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Das Baby vom Deich

Das Baby vom Deich

Titel: Das Baby vom Deich
Autoren: Angelika Friedemann
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der Folge kam es zu Schaumalgen-Blüten, einer starken Zunahme großer Grünalgen und sauerstofffreien Sedimentbereichen. Nach Höchstwerten in den 80er-Jahren gingen die Nährstoffgehalte inzwischen weiter zurück, allerdings waren die Werte immer noch erhöht. Seit den 90er-Jahren war die Einleitung von organischen und anorganischen Schadstoffen deutlich zurückgegangen. Damit sank der Gehalt an Chlorkohlenwasserstoffen und Schwermetallen in Muscheln, Fischen und Vögeln. Im Wattenmeer hatte man eine abnehmende Schadstoff- konzentration festgestellt. Dennoch waren die Konzentrationen kontinuierlich zu hoch, versuchte er sich irgendwie abzulenken, die kleineren Wellen, die Kälte wollte er so verdrängen, ignorieren.
Je tiefer er in das Wasser lief, umso kälter wurde es. Er behielt das Etwas im Auge, während er durch das inzwischen kniehohe Wasser watete. Gleich würde noch dieses Priel kommen. Die Strömungsrichtung im Priel hing von den Gezeiten ab, wobei die Wasserrinnen die Hauptwege für das ein- oder ausströmende Meerwasser waren. Selbst bei niedrigem Wasserstand während der Tide war es nie trocken. Durch die Saug- wirkung des Ebbestromes kann ein Priel eine stärkere Vertiefung erlangen. Scheun'n Schiet!
Er schwamm einige Meter, hatte wieder Boden unter den Füßen. Nun indessen spürte er den Sand, in den sich seine Zehen eingruben. Unter den Fußsohlen fühlte er, wie das Meerwasser den Sand darunter wegzog.
Das Wasser reichte ihm gerade bis zum Oberschenkel, aber die aufrollenden Wellen waren hier etwas höher und das kalte Nass ließ ihn bei jeder Woge erschauern, die leichte Brise tat noch ihr übrigens dazu, dass sein Körper von einer Gänsehaut überzogen wurde. Er zuckte zusammen, als er auf eine der scharfkantigen Muscheln trat. Schiet, fluchte er, obwohl der Schmerz gleich durch die Kälte verschwunden war. Das würde erst später richtig wehtun. Er hoffte nur, dass der Schnitt nicht zu tief war.
Nun erkannte er aber bereits, dass es sich tatsächlich um eine Frau handelte, da die hellen Haare sichtbar wurden, die wie ein Fächer von den Wellen auf- und abgetragen wurden. Er drehte sich um und winkte, lief weiter, spürte keine Kälte mehr.
Endlich war er bei dem leblosen Körper angekommen, fasste das Mädchen an, bemerkte sofort, dass diese nicht erst seit Kurzem tot war. Die Haut war eiskalt, hart, hatte bereits eine gräuliche Farbe. Er musterte sie kurz, aber so konnte er nicht erkennen, woran sie gestorben war. Er umfasste ihre Beine und nun ging es zurück. Unterdessen er sich Schritt für Schritt dem Ufer näherte, grübelte er: Es war bizarr, dass man ausgerechnet hier ein totes Mädchen fand. Was, wenn sie die Mutter des Säuglings war? Erst setzt sie ihn aus, folgend geht sie ins Wasser. Irgendwie schien das zu passen, selbst wenn es pure Spekulation war. Nur musste sie weit gelaufen sein und das, ohne dass sie jemand gesehen hatte? Jedenfalls hatte sich kein Zeuge gemeldet. Bis Mitte Husum waren es gute sieben, acht Kilometer schätzte er. Finkenhaushallig und Simonsberg konnte er ausschließen. Irgendwie fand er das merkwürdig. Welche Frau, die gerade ein Baby geboren hatte, lief so weit, selbst wenn sie völlig verzweifelt war? Wahrscheinlich war das ein dummer Zufall. Nein, dumm Tüch, sie lag niemals seit Mittwoch im Wasser. Ergo konnte man das ausschließen.
In der Ferne sah er zwei Fahrradfahrer, die näher kamen und zu ihm hinschauten. Gaffer und das in meinem Aufzug. Ich sollte mir Boxershorts zulegen, da hat man wenigstens in solchen Situationen mehr an. Obwohl, bei der Kälte, gab es nicht mehr viel zu erblicken, belustigte er sich. Es war seine Art von Galgenhumor.
Jetzt schwimmend schob er den Leichnam vor sich her. Sie war nicht ertrunken, bemerkte er, da er sie genauer betrachtete. Ergo Fremdver- schulden. Einen Herzinfarkt oder dergleichen konnte man bei einer Person in diesem Alter an und für sich ausschließen oder sie war durch eine Krankheit vorbelastet.
Nun hatte er den dicken Schlick mit den Hunderten Wattwürmern und den zig Möwen, die aufgeregt, schreiend herumflatterten, sich an einer anderen Stelle wieder niederließen, erreicht und er musste die Tote tragen, betrachtete das Gesicht. Die Augen waren geschlossen, dass er merkwürdig fand. Nein, ertrunken war sie garantiert nicht. An dem einen Oberarm bemerkte er eine Handteller große dunkle Stelle. Sah aus wie ein Hämatom. Sonst konnte er nichts feststellen.
Die zwei Frauen, die neben den Fahrrädern
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