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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
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Fragen?«
    »Jawohl, Herr Major«, sagte Alexander. »Sie sagten eben, wir vier hätten an diesem Krawall teilgenommen.«
    »Und?«
    »Nun … aus meinem Revolver wurde kein Schuß abgefeuert, Herr Major. Die Untersuchung wird …«
    »Dann feuern Sie ihn ab! Sonst noch etwas? Gut. Selbst dumme Soldaten leisten Besseres, wenn sie etwas von den Gründen für ihre Befehle gesagt bekommen. Die empfohlene Version dieser ungehörigen Ereignisse wird Ihnen wahrscheinlich weniger Mißbilligung der höheren Stellen eintragen, als die Geschichte, die ich zuvor hörte, aber lassen Sie sich sagen, daß dies an sich mich nicht im mindesten interessiert. Wenn bekannt würde, daß meine Offiziere auf einem so niedrigen Niveau der Ausbildung, der Moral und des Korpsgeistes stehen, daß sie für alberne Streiche gewohnheitsmäßig ihr Leben aufs Spiel setzen oder meinen, so etwas sei zu alltäglich, um der Erwähnung wert zu sein …« – hier bedachte der Major Alexander mit einem grimmigen Blick –, »dann sollte ich von Rechts wegen der Unfähigkeit bezichtigt werden, Ihr Führer zu sein. Dies möchte ich natürlich vermeiden. Gute Nacht, meine Herren. Ich hoffe bei allen Heiligen, daß ich Sie niemals im Krieg werde befehligen müssen.«

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FÜNFZEHN
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    »Bekehret euch: das Himmelreich ist nahe! Matthäus, Kapitel drei, Vers zwei.«
    »Ich will mich aufmachen, zu meinem Vater gehen und ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt wider den Himmel und vor dir. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen. Lukas, Kapitel fünfzehn, Verse achtzehn und neunzehn.«
    »Geh nicht in das Gericht mit deinem Diener, o Herr! Vor dir ist kein Lebendiger im Recht. Psalm 143, Vers 2.«
    Diese Worte waren erheblich längere Zeit als die fünfzig Jahre seit der Pazifizierung nicht mehr vernommen worden, weder an diesem noch an den meisten anderen Orten von Bedeutung. Es war dem Beauftragten Mets und seinen Beratern natürlich unbekannt, daß es um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts verschiedene Bestrebungen zur sprachlichen Reform der Gebete und Bibeltexte gegeben hatte, durch welche man die Menschen der Zeit besser zu erreichen und ihre Abwendung von der Kirche aufzuhalten hoffte. Die Wahl zwischen der einen oder der anderen Reformversion und dem überkommenen und von ehrwürdiger Altertümlichkeit geprägten anglikanischen Urtext von 1662 war darum dem Reverend Simon Glover zugefallen. Er hatte kaum gezögert. Sein vielgeliebter Onkel, ein Archidiakon von geehrtem Andenken, hatte niemals auch nur die geringste Abweichung vom alten Stil geduldet und dies mit dem Argument begründet, daß jeder geringfügige Gewinn an buchstäblicher Verständlichkeit durch den Verlust an Überzeugungskraft, Glaubensbestätigung oder auch nur (wie es oft der Fall sein mußte) an Aufmerksamkeitswert mehr als aufgewogen werde. Solche Argumente hatten mit den Jahren an Gewicht gewonnen. Glover wußte auch, daß er den Worten, die er in seiner Kindheit gelernt hatte, eine Natürlichkeit und Wärme verleihen konnte, die sich den munteren, flotten Behauptungen und Ermahnungen der modernen, umgangssprachlichen Äquivalente niemals beilegen ließe. Außerdem hatte er das unbestimmte Gefühl, dem Beauftragten eine Art geistlichen Trotz entgegenzusetzen, indem er verschmähte, was der andere unzweifelhaft vorgezogen hätte, wäre ihm bekannt gewesen, daß es existierte.
    Die Kirche zeigte keine Spur von dem Durcheinander und der Verwirrung, die Alexander angetroffen hatte, als er vor Wochen zufällig hineingekommen war. Kirchenbänke, Chorgestühl und Kanzel waren wieder an Ort und Stelle – und nicht nur das, sondern obendrein mit dem Anschein, als wären sie seit unbegrenzter Zeit an Ort und Stelle. Die Erneuerer hatten den Auftrag erhalten, die Kircheneinrichtung so wiederherzustellen, daß man das Innere des Raumes möglichst nicht von der Fotografie unterscheiden könne, die sie als Vorlage bekommen hatten, und um dies zu erreichen, hatten sie die Kiefernbretter mit Meißeln, Bohrern, Hämmern und Handbeilen bearbeitet, hatten sie gebeizt, mit Asche und Teesatz eingerieben und abermals gebeizt; Männer mit genagelten Stiefeln waren die Stufen zur Kanzel hinauf- und heruntergetrampelt. Fehlende oder beschädigte Scheiben der bunten viktorianischen Glasfenster waren durch Fensterglas schlechter Qualität ersetzt und mit halb transparenten Emulsionen eingefärbt worden. Große und im Ganzen erfolgreiche Mühe hatte man den Nachahmungen der Färbungen und

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