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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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berankt waren, schwarzes Laub im trüben Laternenlicht. Unruhig glitt Amadeos Blick über das Mauerwerk, suchte nach einer vertrauten Wegmarke. Die Namen auf den Straßenschildern waren nicht zu entziffern, doch er war hier schon häufiger gewesen - bei Tageslicht. Die Nächste wieder rechts? Oder erst weiter geradeaus? Wenn er sich rechts hielt, musste er so oder so auf die Thermen zukommen, es sei denn, er lief in eine Sackgasse. Nein, das wollte er sich nicht vorstellen!
    Wieder kam ihm sein Traum in den Sinn, gegen seinen Willen: der Dom von San Pietro und dann unvermittelt jener andere, labyrinthische, fremde Ort. Gab es irgendwelche Ähnlichkeiten zu dem, was ihn jetzt umgab? Es waren Höhlen gewesen in seinem Traum, da war er sich sicher, raue, unbehauene Gänge, die sich durchs Gestein zogen, tief unter der Erde.
    Nein, keinerlei Ähnlichkeit - abgesehen von dem Gefühl in seinem Innern, der Ahnung, ja, der Gewissheit, dass etwas hinter ihm war.
    Amadeo horchte in die Nacht, über das Pochen in seinen Schläfen hinweg. Waren die Schritte überhaupt noch da?
    Das waren sie, wurden jetzt aber übertönt, als es hundert Meter voraus schlagartig hell wurde und ein Fiat quer über die Straße schoss. Eine Kreuzung, und die andere Straße war etwas breiter als die Gasse, der Amadeo folgte. Andere Menschen - vielleicht.
    Er stellte fest, dass er automatisch schneller ging, und die anderen Schritte … sie passten sich an, legten ebenfalls zu!
    Die eisige Nachtluft stach in seinen Lungen. Die Kreuzung. Jetzt konnte er das Straßenschild entziffern. Die Via
di San Saba, Alleebäume zu beiden Seiten, totes Laub gespenstisch im Laternenlicht. Das Kloster von San Saba befand sich mehrere hundert Meter links, tiefer im Gewirr der Gassen, aber wenn Amadeo sich nach rechts wandte: die Piazza Albania mit ihren schicken Bistros und Clubs, in denen die halbe Nacht Trubel herrschte und wo man keine zehn Schritte laufen konnte, ohne mit den Herren von der Polizia di Stato zusammenzustoßen.
    Schon sah er die Lichter, den Lindwurm der Fahrzeuge, die sich auf der mehrspurigen Fahrbahn von Ampel zu Ampel wälzten. Nicht mehr weit, doch zu viel Zeit zum Nachdenken, zum Lauschen, das jetzt sinnlos war, so nahe am Lärm der Piazza. Amadeo stolperte voran, erreichte die Lichter, sah über die Schulter zurück …
    Er starrte ins Nichts. Kein Verfolger, niemand. Menschenleer lag die Gasse im Zwielicht, in weiten Abständen von den funzelartigen Laternen erhellt.
    Aber da musste jemand sein! Irgendjemand war ihm gefolgt! Immer wenn er stehengeblieben war, waren auch die Schritte des anderen …
    Und wenn es ein Phänomen gewesen war, das man landläufig als Echo bezeichnete? Aber das war unmöglich! Diese Schritte waren anders gewesen als seine eigenen, der Rhythmus um eine Winzigkeit verändert. Sie hatten nicht sofort innegehalten, wenn Amadeo stehenblieb, sondern mit einer kaum wahrnehmbaren Verzögerung. Oder lag das an der besonderen Akustik in den engen Gassen?
    Noch immer spähte Amadeo in die Finsternis. Mit einem Mal kam er sich dämlich vor. Was bot er für einen Anblick, wie er da stand und mit irrem Blick in die Schwärze stierte? Übersehen konnte man Amadeo wohl kaum. Er stand jetzt im Hellen, in der Festbeleuchtung der Ausflugslokale. Ein fantastisches Ziel, nebenbei, wenn man eine Pistole hatte.

    Maledetto! Kein Verfolger, keine Pistole!
    Abrupt wandte Amadeo sich ab, wütend auf sich selbst. Sein Herz jagte, und er verfluchte es dafür. Es war dieser Tag, der verrückte Traum, die Sorge um den Professor. Anders war es nicht zu erklären, dass er sich aufführte wie … ihm fehlten die Worte.
    Sein Blick fiel auf ein kleines Bistro, in dem er das eine oder andere Mal mittags eingekehrt war, wenn er nur einen kleinen Imbiss wollte. Der caffè dort war nicht übel. Und caffè brauchte er jetzt. Irgendwie musste er sein Herz beruhigen.
    Mit schwankenden Schritten trat er an den offenen Ausschank, um den bereits einige junge Leute gammelten. Er nahm sie kaum wahr, bestellte sich eine Tasse Ristretto.
    » Ristretto ?« Die Augenbrauen des Mannes hinter dem Tresen hoben sich.
    » Ristretto! «, brummte Amadeo. So und so hatte er Zweifel, dass er heute Nacht ein Auge zutun würde. Da machte der stärkste denkbare Espresso auch keinen Unterschied mehr.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter.
    Mit einem Keuchen fuhr er herum, die Hände zu Fäusten geballt.
    »Hey, capo !« Fabio Niccolosi blinzelte verwirrt. »Ist was nicht in

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