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Das Baby vom Deich

Das Baby vom Deich

Titel: Das Baby vom Deich
Autoren: Angelika Friedemann
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Anzeige erstattet und es Doktor Hansen gemeldet."
"Wenn die Frauen das nicht bestätigen?"
"Habe ich persönlich beobachtet, habe ich Frau Schober gesagt. Hansen kennt natürlich die Wahrheit."
"Scheint ja eine nette Zeitgenossin zu sein."
"Blöd, blasiert, dekadent, affektiert, aber eine mit Notstand. Sie baggert jeden Kerl an. Rolf, fahren wir."
Sie verließen den Klinkerbau.
"Was heißt Politidireksjoon und Kriminaalkontoor?"
"Polizeidirektion und Kriminalkontor, direkt übersetzt."

Er parkte seinen Jeep an der Seite, schaute sich um, aber da lag nichts.
"Gehen wir hoch. Du nimmst den Koffer, ich Fotoapparat und Fernglas."
"Unseren Gespensteranzug muss ich nicht anziehen?"
"Musst du nicht. Wieso nennst du den so?", schmunzelte er.
"Hat ein Kind in einem Wohnhaus so genannt und uns stolz das Buch, das kleine Gespenst gezeigt. Sieht fast ähnlich aus."
"Meine Nichte sagt das auch immer. Sie hat ein Spiel, das so heißt. Das ist also Simonsberg."
Oben angekommen, deutete Eike über das Watt. "Was du dort drüben siehst, ist Nordstrand. Ungefähr sechs Kilometer entfernt. Luftlinie. Wir laufen Richtung Finkhaushallig. Zur anderen Seite geht es Richtung Witzwort."
"Husum ist hinter uns."
"Ja, aber die andere Seite vom Hafen."
"Von der Seite bin ich nach Husum reingefahren."
"Nicht über die B5?"
"Nein! Ich wollte mir die Umgebung angucken. Dafür musste ich durch den ganzen Ort fahren, sogar am Hafen vorbei."
"Wusstest du denn, wo du hin musst? Die meisten finden es beim ersten Mal nämlich nicht."
"Ich habe dreimal gefragt und die Damen haben mich zweimal verkehrt geschickt, nur die Dritte kannte sich anscheinend besser aus."
Eike lachte laut. "Das Spiel kennen andere auch."
"Wenn das falsch gewesen wäre, hätte ich mir einen Stadtplan gekauft. Jedes Mal muss man durch die ganze Stadt fahren, weil es fast nur Einbahnstraßen gibt."
"Hast du schon einiges von der grauen Stadt am Meer gesehen?"
"Teilweise finde ich es sehr hübsch, besonders die Häuser am Marktplatz und am Hafen gefallen mir. Wieso heißt sie graue Stadt am Meer?"
"Am grauen Strand, am grauen Meer und seitab liegt die Stadt. Der Nebel drückt die Dächer schwer, und durch die Stille braust das Meer eintönig um die Stadt. Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai, kein Vogel ohne Unterlass; die Wandergans mit hartem Schrei nur fliegt in Herbstesnacht vorbei, am Strande weht das Gras. Doch hängt mein ganzes Herz an dir, du graue Stadt am Meer; der Jugend Zauber für und für ruht lächelnd doch auf dir, auf dir, du graue Stadt am Meer. Ist von Theodor Storm. Husum war seine Geburtsstadt, und hier hat er teilweise gelebt. Die Verse evozieren in atmosphärisch-dichtes Landschaftbild Nordfrieslands, wurde uns in der Schule erzählt."
"Das ist der, der den Schimmelreiter geschrieben hat, nicht wahr?"
"Genau der."
"Hier draußen ist es herrlich. Ruhe, Natur, das Wasser, der Deich, die Viecher. So möchte ich irgendwo in der Nähe wohnen."
"Wird eher schwierig werden. Die Häuser liegen alle hinter dem Deich. Meistens sind das ältere Bauernhöfe. Das Watt, die Nordsee siehst du da nirgends."
"Schade, genau hier oben müsste ein Haus stehen."
"Dass bei der nächsten großen Sturmflut weg ist. Gute Idee!", lachte Eike. "Ich habe es mehr als einmal erlebt, wie du auf der anderen Seite des Deichs stehst und siehst, wie das Wasser vorn hochspritzt. Da denkst du nur daran, hält der Deich den Gewalten stand? Heute sind sie höher und stabiler gebaut, als noch vor fünfzig Jahren. Gerade nach der großen Sturmflut 1962 wurde da viel Zeit und Geld hinein investiert. 1976 wurde das erweitert. Flutmarken findest du am Husumer Hafen. Sie markieren die Wasserstände der verheerenden Sturmfluten am Husumer Sperrwerk. Das Höchste war am 3. Januar 1976 mit 5,66 Metern über Normalnull. Am 16. Februar 1962 waren es 5,21 Meter und am 24. November 1981 5,12 Meter. Simonsberg wurde durch die Gewalt der Natur und die Kraft des Wassers geprägt. Die Nordsee hat Simonsberg geformt wie kein Zweites. Etliche Sturmfluten im Laufe der Jahrhunderte haben in Simonsberg mit den Ortsteilen Finkhaushallig und Lundenberg- sand ihre Spuren hinterlassen."
"Es hört sich bestimmt blöd an, aber so eine Sturmflut möchte ich unbedingt life erleben. Man kennt es nur aus dem Fernsehen."
"Gehen wir unten am Wasserrand entlang, da wir etwas suchen, obwohl ich nicht präzise weiß, was. Auf den ersten Blick ist das Wattenmeer eine öde Schlickwüste. Bei genauerem Hinsehen jedoch entfaltet es
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