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Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition)

Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition)

Titel: Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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mit raus nehmen“, erinnerte ich.
    „Ach, wen stört’s? Was Sabine nicht weiß, macht sie nicht heiß.“
    „Aber …“
    „Reg dich ab, Liss“, sagte Tatjana. „Wenn Winky ins Gras macht, kann ich es immer noch wegräumen, stimmt’s? Also kein Grund zur Panik.“
    So war Tatjana. Sie hatte brav zu allem genickt, aber um jedes Mal mit ihrem Hündchen bis auf die Straße zu rennen, war sie viel zu faul. Also blieb die Kleine bei uns.
    Ob Rico Hunde mochte? Auch das wusste ich nicht.
    Irgendwie machte mir das Schwimmen heute keinen Spaß, und dann fing Tatjana auch noch mit dem Thema Jungs an. „Erzähl doch mal. Wen hast du hier kennengelernt? Ist er süß?“
    Mein Grinsen sagte genug. Vielleicht wurde ich auch ein wenig rot.
    „Wie heißt er? Oh, erzähl, erzähl!“
    „Rico“, sagte ich.
    „Und wie weiter?“
    „Keine Ahnung.“
    „Er hat dir nicht mal gesagt, wie er mit Nachnamen heißt? Hast du wenigstens seine Handynummer?“
    „Wir telefonieren nicht. Wir treffen uns immer hier im Garten.“
    Tatjana blickte sich suchend um. „Er wohnt auch im Schloss? Das ist ja praktisch.“ Sofort fing sie an, dieselben Fragen zu stellen, die Rico mir nicht beantworten wollte. Ob er hier arbeitete oder der Sohn eines Geschäftspartners war? Oder holte er vielleicht jeden Tag seine Mutter ab, die Putzfrau oder die Köchin? Möglicherweise gehörte er zu einem der Gärtner?
    „Liss, das geht ja gar nicht“, erklärte sie mir mit wichtiger Miene. „Ich bin kein Snob, aber ich an deiner Stelle würde deiner Mutter nicht erklären wollen, dass du dich mit dem Kind einer Putzfrau abgibst.“
    Sie war ein Snob, und wie. Doch in der Hinsicht konnte ich sie beruhigen. „Dazu ist er zu gut angezogen. Teure Klamotten.“ Dass er unzählige Motten darauf herumtrug, erzählte ich ihr lieber nicht.
    Wieder bemerkte ich eine Bewegung zwischen den Bäumen. Winky schnupperte am Gras, bellte jedoch nicht. Noch hatte niemand die Anwesenheit des kleinen Hundes bemerkt, allerdings bezweifelte ich, dass wir das lange durchhalten konnten. Sabine hatte immer so viel zu tun, dass sie wohl kaum an den Pool kommen würde, aber lautes Bellen würde Onkel Vincent ans Fenster locken. Oder jemand könnte uns verpetzen.
    „Ich komm gleich wieder“, sagte ich, zog mir rasch mein T-Shirt mit den Spitzenärmeln und den dazu passenden schwarzen Zipfelrock über den Badeanzug und ging barfuß in die Richtung, in der ich Rico vermutete.
    „Warte!“, rief Tatjana mir hinterher.
    Zum Glück war sie niemand, der anderen nachläuft. So etwas würde sie nie tun. Daher war ich allein, als ich Rico fand. Er lehnte an einer Sommerlinde, die Hände in den Hosentaschen, und machte ein düsteres Gesicht. Noch bevor ich ihn begrüßen konnte, fuhr er mich heftig an.
    „Wieso ist sie hier? Was soll das?“
    „Tatjana ist meine Freundin. Ich habe dir doch schon von ihr erzählt. Sie ist nett, wirklich.“
    „Du hast vergessen zu erwähnen, dass sie herkommt!“
    Das hatte ich in der Tat. Vielleicht, weil ich schon geahnt hatte, dass er darüber nicht begeistert sein würde.
    „Ich möchte dich ihr vorstellen. Sie ist ganz wild darauf, dich kennenzulernen.“
    Rico verzog den Mund zu einem verzweifelten Lächeln. „Das ist keine gute Idee.“
    „Warum nicht?“
    „Sie stört!“, rief er aus. „Merkst du das nicht?“
    „Dass du immer allein bist, heißt ja nicht, dass ich es auch sein muss“, sagte ich. „Tatjana beißt nicht, echt. Ich bin sicher, ihr werdet euch mögen.“
    Ein bisschen Angst hatte ich schon. Nicht davor, dass die beiden sich nicht mögen könnten, sondern davor, dass meine Freundin ihm besser gefiel als ich. Immerhin war sie das zukünftige Model, und wegen meiner Brille hatte ich schon immer Komplexe gehabt.
    „Es geht nicht“, sagte er verzweifelt. „Wir können uns nicht treffen, solange sie in deiner Nähe ist.“
    „Warum nicht?“, fragte ich ein zweites Mal.
    Wenn er mir nur einen plausiblen Grund genannt hätte! Aber das konnte er natürlich nicht. Er konnte ja auf keine Fragen vernünftig antworten. Wenn es ihm unangenehm wurde, rannte er davon.
    „Schick sie weg!“, rief er. „Mach, dass sie wieder abreist!“
    „Du bist so was von albern“, meinte ich. „Mr. Ach-so-geheimnisvoll. Mir reicht’s!“
    Diesmal kam ich ihm mit meinem Abgang zuvor.
    Wütend stapfte ich zurück zum Pool, wo Tatjana elegant ihre Bahnen zog. Ich konnte schneller schwimmen als sie, aber sie machte zweifellos eine bessere

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