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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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die Zunge. Kaum ein ungewöhnlicher Wunsch, wenn Katholiken ein katholisches Heiligtum aufsuchten.
    Doch der Dicke zögerte, kniff die Augen zusammen. Und er sah nicht Amadeo an, sondern blickte über die Schulter des Restaurators hinweg.
    Ein Rascheln von Papier.» Pontifica Commissione per lo Stato dell’Vaticano .« Duarte sprach in verbindlichem Ton.
    Die Augen des Dicken flackerten, doch er schüttelte den Kopf. »Ich bedaure, aber wir haben …« Wenigstens sein Ton hatte sich verändert. Klang er zweifelnd jetzt? Entschuldigend?
Überzeugt klang er nicht . »Wir haben Bauarbeiten hier. Wirklich: Ich kann niemanden in die Räume lassen.«
    Amadeo fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Wir würden …« Er brach ab.
    Motorengeräusch.
    Sie waren keinem Wagen begegnet, seitdem Duarte die Messerschmitt zu Boden gebracht hatte, kilometerweit entfernt. Es gab Campingplätze rund um den See, die aber um diese Jahreszeit längst dicht waren. Kein Mensch verirrte sich um diese Uhrzeit hierher - unter den grippal gegebenen Umständen schon gar nicht.
    Der Restaurator spürte, wie Duarte sich bewegte, über seine Soutane tastete.
    »Ich bedaure«, wiederholte der Dicke noch einmal. »Aber ich fürchte, da kann ich nichts …«
    Ich muss irgendwas tun, dachte Amadeo. Irgendetwas.
    »Kennen Sie die Überlieferung vom Besuch des heiligen Franziskus bei Papst Innozenz III.?«, fragte er.
    Verwirrt sah der Mann ihn an. »Wir sind ein Benediktinerkonvent«, bemerkte er höflich.
    Amadeo schüttelte den Kopf. »Glauben Sie an Träume, Fra … Wie war Ihr Name?«
    Wieder kniff der wohlbeleibte Benediktiner die Augen zusammen. » Fra Angelico«, sagte er. »Wie der Maler.«
    »Monsignore, hören Sie das?«, flüsterte Amadeo an Duarte gewandt. »Das kann kein Zufall sein!«
    Der commandante nickte stumm, mit einem Gesichtsausdruck, der alles bedeuten konnte. Der Dicke dagegen … Mit seiner Atemschutzmaske erinnerte er den Restaurator vage an eine Comicgestalt aus seiner Kindheit, ein Schweinchen, das sich regelmäßig Auseinandersetzungen mit dem Zeichentrickkater Sylvester geliefert hatte. Amadeo schüttelte sich.

    »Nein. Unmöglich. Es kann kein Zufall sein.« Aus seinen Worten sprach felsenfeste Überzeugung. » Fra Angelico«, flüsterte er und spürte, dass Duartes Blick mit äußerster Skepsis auf ihm ruhte.
    Die Motorengeräusche - sie kamen näher. Amadeo sah einen Lichtschimmer auf dem gekalkten Mauerwerk, Reflexion der Scheinwerfer. Diese Chance, dachte er. Sie hatten nur diese eine Chance.
    Er riss sich zusammen. »Franziskus hatte den Papst um die Anerkennung seines neuen Ordens gebeten«, erklärte er eilig. »Doch Innozenz wollte ablehnen - bis er in der Nacht vor der Entscheidung einen Traum hatte: ein Erdbeben. Die Mauern von San Pietro wankten, als unvermittelt eine Gestalt die Kuppeln auf ihre Schultern lud, in der der Pontifex den heiligen Franziskus erkannte. Gott selbst, fra Angelico, Gott selbst hatte ihm den richtigen Weg gewiesen.«
    »Ja?« Der Mönch sah ihn an, als wäre er allmählich im Zweifel, ob er einen Menschen mit klarem Verstand vor sich hatte.
    Das Motorengeräusch veränderte sich, die Reifen knirschten auf dem Kies, der das letzte Stück des Weges vor den Klostergebäuden bedeckte.
    »Genau dasselbe geschieht wieder!« Amadeo wagte kaum Luft zu holen. »Seine Heiligkeit persönlich sendet uns in dieser leidgeprüften Zeit an diesen Ort! Derselbe Traum, fra Angelico, und wieder wurde er dem Pontifex der Heiligen Kirche gesandt! Nur dass diesmal …« Er senkte die Stimme. »Diesmal war der Mönch, dessen starker Arm und dessen … kräftige Gestalt die Kuppel getragen hat, nicht in den braunen Habit der Franziskaner gehüllt, sondern …« Fast ehrfürchtig sah er den Dicken an. »Bitte! Ich beschwöre Sie! Sie müssen uns einlassen!«
    Der Mönch stierte ihn an. »Wollen Sie mich …«

    Eine Autotür klappte auf. Ein Geräusch wie eine Signalpistole, die das Startzeichen zu einem Wettrennen gab. Nein, dachte Amadeo: kein Wettrennen. Eine Hetzjagd.
    Mit einem Satz war er an dem Dicken vorbei, Duarte direkt hinter ihm. Schwungvoll fiel die Tür ins Schloss.
    »Was fällt Ihnen ein!«
    Irgendwo schlug eine Glocke. Vermutlich war es nur das Zeichen zur vollen Stunde, doch es kam wie gerufen.
    »Wollen Sie sich dem Willen des Herrn widersetzen?«, dröhnte Amadeo mit der besten ihm zu Gebote stehenden Donnerstimme. Helmbrecht wäre stolz auf ihn gewesen.
    Fra Angelico war bleich

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