Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
Vom Netzwerk:
Bewohner demonstrierten business as usual .
    Doch unglaublicherweise war in Edgware tatsächlich noch nichts von den Verheerungen zu spüren, die ein paar englische Meilen entfernt stattfanden. Nicht einmal erschnuppern konnte man die Nähe des Verhängnisses. Der dichte Qualm über der City of London war lediglich eine ferne Ahnung.
    »Spukig«, bemerkte eine Stimme in Amadeos Rücken.
    »Weiß Gott«, murmelte der Restaurator.
    »Spukig, dass hier wieder eine Villa ist in unseren Tagen.«
    Etwas umständlich wandte Amadeo sich um - er trug Styx’ Gitarrenkoffer über der Schulter. Der Bassist hatte den
Kopf in den Nacken gelegt und blickte an der Fassade eines Gebäudes empor, das den Mittelpunkt der Parkanlage bildete und heute offenbar eine Schule beherbergte.
    »Wieder?« Amadeo musterte den weiß verputzten Bau - typische englische Rokokoarchitektur, wie sie sich an Hunderten größerer und kleinerer Herrensitze auf der gesamten Insel fand, die sich mal manor , mal cottage , mal sonstwie nannten. Das Gebäude war ein stattliches Herrenhaus, wie man es zu Händels Zeiten gebaut hatte. »Wollten wir nicht hierher, weil Händel in diesem Haus gelebt hat?«
    Styx schüttelte den Kopf. »Händel hat hier gelebt, in der Tat, doch es war ein anderes Gemäuer noch, als der Duke of Chandos hier gehaust hat und versammelt hat einige der größten Geister von seiner Zeit.«
    Der allergrößte war jedenfalls dabei, dachte Amadeo. Zumindest, was die Ahnenreihe der Babylontexte anbetraf.
    » The princely Chandos «, referierte der Bassist. »Der fürstliche Chandos, wie man ihn rief, weil er ein sehr, sehr reicher Mann war und einen Hofstaat um sich versammelt hatte, wie er königlichen Prinzen vorbehalten war. Alle die party people von London damals, die sich trafen hier, als hätten Sie die Beckhams in unseren Tagen … und Boy George und Paris Hilton und die Frau, die sich hat gemacht die Brüste, und …« Er winkte ab. »Chandos’ Gemäuer, das sich hier erhoben hat, wird gesagt, dass es das prächtigste in ganz England gewesen ist zu dieser Zeit. Und desgleichen der Park, den Sie sehen allrund. Nur dass das Gemäuer demoliert werden musste nach seinem Tod, weil seine Familie in finanziellen Schwierigkeiten war. Natürlich hatte er die party people damals schon weggetreten. Was Sie heute sehen, wurde erst zwanzig Jahre später erbaut vom fünften Viscount Torrington.«
    »Aber die Stelle stimmt?«, unterbrach ihn Duarte.

    Während Amadeo von der unwirklichen Atmosphäre noch wie paralysiert gewesen war, hatte der dunkelhäutige Mann in seiner Soutane die Umgebung des Herrenhauses abgeschritten und es von allen Seiten in Augenschein genommen, neugierig beobachtet durch eine Gruppe von Schülern.
    »Die Stelle stimmt«, bestätigte Styx. »Ausgenommen vom Haus ist der Park noch im Zustand wie in Händels Zeiten - in Teilen zumindest, so fern als ich weiß. Da waren Gräben und Springbrunnen und Wege, die heute nicht mehr da sind. Und Skulpturen, die nach dem Tod des Duke veräußert worden sind. Im Grunde ist es doch sehr viel anders, wenn ich darüber nachdenke.«
    »Immerhin«, murmelte Amadeo. »Die Stelle stimmt. Wenn es wirklich hier in Edgware war, wo Händel den harmonischen Schmied gehört hat.«
    »Der Schmied dürfte kaum im Herrenhaus gearbeitet haben«, bemerkte Duarte. »Ist bekannt, wo genau sich die Schmiede befand?«
    »Es gibt Forschungen darüber«, sagte Styx leise. »Aber ich glaube nicht, dass es die Schmiede ist, zu der wir uns aufmachen müssen.«
    Fragend sah Amadeo ihn an. »Aber wenn der Code doch der Harmonische Hufschmied war?«
    »Der erste Teil.« Noch immer musterte der Bassist nachdenklich die Villa. »Der erste Teil vom Code. Dieser erste Teil ist enthalten in der Ouvertüre, am Beginn der Komposition. Doch da sind …« Er schüttelte den Kopf. »Da ist noch ein zweites Schema in diesem oratory . Sie erinnern?«
    Amadeo nickte zögernd. »Ich erinnere. Ev’ry va-hal-ley . Sie sagten, es seien noch mehrere solcher Phrasen versteckt, Mr Sty … Stevie. Fast am Ende diesmal, als die Babylonier ein Versteck für ihr Heilmittel suchen, das sie vor der Seuche Gottes gerettet hat.«

    »Spukig«, murmelte der Bassist. »An diesen Teil der Erzählung kann ich gar nicht erinnern aus der Bibel. Spukig, dass da auch gerade jetzt ist eine Seuche auf dem Weg in unserer Zeit. Nur dass da ist kein Heilmittel.« Für einen Moment schien sich sein Gesichtsausdruck um eine Winzigkeit zu verändern. Der

Weitere Kostenlose Bücher