigen von unseren Leuten herankommt, dann müßten ihre Motive eigennützig gewesen sein. Darum machen wir weiter. Ihr Auftrag ist nichts Geringeres als die Beschaffung einer Liste aller Zuträger und Geheimagenten der Sicherheitsabteilung im Distrikt, aber Sie dürfen auch weiterhin niemals auch nur den leisesten Verdacht aufkommen lassen, daß Sie für irgendeine Art von Widerstandsbewegung arbeiten, gleich welcher Größe. Man war der Meinung, daß das Risiko einer anonymen Anzeige zu groß sei.«
    »Warum? Warum sollte Frau Korotschenko mich anonym oder nicht anonym anzeigen?«
    »Es gibt ein Dutzend Gründe. Um sich selbst zu schützen. Um Sie loszuwerden, wenn ein Nachfolger in Sicht kommt. Um sich nach einem Streit an Ihnen zu rächen. Oder irgendein anderes unvorhersehbares Motiv. Sie ist eine heftige, impulsive Dame. Ich kann mir nicht vorstellen, wie Sie es anfangen sollten, die Frau zur Beschaffung dieser Liste zu bringen, ohne ihr etwas zu verraten, aber vielleicht gelingt es Ihnen.«
    »Es wird gelingen. Ich weiß einen Grund, der für ihre Psychologie geradezu maßgeschneidert ist.«
    »Ich bin wirklich froh, das alles Ihnen und Ihrem Fingerspitzengefühl überlassen zu können. Wann sehen Sie sie wieder?«
    »Erst in zehn Tagen. Sie nannte den Grund nicht, war aber sehr entschieden.«
    »Wie ärgerlich von ihr.«
    »Es wird noch mehr als ärgerlich sein, wenn sie uns

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