Das Auge des Leoparden
in Lubumbashi zu verkaufen. Es will mir einfach nicht in den Kopf, daß Ihre Kollegen ihn nicht finden können.«
Mister Pihris Gesicht wird auf einmal sehr ernst, und Hans Olofson glaubt, im Halbdunkel ein gefährliches Aufblitzen in seinen Augen zu entdecken. Lange bleibt es still. »Wenn meine Kollegen den Traktor nicht finden können, liegt es daran, daß er kein Traktor mehr ist«, erwidert Mister Pihri schließlich. »Vielleicht ist er ja bereits in seine Einzelteile zerlegt worden. Wie soll man eine Schraube von der anderen unterscheiden? Ein Schaltknüppel hat kein Gesicht. Meine Kollegen könnten äußerst aufgebracht reagieren, wenn sie erführen, daß Sie mit ihrer Arbeit nicht zufrieden sind. Sehr, sehr aufgebracht. Das würde zu Schwierigkeiten führen, deren selbst ich nicht mehr Herr werden könnte.«
»Aber ich will meinen Traktor wiederhaben!«
Bevor er antwortet, gießt sich Mister Pihri noch eine Tasse Tee ein. »Es sind nicht alle einverstanden«, sagt er.
»Einverstanden womit?«
»Damit, daß Weiße auch in Zukunft den größten Teil des besten Landes besitzen, ohne überhaupt Bürger unseres Landes zu sein. Ihre Pässe wollen sie nicht austauschen, aber trotzdem unser bestes Land besitzen.«
»Ich verstehe nicht, was das mit meinem Traktor zu tun hat.«
»Schwierigkeiten sollte man immer aus dem Weg gehen. Wenn meine Kollegen Ihren Traktor nicht finden können, gibt es keinen Traktor mehr. Es wäre wirklich unglücklich, wenn Sie meine Kollegen gegen sich aufbrächten. Wir haben viel Geduld, aber unsere Geduld kann auch mal ein Ende haben.«
Er begleitet Mister Pihri ins Freie. Der Polizist verabschiedet sich ungewöhnlich kurz angebunden, und Hans Olofson erkennt, daß er eine unsichtbare Grenze überschritten hat.
Ich muß vorsichtig sein, denkt er. Ich hätte mit ihm niemals über den Traktor sprechen dürfen.
In der folgenden Nacht wacht er plötzlich auf, und während er in der Dunkelheit liegt und dem unruhigen Wachen der Hunde über sein Haus lauscht, ist er bereit, alles aufzugeben, die Farm zu verkaufen, den Gewinn Judith zu überweisen und fortzugehen. Aber es gibt immer etwas, das vorher noch zu Ende gebracht werden muß. Der Produktionsrückgang wird gestoppt, nachdem er für gewisse Zeit wieder sämtliche Entscheidungen selber trifft.
Er schreibt seinem Vater Briefe, in denen er Erik Olofson bittet, ihn zu besuchen. Ein einziges Mal erhält er eine Antwort, und der undeutlich geschriebene Brief verrät ihm zwischen den Zeilen, daß sein Vater immer öfter und immer mehr trinkt.
Vielleicht werde ich es erst im nachhinein verstehen, denkt er. Vielleicht werde ich erst dann verstehen, warum ich hierbleibe.
Er betrachtet sein braungebranntes Gesicht im Spiegel. Er hat sein Aussehen verändert, sich einen Bart stehen lassen.
Eines Morgens wird ihm klar, daß er sich nicht mehr wiedererkennt. Das Gesicht im Spiegel gehört einem anderen. Dann zuckt er zusammen. Luka steht plötzlich hinter ihm, und Hans Olofson hat wie üblich seine nackten Füße auf dem Steinfußboden nicht gehört.
»Ein Mann ist zu Besuch gekommen,
bwana
«, sagt er.
»Wer ist es?«
»Peter Motombwane,
bwana
.«
»Ich kenne niemanden, der so heißt.«
»Er ist trotzdem gekommen,
bwana
.«
»Wer ist er und was will er?«
»Das weiß nur er,
bwana
.«
Er dreht sich um und sieht Luka an. »Bitte ihn, sich zu setzen und einen Moment zu warten, Luka. Ich komme sofort.«
Luka geht.
Irgend etwas beunruhigt Hans Olofson, aber erst viele Jahre später wird er verstehen.
W ER FLÜSTERT IHM das Losungswort ins Ohr? Wer enthüllt ihm den Sinn? Wie findet er eine Richtung im Leben, die nicht nur Himmelsrichtung ist?
Auch 1959 durchbricht der Frühling schließlich die hartnäckigen Barrieren der Kälte, und Hans Olofson hat beschlossen, daß ein weiterer Aufbruch sein muß. Vage und zögernd reift sein Entschluß, doch er spürt, daß er die Ermahnungen nicht ignorieren kann, die in seinem Innern laut werden.
An einem Samstagabend im Mai, als Pferdehändler Under in einer Staubwolke in seinem großen schwarzen Buick vorfährt, nimmt er all seinen Mut zusammen und spricht ihn an. Anfangs versteht der Pferdehändler nicht, was der Junge da murmelt, und versucht ihn abzuschütteln, aber der Bursche ist hartnäckig und gibt sich erst zufrieden, als die Botschaft zu Under durchgedrungen ist. Als dem Pferdehändler endlich klar wird, daß der Junge seine Kündigung stammelt, rast er vor Wut. Er hebt die Hand,
Weitere Kostenlose Bücher